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Verfallener Charme. In den vergangenen Jahren verfiel das mehr als 100 Jahre alte denkmalgeschützte Gebäude zusehends. Wie die Beelitzer Heilstätten wurde es zu einem beliebten Ort für Ruinentourismus - Vandalismus inklusive.

© Andreas Klaer

Stahnsdorf: Alte Hautklinik ist verkauft

Ein Berliner Investor will das verfallene Denkmalgebäude am Güterfelder Eck sanieren und umbauen.

Stahnsdorf - Mehr als 20 Jahre nach ihrer Schließung gibt es Hoffnung auf neues Leben in der längst verfallenen Hautklinik am Güterfelder Eck. Wie der Berliner Immobilienverwalter Karl-Erwin Albrecht den PNN bestätigte, habe das Haus an der Landesstraße 40 nach Jahren der Suche einen Käufer gefunden. Zu diesem und dessen Absichten wollte sich Albrecht aber noch nicht äußern. „Es gibt noch eine Menge Hürden“, erklärte der Erbenvertreter. Der neue Eigentümer wolle sich zunächst ungestört nötigen Anträgen und anstehenden Behördengesprächen widmen. Dabei unterstütze er ihn, erklärte der Immobilienwirt. Mit belastbaren Aussagen rechne er in etwa einem Jahr.

Nach Angaben der Stahnsdorfer Gemeindeverwaltung ließe der Flächennutzungsplan für das rund 30 000 Quadratmeter große Anwesen am Rande von Stahnsdorf derzeit eine Nachnutzung der ehemaligen Klinik als Bildungs- und Kulturstätte, als Hotel oder für medizinische Zwecke zu. Der Gemeinde sei bekannt, dass ein Berliner Projektentwickler das Haus grundlegend sanieren will, so Gemeindesprecher Stephan Reitzig gegenüber den PNN. Zudem war zuletzt von Einrichtungen der teil- und vollstationären Pflege in dem früheren Sanatorium die Rede, erklärte er. Planungen und räumliche Vorstellungen des Investors sollen der Verwaltung zufolge in den kommunalen Gremien näher vorgestellt werden. Auch einen konkreten Bauantrag gäbe es nach Angaben der Baubehörde des Landratsamtes derzeit noch nicht.

Das einstige Elisabeth-Sanatorium war um 1912 von dem jüdischen Arzt Walter Freymuth und dessen Frau Elisabeth als Lungenklinik im Stahnsdorfer Ortsteil Kienwerder errichtet worden. Nach Machtantritt der Nationalsozialisten wurde das jüdische Paar enteignet und floh aus Deutschland, während die Heilbehandlung der Lungenkranken zunächst vor Ort weiter lief. Nach dem Krieg wurde das Haus zur Heilstätte für Haut- und Lymphdrüsentuberkulose - der einzigen Einrichtung dieser Art in der DDR, bevor ab 1967 die Hautklinik des damaligen Bezirkskrankenhauses Potsdam einzog.

Mitte der 1990er Jahre erhielt die heute in den USA lebende Erbin, Ursula Freymuth, das Areal im Rahmen der Restitution zurück, die Hautklinik siedelte ins Stammhaus des Klinikums „Ernst von Bergmann“ über. Seitdem versucht Ursula Freymuth, das unter Denkmalschutz gestellte Ensemble zu verkaufen. Dass sie eine neue Nutzung des Familienbesitzes noch erleben würde, glaubte die heute 84-Jährige zuletzt nicht mehr.

Interessenten indes gab es viele: Ideen vom Baumarkt bis Handwerkerdorf machten die Runde, die Erbin selbst plante zunächst ein Hotel - bis der Bau der Landesstraße 40 das Areal und alle Hoffnungen auf eine baldige Nachnutzung des Sanatoriums durchschnitt. Bis zu 15 Meter rückte die 2013 fertiggestellte Umgehungsstraße, die von Potsdam zum Großflughafen BER führt, an die Klinik heran. Und mit ihr der Lärm. Die Grundstückserbin versuchte zunächst, den Bau per Klage zu verhindern, dies gelang jedoch nicht. Auch Lärmschutz wurde nicht gewährt, da das Gebäude bereits seit Mitte der 1990er Jahre leer steht.

Alle Bemühungen, das Haus zu neuem Leben zu erwecken, scheiterten an der misslichen Lage. Auf einer Verkehrsinsel gelegen ist das einst mitten im Wald errichtete Sanatorium nunmehr von Straßen regelrecht umzingelt. War das Gebäude zu Zeiten der Hotelpläne noch in einem weitestgehend guten Zustand, so verfiel es in den letzten Jahren zusehends. Vandalen hielten Einzug, aus der Ruine verschwand immer mehr Inventar - Klinken, Tür- und Fenster-Riegel, auch ein Klavier wurde abtransportiert. Zuletzt war die Klinik beliebtes Fotomotiv, sei aber nach dem Verkauf nun nicht mehr zugänglich, so Immobilienverwalter Albrecht. „Das Objekt istinzwischen voll gesichert.“ Auch um es vor weiterem Vandalismus zu schützen.

Vor knapp zwei Jahren hatte die Gemeinde Stahnsdorf eigene Nutzungsideen für das historische Anwesen ins Spiel gebracht. Das Haus tauchte in einem 100-seitigen Papier zu altersgerechten Wohnformen auf. Es blieb jedoch bei Gedankenspielen.

Immobilienverwalter Albrecht bezifferte die Investitionskosten für die Sanierung des 100 Meter langen und etwa acht Meter breiten Gebäudes damals auf etwa sechs Millionen Euro. Rentabel sei das Objekt mit seinen bisher etwa elf Quadratmeter großen Patientenzimmern nur zu betreiben, wenn zusätzlich ein Neubau auf dem Anwesen möglich würde, sagte er den PNN. Als geeignete Fläche hat Albrecht bereits ein rund 12 000 Quadratmeter großes Grundstück am Rande der Klinik auserkoren, auf dem einst Klinikmitarbeiter Gemüse anpflanzten, um die Patienten zu versorgen. Der Haken: Die Fläche liegt im Landschaftsschutzgebiet und müsste aus diesem herausgelöst werden. Das Schicksal der Klinik läge somit in den Händen der Gemeindevertreter und der Behörden, betonte Albrecht zuletzt. Ob auch der Käufer des Sanatoriums neben der Sanierung und dem Umbau der mehr als 100 Jahre alten Heilanstalt Pläne für einen Neubau verfolgt, blieb zunächst aber offen.

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