zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Protest mit Pinsel

Der Wilhelmshorster Horst Halling macht seiner Wut über das BER-Chaos in Karikaturen Luft

Von Eva Schmid

Michendorf - Tief taucht Horst Halling die Glasfeder in ein Fass mit schwarzer Tinte. Die Linien malt er schnell auf das Papier, es kratzt leise. Erst die Haare, dann die Augen, dann die Nase – in wenigen Minuten grinst einem Hartmut Mehdorn entgegen. „Porträts von manchen Menschen gehen ziemlich schnell“, sagt der Karikaturist aus Wilhelmshorst. Umso charakteristischer das Gesicht, desto einfacher. „Mehdorn hat einen recht eckigen Kopf und ein breites Kinn.“ Auch Klaus Wowereit kriegt der Mann mit der spitzen Feder schnell auf Papier: große Nase, starke Augenbrauen und das typische Grinsen. Matthias Platzeck, der ehemalige Chefaufseher des BER, sei hingegen am schwersten zu zeichnen.

Mit Feder, Tusche und Bleistift nimmt Horst Halling das Geschehen um den Pannenflughafen aufs Korn. Er malt Mehdorns „Sprint“-Team als Schneckentruppe, aus Flugzeugen wachsen Bäume, wenn 2050 der Flughafen immer noch nicht in Betrieb ist. Das Hin und Her um die Flugrouten vergleicht der Wilhelmshorster Künstler mit Schnittmustern zum Nähen – kreuz und quer verlaufen gestrichelte Linien über das Papier.

„Der Flughafen birgt so viel Stoff, da gehen einem nie die Ideen aus“, sagt der 73-jährige Zeichner. Mit seiner Karikatur-Serie von 40 Bildern macht er seinem Ärger Luft. „Mir geht es gar nicht so sehr um die Lösung des Problems, sondern vor allem darum, wie wir behandelt werden.“ Das ganze Verfahren sei den Bürgern nicht transparent gemacht worden. „Dabei betrifft so ein Großprojekt doch alle.“ Halling ärgern besonders „die dreisten Lügen der Politiker“.

Neben seinen Karikaturen über den BER malt er Acrylgemälde, zeichnet Bilder zu einem Gedichtband von Morgenstern oder gestaltet Plakate für den Michendorfer Kulturbund. In seinem Arbeitszimmer unter dem Dach stapeln sich die Leinwände. Auf seinem Arbeitstisch steht Tusche aus China. Die ostasiatische Schreibkunst hat es ihm besonders angetan. Zwei Jahre lang nahm er Unterricht bei einem chinesischen Lehrer. Wenn er Buchstaben zeichnet, dann hält er den Pinsel mit erhobenem Ellenbogen fast senkrecht über das Papier. „Man muss den Arm auf ganz spezielle Art und Weise be- und entlasten und führen.“

Der gelernte Physiker, der früher am Forschungszentrum Jülich mit bildgebenden Verfahren arbeitete, hatte schnell genug von Computerbildern. „Mit ihnen kann man einfach keine Gefühle und Eindrücke vermitteln.“ Ganz anders hingegen die Arbeiten seiner Vorbilder Ernst Busch oder William Hogarth. „Der englische Maler Hogarth konnte mit einem Bild eine ganze Geschichte erzählen.“

Geschichten versucht auch Horst Halling zu erzählen: Bei ihm geht es zum Beispiel um einen nachdenklichen Orang-Utan, einen irischen Jungen oder die Temperamente. „Das mit der Malerei, das muss ich noch besser lernen“, sagt der Künstler selbstkritisch. Zeichnen gehe dank seiner 40-jährigen Erfahrung schon ganz gut. Und Karikaturen hat er jetzt auch drauf: „Wenn man zeichnen kann, dann ist man eigentlich schon bei der Karikatur und da gilt: Hauptsache, das Thema stimmt.“

Der BER ist ein gefundenes Fressen und über die spitze Feder des Wilhelmshorster haben schon einige Betrachter gelacht. Unlängst hatte er seine Karikatur-Serie im Schloss Blankensee ausgestellt. „Ich war überrascht, wie gut Mehdorn und Wowereit angekommen sind“, sagt er und lächelt verschmitzt. Eva Schmid

Zur Startseite