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Wer kommt ab 2019? Die Johanniter wollen den Dienst im Landkreis nicht so wie bisher weiterführen, würden sich aber an einer neuen Ausschreibung beteiligen.

© Paul Zink/dpa

Rettungsdienst in Potsdam-Mittelmark: Kommunalisierung unwahrscheinlich

In SPD und CDU häufen sich Stimmen, den Rettungsdienst im Landkreis bei privaten Anbietern zu belassen. Derzeit teilen sich drei Dienste den Landkreis nach Gebieten auf.

Von Enrico Bellin

Der Rettungsdienst im Landkreis wird wohl nicht kommunalisiert werden. Zwar hat der Sozialausschuss des Kreises am Donnerstag noch kein Votum abgegeben, ob die Rettungswachen weiterhin von privaten Anbietern betrieben werden sollen oder der Landkreis eine eigene Gesellschaft gründet. Auch haben sich die größten Fraktionen SPD und CDU noch nicht endgültig auf ein Vorgehen geeinigt. Doch der Ausschussvorsitzende Joachim Lindicke (SPD) und seine Parteigenossin Jutta Schaudin sprachen sich im Ausschuss klar gegen eine Kommunalisierung aus. „Träger von Diensten müssen manchmal spontan Sachverhalte lösen, die eine Verwaltung nicht so schnell lösen kann“, so Lindicke. Mit dem Anbieter Promedica sei man in Werder zudem sehr zufrieden. Auch Bodo Puschner (CDU), stellvertretender Ausschussvorsitzender, sprach sich gegenüber den PNN klar für eine Beibehaltung des bisherigen Rettungsdienstsystems aus. „Die Kommunalisierung wäre ein Riesenaufriss und ich sehe noch nicht, dass sie uns Vorteile bringt.“

Wie berichtet laufen die Verträge mit den Johannitern, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und Promedica Ende 2018 aus. Die drei Unternehmen teilen sich derzeit den Dienst im Landkreis nach Gebieten auf. Die Verwaltung hatte eine Analyse beauftragt, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Demnach könnte der Kreis die bestehenden Verträge mit den Anbietern um fünf Jahre verlängern, den Rettungsdienst neu ausschreiben oder in Eigenregie übernehmen. Die Studienersteller der Anwaltskanzlei Buse Herber Fromm zählen für die Kommunalisierung jedoch vorwiegend Nachteile auf.

Kreisverwaltung favorisiert, die Leistungen neu auzuschreiben

Die Kreisverwaltung favorisiert nun, die Leistungen neu auszuschreiben. „Die Johanniter und das DRK haben uns gegenüber klargemacht, dass sie nicht unter den bisherigen Bedingungen weiterarbeiten können“, so Fachdienstleiter Klaus-Dieter Hallex am Donnerstag. Nur Promedica, die die Wachen rund um Werder (Havel) betreiben, wollten den Vertrag fortführen. „Sie Erbringen die Leistung auch ohne jede Beanstandung“, so Hallex.

Innerhalb des Landkreises hat es schon häufiger Wechsel von Mitarbeitern von den Johannitern und besonders vom DRK, die jeweils nach eigenen Tarifverträgen zahlen, zu Promedica gegeben, das nach Verdi-Tarfivertrag entlohnt und somit mehr bietet. Promedica war bei der Ausschreibung 2013 der teuerste der drei Anbieter, konnte den Kreis aber trotzdem überzeugen. Vom DRK, das den Rettungsdienst rund um Teltow erbringt, hatten in den vergangenen Jahren auch Mitarbeiter zum Landkreis Teltow-Fläming gewechselt, wo der Rettungsdienst bereits kommunalisiert ist, die Mitarbeiter unbefristet arbeiten und mehr verdienen.

Mehrere Abgeordnete kritisieren vom Landkreis beauftrages Gutachten

Theoretisch kann der Landkreis auch vom DRK und den Johannitern verlangen, ihre Verträge fünf Jahre länger zu erbringen. „Wir wollen das den Unternehmen aber nicht aufdrücken“, so Hallex. Schließlich sei 2013, als die derzeitigen Verträge verhandelt wurden, etwa nicht absehbar gewesen, dass bis 2020 statt Rettungssanitätern auf allen Wagen Notfallsanitäter mitfahren müssen, die eine dreijährige Ausbildung benötigen, was Zusatzkosten verursacht.

Mehrere Abgeordnete kritisierten das vom Kreis beauftragte Gutachten. „Einige Schwächen der Kommunalisierung, die aufgelistet werden, kann man genauso gut als Stärken deuten“, sagt etwa Melanie Balzer (SPD) – beispielsweise wird die gesteigerte Verantwortung des Kreises als Schwäche aufgeführt. Zudem könne laut Studie die Motivation der Mitarbeiter abnehmen, wenn sie unbefristet zum Tarif des öffentlichen Dienstes angestellt sind. „Ein gesichertes Arbeitsverhältnis kann aber auch die Motivation erhöhen“, so Balzer. Laut Studienersteller Daniel Bens von der Kanzlei Buse Herber Fromm ist der Arbeitsplatz der Mitarbeiter aber schon jetzt sicher: Nach Landesgesetz sei es verpflichtend, dass sie von künftigen Betreibern übernommen werden. „Für die Sanitäter ist nur nicht klar, für wen sie ab 2019 arbeiten werden.“

Grüne und Linke ziehen auch weiterhin die Kommunalisierung vor. Sie stellen aber nur 13 von 56 Kreistagsmitgliedern. Die Fraktionen von FDP/BiK/BiT und Freien Bürgern und Bauern haben sich bereits gegen die Kommunalisierung ausgesprochen. „Ich bin entsetzt, dass das Gutachten nur rechtliche Probleme benennt“, so Grünen-Fraktionsvorsitzende Elke Seidel. Ihre Fraktion hatte die Analyse beantragt. Durch die Kommunalisierung hätten die Kreistagsmitglieder ihrer Meinung nach deutlich stärkere Einflussmöglichkeiten auf den Dienst, da sie im Aufsichtsrat der kreiseigenen Gesellschaft sitzen würden. Zwar gibt es bereits einen Rettungsdienstbeirat, dort sind aber nicht alle Fraktionen vertreten. Mit dem Entsorgungsunternehmen APM und Regiobus Potsdam Mittelmark habe der Kreis bereits gezeigt, dass er erfolgreiche Unternehmen aufstellen kann.

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