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© R. Hirschberger/dpa

Prozess am Landgericht Potsdam: 60-jähriger Potsdamer bestreitet Mord an Geschäftspartner

Eiskalter Mord aus Habgier? Das Landgericht Potsdam rollt einen inzwischen acht Jahre zurückliegenden Fall auf.

Potsdam/Werder (Havel) - Den Rücken fest in die Lehne gedrückt, den Kopf schützend hinter einem gelben Aktendeckel verborgen, lässt Hans-Dieter V. das Blitzlichtgewitter anwesender Fotografen vorüberziehen. Dann legt er den Ordner ab und verschließt seine Hände vor sich im Schoß: Seit dem gestrigen Donnerstag muss sich der 60-jährige Potsdamer vor dem Landgericht wegen des mutmaßlichen Mordes an seinem Geschäftspartner Joachim L. aus Werder (Havel) verantworten. Laut Anklage soll der gelernte Schlosser den damals 55-Jährigen im Sommer 2009 auf einer gemeinsamen Geschäftsreise nach Tschechien aus Habgier erschossen haben. Ein halbes Jahr zuvor soll er sich in der Absicht, sich zu bereichern, von diesem mehrfach zinslos Geld geliehen haben, insgesamt 330 000 Euro.

Verdächtiger streitet Tat ab

Hans-Dieter V. bestreitet die Taten. Er habe sie nicht begangen, sagte er gestern vor dem Schwurgericht und auch sein Verteidiger Hagen Wegewitz sprach von einer reinen Indizienwolke, auf die sich die Anklage stütze. Tatsächlich brachte der erste Verhandlungstag, an dem sich die Erste Große Strafkammer zunächst mit den persönlichen Hintergründen des Angeklagten und des Opfers befasste, eine Reihe Fragen, die nun im weiteren Prozessverlauf zu klären sind.

Nach bisherigen Erkenntnissen soll sich die Tat am 10. Juni 2009 ereignet haben. Hans-Dieter V., der nach eigenen Angaben einen Werkzeughandel betrieb, soll mit seinem Geschäftspartner ins tschechische Ostrava nahe der slowakischen Grenze gefahren sein, um dort bei einem Zulieferer Preise und Lieferbedingungen für ein sich anbahnendes Geschäft auszuhandeln. Im Anschluss habe er Joachim L. an einem Busbahnhof in der Nähe des Hotels, in dem sie am Tag zuvor eingecheckt hatten, abgesetzt, gab er an. Wegen einer Frau, die Joachim L. am Abend zuvor in einer Bar kennengelernt haben soll, habe dieser noch bleiben wollen, sagte der Angeklagte. Nach seinen Angaben soll dieser einen Faible für osteuropäische Frauen gehabt haben und wegen der Bekanntschaften auch häufiger spontan für längere Zeit im Ausland geblieben sein.

Offenbar gezielter Schuss in den Hinterkopf

Die Schwester des Opfers, die als eine der ersten Zeugen im Prozess geladen war, aber kaum noch Kontakt zu ihrem Bruder unterhielt, bestätigte, dass er häufiger länger unterwegs war und sprach von zwei gescheiterten Beziehungen ihres Bruders. Der dreifache Vater war Monate später in einem Waldstück zwischen Ostrava und Suchá Rudná gefunden worden. Er war offenbar aus nächster Nähe gezielt mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet worden.

Wie Hans-Dieter V. angab, sollen beide ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt haben. Über den Vater des Opfers, der bei ihm Werkzeuge für seinen eigenen Betrieb gekauft habe, hätten sich beide kennengelernt. Das in Rede stehende Geld soll Joachim L. dem Angeklagten nur zum Schein überlassen haben. „Er hatte Panik“, sagte Hans-Dieter V.

Der Getötete hat eine halbe Million Euro geerbt

Nach seiner Aussage wollte Joachim L. das Geld vor dem Fiskus verstecken. Beide hatten 2008 in Polen eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, auf deren Konto L. sein Geld zwischenlagerte. Der Getötete hatte nach dem Tod seines Vaters knapp eine halbe Million Euro Bargeld, Haus und Grundstück geerbt. Zudem soll L. zumindest phasenweise „schwarz gearbeitet“ haben. Hans-Dieter V. habe das Geld angeblich im Auftrag seines Geschäftspartners auf andere Konten transferiert.

Allerdings hatte sich V. auch schon früher von anderen Geschäftspartnern Geld geliehen, konnte dieses aber nicht zurückzahlen. Von 2007 bis 2010 soll er etliches an Geld an Automaten verzockt haben. Er sprach von einem „privaten Verlust um die 50 000 Euro“.

Der Angeklagte ist wegen Betrugs vorbestraft

Der 1957 in Potsdam geborene Angeklagte ist zudem vorbestraft. Kurz nach der Wende hatte er mit seiner damaligen Frau bereits einen Werkzeughandel aufgebaut. „Mit dem Erfolg wuchsen auch die Ziele und Träume“, sagte er. Der Angeklagte stellte falsche Rechnungen aus und wurde wegen Betrugs verknackt. Nach etwa einem Jahr Haft kam er frei, zog nach Polen und lernte seine heutige Frau kennen. Er knüpfte Kontakte nach Kasachstan und stieg in eine Firma ein, die vor Ort hochwertige Teile für die Bahn vertreiben wollte. Auch das spätere Opfer Joachim L. wurde Geschäftspartner. Wie seine Schwester im Gespräch mit dem Vater gehört haben will, plante dieser in Kasachstan den Bau eines Stahlwerks. Der Vater soll ihm abgeraten haben.

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