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„Räuber Hotzenplotz“ in der Comédie Soleil: Auf der Jagd nach der Kaffeemühle

Er ist einer der berühmtesten Räuber der Kinderliteratur: „Räuber Hotzenplotz“ von Ottfried Preußler. Das Werderaner Theater Comédie Soleil hat sich des Stoffs nun angenommen – und eine weitgehend überzeugende Inszenierung geschaffen.

Werder (Havel) - Er ist einer der berühmtesten Räuber der Kinderliteratur: „Räuber Hotzenplotz“ von Ottfried Preußler. Das Werderaner Theater Comédie Soleil hat sich des Stoffs nun angenommen – und eine weitgehend überzeugende Inszenierung geschaffen. Das Konzept: Eine Art vierschrötiges Kasperle- Theater für „echte“ Schauspieler. Ein Versuch, Groß und Klein gemeinsam zu erreichen, zumal ein gutes Ende in diesem Genre garantiert ist.

Zunächst aber klaut der böse Räuber der Oma just jene singende klingende Kaffeemühle, welche sie gerade von Kasperl und Freund Seppel zum Geburtstag bekommen hat. Ein ordnungsmächtiger Gendarm ist da wenig hilfreich, die beiden müssen selbst ran, und schaffen es natürlich. Zuletzt gibt es den wohlverdienten Oma-Pflaumenkuchen „mit ganz viel Rahm“ und Kaffee. Der wilde Räuber – im Vorspann auf der Leinwand schon mal auf Pirsch im Werderwald – endet (auch wohlverdient) im Spritzenhaus. Das Gute siegt, das Böse geht dahin, so ist der Sinn.

Manchen wird es ja erstaunen, dass dieser grimmig-liebenswerte Hotzenplotz durch seinen Schöpfer Otfried Preußler (1923–2013) erst 1962 ins allgemeine Leben trat. Mit fast klassische figuraler Konstellation: Hier die Oma, Kasper mit Sepperl statt Gretel, ein Pickelhauben-Polizist, der ihnen allen Spürsinn überlässt, und eine Fee. Auf der Gegenseite eben der Räuber und ein ziemlich guter Zauberer mit Petersilie im Namen. Da wird tüchtig gehext und gespielt, zumal das Bühnenbild (Jens-Uwe Behrend) genauso genial gehandhabt wird, wie es die von Rudi geschneiderten Kostüme sind: immer dicht dran an der Historie, und kinderherrlich bunt.

Eigentlich läuft alles auf eine Verwechslung hinaus, die freilich auch gespielt sein will. Kasper (Frank Dukowski) und Seppel (Karoline Hugler) tauschen nur ihre Hüte, und schon kommt dieses turbulente Spiel in Gang. Großmutter (Saskia Rutner) mit ihrer blendend weißen Schürze ist halt eine sorgengefaltete Oma wie im echten Kaspertheater, unkompliziert und glaubhaft. Gerhard Gutberlet spielt als Gendarm nicht, was er spielen soll, doch als Zauberer Zwackelmann ist er spitze. Kasper selbst gar nicht mal schlecht, nur vergisst der arme Kerl, dass er eine listige Protagonistenrolle zu geben hat. Bleibt der klotzige Hotzenplotz: Edward Scheuzger macht seine Sache kindgerecht und gut, mehr Zusammenspiel mit dem Publikum wäre gut. Aber das ist Sache von Regisseur Julian Tyrasa.

Der hat sich szenisch ordentlich etwas einfallen lassen, beim Hin- und Wegzaubern von diesem und jenen. Ein Theater für ein fünfköpfiges Ensemble: Buntes und einfallsreiches Bühnenspiel mit Drang zum Leben, nur leider zu oft im Schneckentempo. Mehr Tempo und mehr Temperament könnten der Inszenierung nicht schaden. Gut 90 Spielminuten – auch noch mit Pause – kann man Erwachsenen einräumen, für Unterstufenkinder ist das schlichtweg zu viel.

Die zu lange Samstagnachmittagsvorstellung allerdings war gut besucht, es kamen viele Kinder mit Begleitung. Und es gab eine Vorschau: Im November werden zum Werderaner Stadtjubiläum „Die Freuden und Leiden des jungen Werder“ uraufgeführt. Bürgermeisterin Manuela Sass (CDU) tat ein Grußwort dazu, in dem sie stolz von „unserem Stadttheater“ sprach, eben der Comédie Soleil. Endlich angekommen, das ist erfreulich.

Nächste Vorstellungen am 21. Oktober um 19.30 Uhr und am 22. Oktober um 16 Uhr, Eisenbahnstraße 210

G. Paul

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