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Potsdam-Mittelmark: Rentnermord nach 13 Jahren verhandelt

Angeklagter wurde durch DNA-Spuren ermittelt

Michendorf/Potsdam – Dreizehn Jahre nach der Bluttat an einem Frührentner in Wildenbruch begann gestern vor dem Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder Leszek F. (38). Der Pole soll den damals 59-jährigen Walter G. am 8. Februar 1996 in seinem Bungalow in der Grenzstraße niedergeschlagen, ihm dann dreimal mit einem Küchenmesser in Brust und Bauch gestochen haben. Der Mann verblutete. Der Täter – so die Anklage – raubte die Brieftasche mit rund 250 D-Mark sowie die Fahrzeugschlüssel seines Opfers. Danach soll er mit dessen metallicgrünem fast neuen Golf geflohen sein. Nach Ansicht der Ermittler war Leszek F. vor dem Mord zunächst in das Wochenendhaus eines Nachbarn eingebrochen, um die Nacht dort zu verbringen. Der Angeklagte konnte erst Jahre später anhand von DNA-Spuren – sie wurden unter anderem an einer Zigarettenkippe gesichert, die in dem entwendeten Fahrzeug des Vorrentners gefunden wurde – ermittelt werden. Bis Januar befand sich der Pole wegen anderer Straftaten noch in seinem Heimatland im Gefängnis. Anschließend wurde er nach Deutschland ausgeliefert und sitzt derzeit in Untersuchungshaft.

Zu Verhandlungsbeginn ließ Leszek F. durch seinen Verteidiger Steffen Kalauch erklären, er habe Walter G. weder getötet noch dessen Brieftasche oder das Auto gestohlen. Mehr wolle er vorerst nicht sagen, auch keine Fragen zu seiner Person beantworten. Daraufhin rief der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer Frank Tiemann die Witwe des Ermordeten – sie tritt im Prozess als Nebenklägerin auf – in den Zeugenstand. Ingrid G. (74) erzählte, ihr Mann sollte sie am Abend des 7. Februar 1996 von ihrer Arbeitsstelle abholen. Da er nicht erschien, rief sie in der Potsdamer Wohnung an. Dort meldete sich niemand. Die Hauptbuchhalterin nahm den Bus, um nach Hause zu fahren. Doch Walter G. war nicht daheim, die Garage leer. Da kam ihr die Idee, der als spontan geltende Ehemann könne sich im Bungalow in Wildenbruch aufhalten. Ingrid G. telefonierte mit ihren dort ständig lebenden Grundstücksnachbarn, bat sie, bei der abendlichen Runde mit ihren Hunden nachzuschauen, ob Licht brennt. Der Nachbar informierte sie, im Innern der Hütte sei alles dunkel, allerdings habe er den grünen Golf ihres Mannes bereits zur Mittagszeit wegfahren sehen. Ob Walter G. persönlich drin saß, könne er nicht sagen. Nachfragen bei der Polizei und in Krankenhäusern erbrachten keinen Hinweis auf einen eventuellen Unfall des Vorrentners. Am nächsten Tag erfuhr Ingrid G. von besagtem Grundstücksnachbarn, jetzt brenne Licht im Keller ihres Häuschens. Er holte die Frau ab, betrat gemeinsam mit ihr den Bungalow. Dort stolperte Ingrid G. beinahe über die Füße ihres am Boden liegenden Ehemannes. „Er war zum Eisblock erstarrt. Da wusste ich, dass er tot war“, erinnerte sich die kleine, grauhaarige Dame. „Hinter ihm lag ein schwerer, umgekippter Stuhl. Ich vermutete, dass er damit niedergeschlagen wurde. Blut habe ich zuerst keins gesehen. Das war von der Bastmatte, auf der er lag, aufgesaugt worden.“ Die Tatwaffe – ein Messer, das in ein Taschentuch des Opfers eingewickelt wurde – stamme nicht aus ihrem Besitz, versicherte Ingrid G. nach mehrstündiger Befragung. Auch der rotbraune Knopf mit einem weißen Fadenrest, der später unter dem Fahrersitz des Golf gefunden wurde, gehörte auf keinen Fall zur Kleidung ihres Mannes.

Für den Prozess gegen Leszek F. sind zunächst neun Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil soll am 14. Mai gesprochen werden.

Gabriele Hohenstein

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