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Potsdam-Mittelmark: Sinnvoll spielen

Eine Lehrerin und ein Tischler eröffneten in Teltow eine „Kinderoase“

Teltow - Der sechsjährige Oliver sitzt auf der Insel „Durcheinander“ und sortiert Knöpfe, Muscheln, Schlüssel und kleine Stofftiere in Körbchen. „Zu Hause räumt er nie auf“, wundert sich Olivers Mutter, die entfernt an einem Tisch sitzt und ihrem Sohn zuschaut. Der entwickelt seit einigen Minuten im herrlichen Krimskramsladen der Ausstellung „Mathe-Kings“ urplötzlich Talent für Ordnungssinn.

So etwas erleben Katharina und Uwe Schumacher nun fast täglich, seit sie die Aktionsausstellung in die Teltower „Kinderoase“ geholt haben. „Mathe-Kings“ sei so etwas wie Mathematik zum Anfassen, erklärt Katharina Schumacher. Da sich kindliches Denken mehr in Bildern vollziehe, will diese Ausstellung eine Brücke sein vom Land des Konkreten in das Land des Abstrakten. Kinder können hier spielerisch auf Entdeckungsreise ins Land der Mathematik wandern, und zwar über mehrere Inseln. Die heißen „Von Hier bis Irgendwo“, „Zahlenzirkus“, „Über Eck“ und „Kilo-Meter“. Letztere wird von den Kindern besonders gern besucht, weil sie hier Sand, Bohnen, Äpfel und Melonen abwiegen können, um diese dann in Kilo- oder Pfundkästen einzusortieren. Spaß haben sie auch beim Abstecher ins Land der Drei-, Vier- und Rechtecke, wo sie selber Figuren bauen können.

Mancher Erwachsene saß schon mit seinem Sprössling auf einer der Inseln regelrecht fest, weil auch ihn die kindliche Entdeckerfreude packte und zum Spielen anregte. Da kann man Väter erleben, die auf dem Boden knieend mit ihren Söhnen um die Wette würfeln oder Figuren bauen, und Mütter mit Töchtern, die eifrig Muster legen.

Abwechslung gibt es aber auch draußen im Sinnesgarten, wo man Düfte von Äpfeln, Zitrone, Vanille und Eukalyptus erraten und Kräuter auf einer Spirale kennen lernen kann. Auf einem „Fühlweg“ darf man mit nackten Füßen über Stroh, Sand und Gummimatten laufen, um festzustellen, was sich hart, weich, kalt oder warm anfühlt. Auch Erwachsenen wird empfohlen, mal Schuhe und Strümpfe auszuziehen und sich diese Massage unterschiedlicher Reize zu gönnen. Für den Tastsinn der Hände wurden Walnüsse, Kastanien, Federn und Steine in kleinen Säckchen versteckt, und wer lieber mit Sand und Wasser manschen möchte, kann das auf dem Wasserspielplatz tun. Für kleine Handwerker gibt es einen Bauplatz und zum Toben laden Balancierbalken und Klettergerüste ein.

Für die meisten Kinder, die mit Fernseher und Computer aufwachsen, ist oft nicht vorstellbar, dass Spielen auch mit einfachen Dingen möglich ist und sogar Spaß macht. Genau das hatten die Lehrerin Katharina Schumacher und der Tischler Uwe Schumacher im Sinn, als sie vor einem Jahr mit den Aufräumarbeiten rings um das alte Gleisstellwerk in der Bahnstraße begannen, das jahrzehntelang ungenutzt war. Bäume und Sträucher deckten seinerzeit den alten Industriebau fast zu, drinnen lagerten Berge von Müll. Trotzdem konnten beide sich schon damals vorstellen, dort ein Familienzentrum zu eröffnen.

Mit bunter Plastik. wie mancherorts Hallenspielplätze ausgestattet sind, hatten sie nicht viel im Sinn. Kreativität sollte Vorrang haben, und das hat sich seit der Eröffnung vor zwei Monaten bestätigt. Künftig werden auch Kurse für Malen, Basteln, Musizieren und Töpfern angeboten. Zum Anfassen und Mitmachen wird auch weiterhin der Museumsbereich einladen und Themen wie Erdkunde anschaulicher darstellen als in Lehrbüchern.

Auch Experimente mit Wasser und Luft sollen bei den Kindern Entdeckerfreude wecken. Die Bewegungsfreude soll dabei nicht zu kurz kommen, denn so wie Kinder sich im realen Raum bewegen, sei es ihnen auch im geistigen Raum möglich, ist die Lehrerin überzeugt. Wer also rückwärts laufen könne, sei auch fähig „rückwärts“ zu rechnen, meint Katharina Schumacher. Kirsten Graulich

Geöffnet wochentags von 14 bis 19 Uhr, am Wochenende von 10 bis 20 Uhr. Eintritt: 2 Euro (Sinnesgarten), 4 Euro (Ausstellung)

Kirsten Graulich

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