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Rätsel um Mordfall: Ermittlungspannen im Fall um Mord an Glindower

Offenbar wurden bei den Mordermittlungen Spuren am Tatort nicht untersucht. Rätsel gibt ein hoher Alkoholwert auf.

Werder (Havel)/Potsdam - Im Fall des ermordeten Brunnenbauers Joachim L. aus Glindow sind möglicherweise wichtige Spuren übergangen worden. Wie gestern leitende Ermittlungsbeamte vor dem Schwurgericht der 1. Großen Strafkammer des Potsdamer Landgerichtes berichteten, war das Haus des Verstorbenen im März 2011 gezielt nach Spuren auf den Verbleib des damals 55-Jährigen untersucht worden. Dabei hätten Spürhunde am Auto und im Haus angeschlagen. Dort hätten sich „blutverdächtige Substanzen“ gefunden, die später jedoch weder verifiziert, noch auf DNA untersucht worden seien. Auch ein Aktenordner mit Kontoauszügen, der offenbar auf dem Hofgelände auf einem Autodach gefunden worden war, wurde nicht näher begutachtet.

Es sei einiges schief gelaufen, räumte der Hauptermittler der Potsdamer Mordkommission ein. Allerdings waren die Beamten auch erst zwei Jahre nach dem Verschwinden des Brunnenbauers ins Boot geholt worden. Erst dann konnte zu der am 2. Juli 2009 in einem Waldstück in Tschechien gefundenen Leiche und dem Vermisstenvorgang in Deutschland eine konkrete Verbindung hergestellt werden. Der Mordverdacht richtete sich schnell gegen den Angeklagten Hans-Dieter V., der mit dem Verstorbenen am 9. Juni 2009 eine Geschäftsreise in das in der Nähe des Fundortes gelegene Ostrava angetreten haben soll. Geldsorgen des Angeklagten begründeten ein mögliches Motiv, erklärte einer der Polizeibeamten. Handfeste Beweise gab es aber offenbar nicht – dafür weitere Ermittlungspannen.

Bei der Leiche wurde ein Alkoholwert von über drei Promille festgestellt

So hatten die Ermittler ihren Verdacht gegen Hans-Dieter V. vor allem damit begründet, dass er kurz nach der Reise die Nummer des Toten aus den im Handy gespeicherten Kontakten gelöscht haben soll. Dabei hatten die Beamten offenbar aber nur das Handy, nicht aber die zugehörige SIM-Karte untersucht. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kontakt dort gespeichert war, räumte der Polizeibeamte ein. Auch war im Haus des ermordeten Brunnenbauers ein Kalender gefunden worden, in dem der Zeitraum 16. bis 19. Juni 2009 angestrichen war. Offenbar hatte der Verstorbene für die Woche nach der Geschäftsreise konkrete Pläne. Welche blieb offen, weil die Beamten dem nicht nachgegangen waren.

Indes wirft auch der Mord immer mehr Fragen auf. Wie zuletzt ein Gerichtsmediziner ausführte, könnte sich Joachim L. kurz vor seinem Tod in einer hilflosen Lage befunden haben. Bei der Leiche war ein Alkoholwert von über drei Promille festgestellt worden. Ein Wert, bei dem bei einigen Menschen bereits der Tod eintritt. Der Glindower starb jedoch nicht an einer Alkoholvergiftung, sondern an einer Kugel, die ihm von hinten in den Kopf geschossen worden war. Zum Trinkverhalten des Opfers gab es zuvor unterschiedliche Angaben. Während ein Bekannter davon sprach, dass ihm der inzwischen verstorbene Vater die von ihm geführte Firma nicht überlassen wollte, weil er zu viel trank, wollten weder der Angeklagte noch ein enger Freund des Mordopfers bestätigen, dass der Glindower auffällig viel Alkohol zu sich genommen habe. Nach Erkenntnissen der Polizei soll er aber Kontakt zu einer Gruppe anonymer Alkoholiker gesucht haben.

Fraglich ist, wann Joachim L. die nachgewiesene Menge Alkohol aufgenommen hat. Der Firmenbesuch ist durch Registrierung an der Pforte belegt. Danach haben die Geschäftsfreunde das Gelände gegen 10.45 Uhr verlassen, etwa eine Stunde später wurde die Rechnung im Hotel beglichen. Nach Angaben des Angeklagten hätten beide an einem Busbahnhof noch etwas verzehrt und sich gegen 13.30 Uhr getrennt. 

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