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Kreative Bastler. Die Kinder haben nicht nur Texte aus „Tom Sawyer“ gelesen und künstlerisch umgesetzt, sondern mit Helfern auch eine Hütte und eine Bank gebaut. Die Hütte soll noch ein Plätzchen beim Übergangsheim finden.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Respekt lernen mit Tom und Huck

Ein Ferienprojekt in Neuseddin bringt Flüchtlingskinder und Einheimische durch Literatur zusammen

Neuseddin - Mit ihren bunten, selbstgebastelten Masken warten die Kinder am gestrigen Freitag in Neuseddin auf ihren Einsatz. Einer nach dem anderen läuft zu pumpender Popmusik wie auf dem Catwalk Richtung Zuschauer und macht eine kämpferische Pose, zeigt Peace-Zeichen oder verbeugt sich. Am Ende rufen alle „Freundschaft!“.

Die Kinder und Jugendlichen haben in den vergangenen zwei Wochen beim Ferienprogramm „TalentCampus“ in Neuseddin mitgemacht. Gestern präsentierten sie vor Eltern, Freunden und Unterstützern, was sie gemeinsam erarbeitet haben. Das Ferienprogramm ist unter der Regie des Übergangswohnheims für Geflüchtete in Neuseddin und dessen Leiterin Anne-Rebekka Düsterhöft-Wallner entstanden. Die Kinder sollten sich gemeinsam mit Mark Twains berühmten Jugendbuch „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ auseinandersetzen. Dabei stehen die beiden Hauptfiguren Tom Sawyer und Huckleberry Finn auch für die Kinder und Jugendlichen selbst, wie Düsterhöft-Wallner erklärt. „Huckleberry ist so ein Synonym. Er hat keine Familie, die ihm Halt gibt, er hat keine Sicherheit. Während Tom Sawyer zwar ein Waisenjunge ist, aber wenigstens seine Tante hat, die ihm ein stabiles Zuhause ermöglicht.“ Die Flüchtlingskinder, die aus Kriegsgebieten kommen, seien ein bisschen wie Huckleberry. Sie hätten viel verloren, kein richtiges Zuhause und wünschten sich Kontakte und Freundschaften, so Düsterhöft-Wallner.

20 Kinder und Jugendliche haben bei dem Ferienprogramm mitgemacht, das Teil des Projektes „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ vom Bundesbildungsministerium ist und von der Kreisvolkshochschule Potsdam-Mittelmark unterstützt wurde. Die Konzeptidee hatte aber Düsterhöft-Wallner. 15 Kinder kommen aus dem Übergangsheim, fünf aus dem Hort der Grundschule „Friedrich List“. „Ich habe im letzten Sommer erlebt, wie sich die Kinder und Jugendlichen aus dem Heim gelangweilt haben“, so Düsterhöft-Wallner. Das sei auch einer der vielen Gründe gewesen, das Programm zu starten.

Die Kinder haben sich zunächst ausgetauscht, über Freundschaft gesprochen und gemeinsam mit verteilten Rollen vereinfachte Texte aus dem Buch gelesen. Später haben sie mit Helfern eine Hütte und eine Bank gebaut und an der Präsentation gearbeitet, wie Dirk Kaufmann erklärt. Der Schauspieler und Theaterpädagoge ist Mitglied von „Mensch: Theater!“, einem Präventionstheater, dass für viele Stücke, Projekte und Workshops in Deutschland verantwortlich ist. Gemeinsam mit dem freien Theaterpädagogen Dominik Eichhorn hat er das Ferienprogramm umgesetzt.

„Mir hat am Besten gefallen, dass wir die Geschichte gemacht haben und ich viele Freunde getroffen habe“, sagt der zehnjährige Khaled Kagrun, der vor drei Jahren mit seiner Familie aus Syrien nach Deutschland kam. Zusammen mit einem anderen Jungen hat er aus dem Buch vorgelesen. Mit der ganzen Gruppe haben sie zudem Posen einstudiert, die sie während des Lesens eingenommen haben. Auch dieses Zusammenspiel fand Khaled toll.

„Das ist ein gutes Projekt, um Mal eine Begegnung zwischen den einzelnen Gruppen zu schaffen“, sagt Dirk Kaufmann. Einige der Kinder hätten schon Erfahrungen mit Mobbing gemacht, sowohl die Neuseddiner als auch die Flüchtlinge. Zwar seien in den beiden Wochen nicht alle gleich „super Freunde“ geworden, aber dafür sei der Ton viel respektvoller untereinander gewesen. Von Streitereien und Beschimpfungen sei man jetzt zum „Darf ich Mal bitte“ gekommen.

Das Ferienprogramm soll 2019 fortgesetzt werden, dann wird „Harry Potter“ der Titelheld sein.

Sarah Stoffers

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