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Nachfolger fehlt. Der Familienbetrieb Karus in Caputh muss wohl zum Jahresende schließen. Damit würde dann auch die letzte Bäckerei in dem Ort verschwinden.

© Solveig Schuster

Schwielowsee: Aus für Capuths letzten Bäcker

Der Traditionsbäcker Karus in Caputh muss zum Jahresende schließen. Es sei denn, es findet sich doch noch in letzter Minute ein Nachfolger.

Schwielowsee - Für viele Kunden ist es ein Schock. Auch Gerda Goerke kämpft mit den Tränen, als sie von der Nachricht erfährt. Über 80 Jahre war die Bäckerei Karus in Caputh erste Adresse für frisches Backwerk. Doch nach dem plötzlichen Tod von Bäckermeister Knut Karus gelang es trotz langer Suche nicht, einen Nachfolger für den Familienbetrieb in dem Schwielowseer Ortsteil zu finden. Zu Weihnachten wird die beliebte Traditionsbäckerei daher ihre Türen schließen, auch die Filiale im Potsdamer Havel-Nuthe-Center und Verträge mit zahlreichen Lieferanten und Abnehmern mussten gekündigt werden.

„Das ist aber nicht schön“, bringt Gerda Goerke mühsam hervor. Viele Jahre hat die heute 77-Jährige in der Bäckerei hinter der Theke gestanden, nicht nur für sie sei es mehr als ein Brötchengeber gewesen. „Wir hatten ein gemeinsames Ziel: Wir wollten zusammen alt werden“, sagt Vera Karl, die seit 35 Jahren als Verkäuferin in der Bäckerei arbeitet.

Tochter Cornelia Ehrt führt Geschäfte nun nebenbei

Knut Karus war das nicht vergönnt. Im April vergangenen Jahres erhielt der Bäcker die Diagnose Krebs. Ihm verblieben nur noch wenige Monate. Die Nachfolge war in der Kürze der Zeit nicht mehr zu regeln. Sohn Michael konnte wegen einer Mehlstauballergie die Bäckerei nicht übernehmen, der zweite Sohn wollte nicht. „Kurz vor seinem Tod hat er mir die Firma überschrieben“, sagt Tochter Cornelia Ehrt, die in unmittelbarer Nachbarschaft einen Friseursalon betreibt.

Seitdem führt sie die Geschäfte nebenbei, wird von ihrer Mutter Brunhild unterstützt. Doch beide sind mit ihren Kräften am Ende, wollen das Traditionsgeschäft in der Friedrich-Ebert-Straße in andere Hände geben.

"Hauptsache, es wird weiter gebacken"

Cornelia Ehrt suchte per Aufruf im Internet, mit Handzetteln, in der Bäckerzeitschrift, bei der Handwerkskammer. „Manchmal kamen drei Interessenten an einem Wochenende“, erzählt sie. Sie ließen sich Backstube, Verkaufsraum und Wohnhaus zeigen, dann verschwanden sie. Erst am vergangenen Wochenende sagte wieder jemand ab. Einigen sei die Backstube zu groß, anderen das Personal nicht recht. Wieder andere hadern mit der Vielzahl der Lieferanten. All das sei für eine Übernahme aber kein Muss, erklärt Ehrt. „Was der Käufer daraus macht, ist seine Sache, Hauptsache, es wird weiter gebacken“, sagt die 35-Jährige.

1934 war die Bäckerei von ihrem Urgroßvater eröffnet worden. Knut Karus führte die Backstube bereits in dritter Generation, schaffte neue, moderne Geräte an, baute das Kinderzimmer im elterlichen Wohnhaus zu einem florierenden Café um. Für den Ort wäre die Schließung des Geschäfts ein großer Verlust. Von einst zwei Handvoll Bäckern ist nur noch dieser eine in Caputh verblieben. „In Hoch-Zeiten standen die Kunden meterweit Schlange vor der Tür“, erinnert sich Verkäuferin Vera Karl. Eine Bäckerei, wo selbst gebacken wird, wo gebe es das heute noch.

Die Konkurrenz zu Discountern und Backautomaten sei für die Bäcker ein reales Problem, sagt die Pressesprecherin der Handwerkskammer Potsdam, Ines Weitermann. Die Schwierigkeit, einen geeigneten Unternehmensnachfolger zu finden, sei jedoch kein bäckerspezifisches Phänomen. Mehr als 25 Jahre nach der Wende würden viele der einstigen Unternehmensgründer, die sich nun allmählich in den Ruhestand verabschieden wollen, vor ähnlichen Problemen stehen. Der Schritt in die Selbstständigkeit und Unternehmensübernahme erfordere Mut und sei nicht von heute auf morgen zu bewältigen. Oft sei dies ein langwieriger Prozess, der gut vorbereitet und von außen begleitet werden sollte, so Weitermann.

Sechs Verkäuferinnen, vier Bäcker und zwei Konditoren werden arbeitslos

Nicht nur die Caputher, vor allem auch die Urlauber in dem stark touristisch geprägten Ort werden die Bäckerei vermissen, auch viele Abnehmer des mehrfach prämierten Backwerks müssen sich nun einen neuen Lieferanten suchen. Hotels, Kitas, das Pflegeheim in Ferch, selbst das Klinikum „Ernst von Bergmann“ gehörte zu Karus’ Kunden. Zum Muttertag kamen Väter mit ihren Kindern in die Backstube, um gemeinsam Kuchen für Mutti zu backen, in den Kindergärten wird es künftig keine Plätzchen mehr geben und auch die Feuerwehr, die der Bäcker bei Veranstaltungen unterstützte, muss sich einen neuen Brötchen-Spender suchen.

Auch für die sechs Verkäuferinnen, vier Bäcker und zwei Konditoren gibt es zunächst keine Arbeit mehr. „Das tut uns alles sehr leid“, bedauert Ehrt, die dennoch keinen Ausweg sieht – es sei denn, in den nächsten Tagen findet sich noch ein Interessent. 

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