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Potsdam-Mittelmark: Spargel für die Skandinavier

Das Beelitzer Spargelmuseum erzählt die Geschichte des Stangengemüses. Zum Museumstag ist die Schau ausnahmsweise am Samstag noch einmal geöffnet.

Von Sarah Stoffers

Beelitz - Weiße Spitze, pinke, goldene oder orangene Stoffe mit Verzierungen, darüber die edlen Schärpen mit dem Schriftzug „Beelitzer Spargelkönigin“: Mitten im Spargelmuseum in der Altstadt von Beelitz sind einige der festlichen Kleider der Spargelköniginnen ausgestellt. Sie stehen rund um eine Spargelpyramide, die bereits beim ersten Beelitzer Spargelfest am 3. Juni 1934 den Festumzug anführte und die der Künstler Jörg-Michael Knuth nachgeschnitzt hat. 23 Spargelköniginnen durften seit 1997 die Marke Beelitzer Spargel und die Region repräsentieren. Die Geschichte des Edelgemüses geht jedoch viel weiter zurück und kann am Samstag bei der Aktion „Feuer und Flamme für unsere Museen“ im Spargelmuseum erkundet werden, das sonst nur von April bis Juni geöffnet ist.

Im Spargelmuseum zeigt eine historische Küche, wie um die Wende zum 20. Jahrhundert in Beelitz gekocht wurde.
Im Spargelmuseum zeigt eine historische Küche, wie um die Wende zum 20. Jahrhundert in Beelitz gekocht wurde.

© Andreas Klaer

Erst im Juni 2018 zog das Museum in die Mauerstraße unweit des Rathauses. 1998 eröffnete es in Schlunkendorf – im Elternhaus von Manfred Schmidt, dem 2. Vorsitzenden des Beelitzer Spargelvereins, der das Museum betreibt. Noch sei in dem kleinen Museum nicht alles fertig. Viele der Ausstellungsstücke aus dem früheren Museum, wie alte Spargelwaschbottiche, von den Bauern selbstgebaute Schneidewerkzeuge oder Gemälde mit Spargelkunst liegen noch ungenutzt im Archiv, wie Schmidt beim Rundgang sagt. Der große Ausstellungsraum soll nach den Vorstellungen des Vereins neugestaltet werden. In einem zweiten Raum nebenan, der noch nicht fertig ist, sollen später noch der Spargelanbau und seine Geschichte erörtert werden. Schmidt kann sich auch vorstellen, Beete mit verschiedenen Spargelsorten vor dem Museum anzupflanzen. Der Verein hofft, spätestens zur Landesgartenschau 2022 fertig zu sein.

Hippokrates hielt Spargel für eine Heilpflanze

Neben der Geschichte sind im Museum zurzeit unter anderem eine nachgebaute Küche aus der Zeit um 1900, handbemalte Spargelteller, eine Jugendstil-Spargelplatte aus Frankreich oder auch die Kronen der Königinnen und ein wenig Spargelkunst zu sehen. Auch wenn noch nicht alles ganz fertig ist, lohnt ein Besuch in dem Museum. Das liegt auch an Manfred Schmidt, der nach den vielen Jahren, in denen er das Museum betreut, eine große Palette an Geschichten und Anekdoten rund um den Beelitzer Spargel kennt.

Bereits der griechische Arzt Hippokrates von Kos habe im 4. Jahrhundert vor Christus über den Spargel als Heilpflanze berichtet, erzählt Schmidt. Als Essgemüse war es schon den Ägyptern bekannt. Und auch die Römer und Griechen entdeckten den Spargel als Delikatesse für sich. Deutschland erreichte das Gemüse relativ spät – erst im 16. Jahrhundert ließ der Herzog Christoph von Württemberg an seinem Hof in Stuttgart Spargel anbauen, erklärt Schmidt.

Manfred Schmidt führt seit Gründung des Spargelmuseums durch die Schau.
Manfred Schmidt führt seit Gründung des Spargelmuseums durch die Schau.

© Andreas Klaer

Damit sich die Adligen, die zunächst die einzigen waren, die Spargel aßen, sich beim Essen nicht die Finger schmutzig machen mussten, ließen sie kleine Silberzangen anfertigen. „Damit konnten sie die Stangen halten und zum Mund führen“, erklärt Schmidt. Erst ab dem 18. Jahrhundert hätte auch die normale Bevölkerung angefangen, Spargel zu essen. „Aber es blieb etwas Besonderes“, sagt Schmidt.

Seine erste Blütezeit hatte der Beelitzer Spargel vor dem Ersten Weltkrieg

In Beelitz wird Spargel seit 1861 angebaut, dank des Glasmeisters Karl Friedrich Hermann, der das Gemüse auf seinem Land züchtete. Noch vor dem Ersten Weltkrieg habe es eine Blütezeit des Beelitzer Spargels gegeben, so Schmidt. 1908 hatte sich die Beelitzer Absatzgenossenschaft gegründet, die die Preise für den Spargel kontrollierte und die Länge der Stangen vorgab. An den alten Zuschneidewerkzeugen kann man anhand der immer weiter auseinandergehenden Rillen erkennen, dass die Bauern sich nicht immer an die Regelung hielten. Der Beelitzer Spargel wurde bis nach Skandinavien oder England exportiert. Das habe auch mit der Absatzgenossenschaft zu tun gehabt, so Schmidt. „Die Kontrolle hat dem Namen gutgetan und ihn dank der hohen gleichbleibenden Qualität groß gemacht“, sagt Schmidt.

2018 ist das Museum in die Mauerstraße umgezogen. Noch werden aber nicht alle Exponate gezeigt.
2018 ist das Museum in die Mauerstraße umgezogen. Noch werden aber nicht alle Exponate gezeigt.

© Andreas Klaer

Bereits in den 1920er Jahren kamen Saisonarbeiter zum Stechen in die Region. Damals noch aus Ostpreußen, Schlesien oder Mecklenburg, so Schmidt. Doch vor allem die deutschen Frauen hätten rund 100 Jahre lang das Stangengemüse gestochen. „Meine Mutter hat es auch noch mit 75 gemacht“, erzählt Schmidt. Das sei heute undenkbar, sagt der 71-Jährige.

Seit 2000 ist der "Beelitzer Spargel" als Markenname registriert

In der DDR war das Gemüse eine eigene Währung. Schmidt und seine Frau, die beide an der Humboldt-Universität arbeiteten, hatten den Spargel in ihrem Garten angebaut und rund 30 bis 40 Kilo am Tag ernten können. Das Gemüse nahmen sie morgens mit zur Uni. „Alles war bis zum Frühstück bereits ausverkauft“, erinnert sich Manfred Schmidt.

Nach der Wende war er einer der Ideengeber für den Spargelverein, der im Herbst 1991 gegründet wurde. „Damals kamen große Investoren und wollten den Beelitzer Spargel für sich nutzen.“ Der Verein kämpfte viele Jahre darum, den Namen schützen zu lassen, damit nicht einfach jeder seinen Spargel als den „Beelitzer“ anbieten konnte. Im Jahr 2000 war es dann soweit, der Markenname wurde registriert. Seit vergangenem Jahr ist das Gemüse aus Beelitz sogar EU-weit als geschützte geografische Angabe eingetragen. Der Verein ist der Inhaber der Marke. Und die ist zum großen Erfolg geworden: Während es Anfang der 90er Jahre nur noch rund zehn Hektar Anbaufläche in einigen privaten Gärten gab, bewirtschaften heute 15 Spargelhöfe eine Fläche von 1700 Hektar.

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