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Spielend den Wald erkunden. Für die Betreuung von Kleinkindern in freier Natur ist Expertise gefragt. Die Nachfrage nach Fortbildungen für angehende Waldkindergärtner ist hoch.

© Imago/epd

Potsdam-Mittelmark: Rückendeckung für kleine Entdecker

In Kita, Schule oder Jugendhilfe sind Experten gefragt. Weiterbilden können Erzieher sich in vielen Bereich – von Inklusion bis zu Sport und Ernährung

Ihren Feierabend verbringt Julika Kunert heute vor dem Computer. Etliche Seiten an Fachliteratur muss sie noch wälzen. Für Kita-Kinder mit Sprachschwierigkeiten soll sie ein Sonderprojekt vorbereiten. Sechs Stunden lang hat die 32-Jährige zuvor gespielt, getobt, gebastelt, gewickelt und getröstet. Nach dem Job in einem Kinderladen im Prenzlauer Berg heißt es für Kunert nun: lernen. Die Probleme kennt sie zwar aus ihrem Joballtag. Doch um die Sprachbarrieren abzubauen, will sie sich Expertise von Fachleuten holen.

Seit rund fünf Jahren arbeitet die staatlich geprüfte Erzieherin für die Einrichtung. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen hat Kunert die Kita aufgebaut und erweitert. Angefangen haben sie mit 15 Kindern, heute betreuen sie bereits 40 Kinder zwischen einem Jahr und fünf Jahren. Mit zunehmender Größe mussten nicht nur mehr Erzieher eingestellt werden, auch die Anforderungen an die Betreuung der Kleinen stiegen.

Welche Hilfen brauchen die Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist? Wie soll ein Kind mit einer Behinderung in die Gruppe integriert werden? Und wie betreut man eigentlich einen Praktikanten, sodass er sich guten Gewissens für den Erzieherberuf entscheiden kann? Immer wieder haben Kunert und ihre Kolleginnen sich mit diesen Themen auseinandergesetzt. Als Team und einzeln holen sie sich Hilfe und Unterstützung über Weiterbildungen bei unabhängigen Trägern – auch nach Feierabend und an den Wochenenden. Obwohl das Geld knapp ist, übernimmt der Kinderladen einen Großteil der Kosten. Schließlich profitiert die komplette Einrichtung von der zusätzlichen Expertise.

Die fachlichen Anforderungen an Erzieher sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, so lautet die einhellige Meinung von Bildungsexperten. Seit der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz besteht, hat sich dieser Trend sogar verstärkt. Einer Studie der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) des Deutschen Jugendinstituts zufolge haben weit über 90 Prozent der befragten Kita-Mitarbeiter in den letzten zwölf Monaten an einer Weiterbildung teilgenommen. Doch obwohl Resonanz und Bedarf groß sind, fällt die Entscheidung für eine weitere Qualifikation nicht immer leicht. Die hohen beruflichen Belastungen, die Kosten, die fehlende Zeit und die verzweifelte Suche nach dem richtigen Angebot schrecken viele ab. Der Fort- und Weiterbildungsmarkt für Fachkräfte ist in Deutschland nur wenig reguliert. Zu den Anbietern zählen Kita-Träger, Verbände, Hochschulen, aber auch zahlreiche private Institute, die sich auf die Belange der Erzieher spezialisiert haben. Der Berliner Dachverband der Kinder- und Schülerläden (Daks) hat Themenabende, aber auch Wochenendseminare für einzelne Erzieher oder komplette Teams im Angebot. Inklusion, Sprachprobleme, Konfliktbewältigung: Mal gibt es eine Einführung am Abend, für andere Kurse sind mehrere Tage vorgesehen.

Die Referenten kommen aus der Praxis. Logopäden informieren über Hilfen beim Spracherwerb. Psychologen, Mediatoren oder Rechtsexperten vermitteln ihre Erfahrungen über Kinderschutz und Kommunikation im Alltag mit Kindern, Eltern und Kollegen. Ähnliche Angebote zu Ernährung, Gesundheit, Sport und künstlerischer Erziehung hat das Berliner Institut für Frühpädagogik (Biff) im Programm. Die Seminare finden berufsbegleitend statt. Auch maßgeschneiderte Kurse, die die Leiter in den Einrichtungen abhalten, können hier gebucht werden. Während die Kurzseminare dort beinahe zum Standard gehören, entscheiden sich einige Erzieher dafür, spezielle Techniken zu erlernen, um Kinder und Jugendliche zu betreuen. Manche wollen mit ihren Schützlingen Umwelt und Natur ergründen. Andere fasziniert der Zirkus. Akrobatik, Jonglage oder Clownerie wollen sie in den Betreuungsalltag einfließen lassen.

Die Angebote sind rar und beliebt. Über die Ausbildung zur Facherzieherin für Natur und Ökologie informiert der Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten in Deutschland. Bei den Zirkuspädagogen ist die Warteliste deutlich länger. Über das passende Angebot berät die Bundesarbeitsgemeinschaft Zirkuspädagogik. Sie hat zudem einen Qualitätsstandard und einen Leitfaden für die Fortbildung entwickelt. Die Kosten für die Angebote können bei mehreren Tausend Euro liegen. Viele Arbeitgeber schießen Geld zu.

Auch die Hochschulen haben den wachsenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften erkannt. Für die meisten Weiterbildungen ist in der Regel ein Uni-Abschluss, etwa im Fach Soziale Arbeit, notwendig. Doch auch Erzieher haben Chancen, an den Kursen teilzunehmen. Die Alice Salomon Hochschule in Berlin bietet etwa Qualifikationen für die Ausbildung von Praktikanten an. Über den Zertifikatskurs soll aus der pädagogischen Fachkraft ein Mentor für den Azubi werden. Die Fachkräfte von morgen werden so besser auf den Job und die Bedürfnisse von Kindern und Eltern vorbereitet.

Einen Überblick über verschiedene Studiengänge mit Bachelor oder Masterabschluss für Erzieher finden Interessierte auf den Webseiten der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte. Neben der Alice Salomon Hochschule haben sich die Katholische Hochschule für Sozialwesen, die Steinbeis Hochschule oder die Diploma Hochschule auf die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der frühkindlichen Bildung spezialisiert.

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