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In den waldreichen Gebieten etwa in Stahnsdorf oder dem Kleinmachnower Norden ist es schwer, Wildschweine zu schießen. Die Population wächst weiter.

© Andreas Klaer

Region Teltow: Mehr Geld für Wildschweinjäger

Wildschweine durchwühlen Gärten und Grünanlagen in der Region Teltow und richten damit massiven Schaden an - und die Zahl der Tiere nimmt weiter zu. In Stahnsdorf gibt es für ihren Abschuss künftig mehr Geld.

Region Teltow - Es ist ein alltägliches Bild, doch Bienenzüchter Bodo Wackrow will sich nicht an den Anblick gewöhnen. „Es sieht furchtbar aus“, sagt Wackrow. Vor seinem Garten am Ufer der Kleinmachnower Schleuse suhlen sich Wildschweine gern im Schlamm. Vom einst grünen Rasen ist nicht viel geblieben. Hier und da quält sich ein vereinzelter Grashalm durch die aufgewühlte Erde. „Die Rotten kommen aus dem angrenzenden Teltowkanal“, glaubt der Imker. Um dem Problem Herr zu werden, gibt es nun Überlegungen, die Abschussprämie für Jäger anzupassen.

Schon vor gut acht Monaten haben Jagdpächter und Bürgermeister aus Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf in einer gemeinsamen Pressekonferenz auf die gestiegene Wildschweinpopulation aufmerksam gemacht und an die Bewohner appelliert, das Nahrungsangebot innerorts knapp zu halten. Geändert hat sich seitdem wenig. Die Wildschweine durchwühlen weiter Gärten und Grünanlagen und richten massive Schäden an. „Sie tauchen an allen möglichen und unmöglichen Plätzen auf“, sagt Kleinmachnows stellvertretender Bürgermeister Hartmut Piecha. Und auch in Stahnsdorf seien die Gemeindemitarbeiter mit der Umkehrfräse im Dauereinsatz, um die entstandenen Schäden zu glätten, so Gemeindesprecher Stephan Reitzig.

Führt höhere Prämie zu mehr Abschüssen?

Gerade haben die Bachen ihre Jungen geworfen, die Zahl der Wildschweine nimmt damit erneut zu. Mehr als ein Dutzend Jäger sind regelmäßig zwischen Stahnsdorf und Kleinmachnow unterwegs. In Stahnsdorf wird zudem seit Jahresbeginn eine Abschussprämie gezahlt. „Besonders kleine und jüngere Tiere können nicht so gut verwertet werden. Der Aufwand, den die Jäger mit den erlegten Tieren haben, ist zu hoch und rechnet sich nicht“, erklärt der Chef der Stahnsdorfer CDU-Fraktion, Wolfgang Brenneis. Um einen Anreiz zu schaffen, auch diese Tiere zu erlegen, werde auf Initiative seiner Fraktion nunmehr pro Wildschwein unter 30 Kilogramm eine Prämie in Höhe von 35 Euro gezahlt. 5000 Euro hat Stahnsdorf dafür im Haushaltsjahr 2017 eingeplant. Ob die Prämie zu mehr Abschüssen führe, werde sich aber erst nach Abschluss des Jagdjahres im Frühjahr 2018 zeigen, so Gemeindesprecher Reitzig.

Im ersten Quartal dieses Jahres hätte die Kommune knapp 600 Euro an die Jagdgenossenschaften Stahnsdorf/Kleinmachnow und Güterfelde ausgezahlt, eine weitere Prämie erhielt der Eigenjagdbezirk Sputendorf Nord. Das entspricht insgesamt 18 erlegten Wildschweinen. Den durchschlagenden Erfolg gab es noch nicht. Trotzdem, „jede Maßnahme gegen Wildschweine ist richtig und wichtig“, meint Wolfgang Brenneis. So schlimm wie in diesem Jahr sei es mit den Schweinen aber noch nie gewesen.

Bei der Prämie sieht er Anpassungsbedarf. Da sie noch nicht überall die gewünschten Adressaten erreiche, sollen die Jagdpächter verpflichtet werden, 80 Prozent der Prämie verbindlich an die Jäger weiterzureichen. Über eine entsprechende Vorlage werde in der nächsten Gemeindevertretersitzung abgestimmt.

Keine Abschussprämie in Kleinmachnow

Die Nachbarkommune Kleinmachnow kommt noch ohne Abschussprämie aus, jedoch war im Bürgerhaushalt aufgrund der angespannten Situation die Einstellung eines Stadtjägers gefordert worden. Auch die Prämie sei bereits Thema gewesen, aber nicht abschließend diskutiert worden, so Hartmut Piecha. Als materielle Unterstützung für den Einsatz der Jäger hält Kleinmachnows stellvertretender Bürgermeister sie für denkbar. Jedoch ist er überzeugt, dass die Jäger auch heute schon alles ihnen Mögliche tun. Aus Sicherheitsgründen könnten sie nicht überall schießen und sollten nicht dazu animiert werden, ein höheres Risiko einzugehen.

Am effektivsten sei es bei der Wildschweinjagd, die Bache mit jeweils einem Jungtier zu belassen, um ihre Paarungsbereitschaft zu beschränken, erklärt der Wildtierexperte und Pressesprecher der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Derk Ehlert. Jedoch sei es unglaublich schwer, die Tiere gezielt zu erlegen, da sie nur selten abschussbereit frei und offen auf der Wiese stehen. Zudem seien auch Jäger Naturfreunde. Es könne emotional belastend sein, auf die wenige Wochen alten Frischlinge zu schießen, meint Ehlert. Auch in Berlin gäbe es Abschussprämien, die aus den genannten Gründen aber nur mäßigen Erfolg hätten. Anders als in Brandenburg hätten die Jäger dort von ihrer Beute zwar selber nichts, da es sich bei 95 Prozent der Jagdgebiete um Staatsforst handelt. Trotzdem würden sie wie überall im Land „unglaublich Strecke machen“, erklärt der Experte. Wurden vor 50 Jahren noch rund 50 000 Wildschweine im Jahr geschossen, seien es heute 500 000. „An den Jägern liegt es nicht“, betont Ehlert.

Weniger Krankheiten und Epidemien

Vielmehr hätten sich die Lebensbedingungen gravierend geändert. Gerade auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen, von denen es im Umland einige gibt, würden mit Mais und Raps hervorragende Nahrungsangebote für die Wildschweine existieren. Massive Impfungen, etwa gegen die Schweinepest, führten zudem dazu, dass sich die Anzahl der Wildtiere aufgrund von Epidemien und Krankheiten nicht mehr von selbst dramatisch reduziere, erklärt der Senatssprecher.

Auch der eigene Anteil müsse kritisch hinterfragt werden. Jeder einzelne Bewohner müsse seinen Beitrag leisten, um Jäger und Gemeinde zu unterstützen, meint Stahnsdorfs Gemeindesprecher. Dazu gehöre, das eigene Grundstück angemessen einzufrieden und die Wildschweine nicht durch Komposthaufen und frei zugängliche Grün- und Essensreste zusätzlich anzulocken, so Stephan Reitzig.

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