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Sozialverträglicher Wohnungsbau geplant: Wohnen auf dem Müllumschlagplatz in Geltow

Das Unternehmen Richter Recycling will seine Anlage in Geltow schließen, falls dort Mehrgeschosser entstehen. Zunächst müssen die rechtlichen Voraussetzungen für den Wohnungsbau geschaffen werden.

Von Enrico Bellin

Geltow - Wohnungen statt Bauschutt: Auf dem Gelände der Firma Richter Recycling in Geltow nördlich der B1 könnte in einigen Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. Wo derzeit etwa 55.000 Tonnen Müll jährlich umgeschlagen werden, könnten mehrgeschossige Wohnhäuser entstehen, wie Richter-Recycling-Geschäftsführer Jens Bahnemann den PNN bestätigt. Er spricht von „sozialverträglichem Wohnungsbau“ für den jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden sollen. Zuerst hatte die Schwielowseer Gemeindezeitung „Havelbote“ berichtet.

Möglich wird das durch den Umzug des Unternehmens: In einem Industriegebiet in Premnitz (Havelland) südlich von Rathenow will Richter Recycling ein neues Wertstoffsortierzentrum errichten. Ein Tochterunternehmen will dort zudem aus Müll Wasserstoff produzieren.

Containerumschlagplatz in der Trinkwasserschutzzone 

Wie berichtet liegt der Standort von Richter Recycling im staatlich anerkannten Erholungsort Geltow nahe einem Landschaftsschutzgebiet und in einer Trinkwasserschutzzone.

Die Firma hatte dort trotz der seit 2005 ausgelaufenen Genehmigung jahrelang einen Containerumschlagplatz genutzt. Erst im vergangenen Jahr wurde dies gerichtlich untersagt. Die Mitglieder der 2012 entstandenen „Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow“ hatten immer wieder moniert, dass Müll ohne die im Trinkwasserschutzgebiet nötige Abdeckung gelagert worden sei.

Der Wegzug der Anlage aus Geltow ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft: Der Flächennutzungsplan der Gemeinde Schwielowsee muss geändert werden, um auf dem Areal Wohnungsbau rechtlich möglich zu machen. Wie Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) den PNN sagte, dauere dies „mindestens drei Jahre, wenn alles gut verläuft“. Im Änderungsverfahren wird entschieden, ob und in welchem Umfang Wohnbebauung möglich ist. Bis die rechtlichen Voraussetzungen für den Wohnungsbau stehen, wird der Standort dem Geschäftsführer zufolge weiter genutzt.

"Völlig neue Perspektiven"

Grundsätzlich begrüße Hoppe die Pläne von Richter Recycling: „Die Entscheidung eröffnet völlig neue Perspektiven zur Entwicklung unserer Gemeinde.“ Wie viele Wohnungen auf dem Gelände entstehen könnten, ist derzeit aber noch offen. Jens Bahnemann zufolge stehe auch noch nicht fest, ob die Firma das Areal selbst bebauen oder verkaufen will, dazu sei die Entscheidung noch „zu frisch“.

Richter Recycling beschäftigt laut Bahnemann derzeit 85 Mitarbeiter. Die Firma hat auch einen Standort im Potsdamer Industriegebiet Süd. Wie viele Mitarbeiter nach einer eventuellen Schließung des Geltower Standortes in Potsdam und wie viele in Premnitz arbeiten, sei derzeit noch völlig offen. Zudem muss der Betrieb des Recyclinghofes in Premnitz noch nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt werden.

Den Abfall aufwerten

Für ein „reibungsloses Verfahren“ sind laut Bahnemann alle Voraussetzungen geschaffen worden. Man wolle den Abfall aufwerten: „Wir wollen eine möglichst sinnvolle und nachhaltige Variante erreichen, die es möglich macht, endlich Abfall auch als Ressource zu sehen.“ Durch Behörden und „selbsternannte Bürgerinitiativen“ sei eine solche Entwicklung in Geltow blockiert worden. Bahnemann meint damit offensichtlich die „Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow“.

Die freut sich zwar über den möglichen Wegzug des Unternehmens, befürchtet jedoch neues Ungemach: So hat die Potsdamer Firma Behnke Recycling, deren Geschäftsführer Franz Richter ist, einen Abstellplatz für leere Container neben dem Gelände von Richter Recycling beantragt. Franz Richter ist der Sohn von Jens Bahnemann und technischer Geschäftsführer von Richter Recycling. Das könnte eine „Betriebserweiterung durch die Hintertür sein“, sagt Gunter Jung, Sprecher der Interessengemeinschaft.

Würde Richter Recycling den Antrag für den Containerplatz stellen, müsste es eine gesonderte Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz geben. Für die Firma Behnke ist das laut Landesumweltamt nicht notwendig. Allerdings darf es keine direkte Zufahrt vom Richter Recycling-Gelände auf den Stellplatz geben, die Flächen beider Firmen müssen laut Landesumweltamt getrennt sein.

Zufahrt über das Landschaftsschutzgebiet

Der geplante Containerstellplatz liegt außerhalb des Landschaftsschutzgebietes und innerhalb des Bebauungsplanes. Der Antrag könne deshalb nicht abgelehnt werden, so Jens Bahnemann. Allerdings: Die Zufahrt zum Abstellplatz müsste über das Landschaftsschutzgebiet erfolgen. Das und die Immissionsbelastung der Anwohner muss laut Stellungnahme der Gemeinde durch das Landesamt für Umwelt und die Untere Naturschutzbehörde begutachtet werden. Weiterhin will die Gemeinde, dass darauf geachtet wird, dass nur leere Container abgestellt werden und kein Umschlag stattfindet.

Gunter Jung befürchtet, dass weiterhin Müll umgeschlagen wird. Schließlich gebe es die negative Erfahrung mit dem bis vor einem Jahr illegal genutzten Containerstellplatz. Die Fahrten der Lastwagen über die löchrige Nebenstraße würden für eine große Lärmbelastung der Anwohner sorgen, sagt Jung. Zudem könnte das Landschaftsschutzgebiet von den vielen Fahrten der Containerlastwagen zerfahren werden. Auch ist laut Jung wahrscheinlich, dass volle Container entgegen der Genehmigung auf dem Areal geparkt werden könnten, wenn in der Recyclinganlage kein Platz ist.

Warum genau der neue Stellplatz benötigt wird, hat Bahnemann am Donnerstag auf Nachfrage nicht erläutert. Das Areal gehört zu der Fläche, die zu Wohnbebauung umgewidmet werden soll. Bahnemann zufolge sollen etwa 20 Container auf dem Platz abgestellt werden, die genaue Anzahl hänge von deren Größe ab.

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