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Potsdamer Braumanufaktur: Bier aus Werder in den Havelauen abgefüllt

Die Potsdamer Braumanufaktur verlagert einen Teil der Produktion in die Havelauen. Auch ein Werksverkauf ist möglich.

Von Enrico Bellin

Potsdam/Werder (Havel) - Die Braumanufaktur Forsthaus Templin hat den Namen der Blütenstadt seit Jahren auf den Flaschen ihres bernsteinfarbenen Gebräus nach Werderaner Rezept, einer der elf Biersorten der Potsdamer Braumeister. Nun soll in Werder auch ein Standort der Manufaktur entstehen. Im April soll der Grundstein für eine neue Abfüllanlage gelegt werden, in der einmal bis zu 8000 Flaschen pro Stunde mit Bier gefüllt werden können. „Das sind doppelt so viele Flaschen, wie wir hier am Forsthaus abfüllen können“, sagte Jörg Kirchhoff, der die Manufaktur gemeinsam mit Thomas Köhler leitet, am gestrigen Montag am Rande einer Pressekonferenz des Verbandes Pro Agro im Forsthaus Templin.

Die neue, etwa 1200 Quadratmeter große Halle soll zwischen der Phöbener Straße und der Otto-Lilienthal-Straße entstehen. Die Braumeister planen Investitionen zwischen eineinhalb und zwei Millionen Euro. Die Baugenehmigung liegt zwar derzeit noch nicht vor, soll aber in den nächsten Wochen erteilt werden. „Wir sind da in den letzten Zügen“, so Landrat Wolfgang Blasig (SPD), der als Student selbst in der Dresdner Feldschlößchen-Brauerei gejobbt hat. Sollte die Genehmigung pünktlich kommen, soll die Halle bis November fertig sein. Anschließend wird die neue Abfüllanlage eingebaut, im Mai 2019 soll sie in Betrieb gehen.

Jährlich 20 Prozent mehr Absatz: Potsdamer Braumanufaktur muss mehr abfüllen

Die Erweiterung ist Thomas Köhler zufolge nötig, da der Absatz zuletzt jährlich um 20 Prozent gewachsen sei. Die Anlagen am Forsthaus Templin sind damit an ihrer Kapazitätsgrenze. „Da wir hier in Potsdam im Außenbereich und im Landschaftsschutzgebiet liegen, ist Wachstum kaum noch möglich“, so Köhler. Deshalb soll das Bier künftig mit Tanklastwagen über die A10 nach Werder gefahren werden, wo es dann in Flaschen abgefüllt wird. Die Firma verfügt über einen Tankwagen für 10 000 Liter. Für die Potsdamer Stange, das meistgebraute Bier der Manufaktur, und das helle Bier werde über die Anmietung von Lastwagen mit 25 000 Litern Fassungsvermögen nachgedacht. Damit seien selbst in der Hauptbrauzeit im Sommer nur zwei bis drei Fahrten pro Woche nötig.

Für den Standort in Werder haben sich die Brauer hauptsächlich wegen der günstigen Verkehrsanbindung entschieden: Bis zur Autobahnabfahrt Phöben sind es nur eineinhalb Kilometer. Bisher müssen die Lastwagen vom Forsthaus bis zur Autobahnauffahrt Michendorf etwa zehn Kilometer zurücklegen. Da bis auf die Tankwagenfahrten die gesamte Warenlogistik künftig von Werder aus gesteuert werden soll, verkürzen sich die meisten Wege in Zukunft deutlich.

Neue Halle in Werder wird so groß gebaut, dass ein neuer Braukessel integriert werden könnte

Selbst liefert die Braumanufaktur in einem Umkreis von etwa 30 Kilometern an Gastronomen und kleinere Einzelhändler aus. Dazu wird das Bier bei Getränke Hoffmann, Edeka und Rewe in der Region verkauft. Die Manufaktur, die seit 2005 Bio-Bier braut, ist auch beim Großhandel Terra Naturkost gelistet, der Biomärkte zwischen der Ostsee, Magdeburg und Dresden mit Bier aus dem Forsthaus versorgt. Wie sich das Unternehmenswachstum in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist Köhler zufolge noch kaum absehbar. Die neue Halle in Werder werde aber so groß gebaut, dass dort auch ein neuer Braukessel integriert werden könne. In den kommenden Jahren sei der Einbau aber noch nicht geplant.

Die neue Abfüllanlage wird zunächst nur für wenige Tage pro Woche in Betrieb sein, wenn das Bier nach dem Lagern in die Flasche muss. Jörg Kirchhoff zufolge sind nur zwei zusätzliche Mitarbeiter nötig, derzeit arbeiten sieben Leute in der Braumanufaktur. Die neue Anlage biete auch Kapazitäten für kleinere regionale Brauer, dort ihr Bier abzufüllen. „Wir haben unser Bier bei der Unternehmensgründung eigentlich auch woanders abfüllen lassen wollen, dafür gab es aber nirgends Kapazitäten“, so Thomas Köhler.

Zusammenarbeit mit Spargelbauern und Fischern in der Region soll ausgeweitet werden

Wenn die Anlage in Werder fertig ist, soll die alte am Forsthaus abgebaut werden. Dort könnte dann etwa die Gastronomie erweitert werden, genaue Pläne dazu gebe es aber noch nicht. „Wir prüfen derzeit auch noch, ob wir in Werder einen Werksverkauf oder eine richtige Gastronomie einrichten werden“, sagt Köhler. Derzeit gibt es in den Havelauen, in denen mehr als 2000 Menschen wohnen, nur ein italienisches Restaurant, einen Döner-Imbiss und ein Bäckerei-Café.

Künftig könnten Jörg Kirchhoff zufolge auch neue Kooperationen in Werder und Beelitz entstehen. Kirchhoff ist Vorsitzender der Brandenburger Bierstraße, eines Vereins zur Förderung von Klein- und Gasthausbrauereien. „Wir wollen die Zusammenarbeit etwa mit den Spargelbauern und den Fischern der Region ausweiten“, so Kirchhoff. So könne das lokal gebraute Bier in den Fischerstuben und auf den Spargelhöfen ausgeschenkt werden und im Gegenzug in den Braustuben Spargel und Fisch aus der Region auf der Karte stehen.

Im Verein Brandenburger Bierstraße ist auch das Hotel zum Rittmeister Mitglied, das eine eigene Brauerei betreibt. Im Jahr 2020 will Kirchhoff gemeinsam mit dem Rittmeister das brandenburgische Kleinbrauertreffen in Werder veranstalten, was dann auch die erste größere Veranstaltung in der neuen Halle werden soll.

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Marketingpreis von Pro Agro vergeben

Der Verband Pro Agro hat am Montag im Forsthaus Templin den Marketingpreis 2018 in der Kategorie Ernährungswirtschaft an die Christine Berger GmbH und die Agrargenossenschaft Hoher Fläming vergeben. Die beiden mittelmärkischen Unternehmen haben zusammen ein Sanddorn-Rapsöl entwickelt, das fünf Prozent Sanddornanteil hat. Das Öl eignet sich laut Dorothee Berger, Co-Geschäftsführerin des Petzower Sanddornhofes, besonders für fruchtige Salate. Die Idee dazu sei gekommen, als beide Produkte auf einer Messe nebeneinandergestanden hätten. Auf dem Hof der Bergers in Petzow wird Sanddorn verarbeitet, der auf 150 Hektar Fläche in der näheren Umgebung wächst. Die Agrargenossenschaft Hoher Fläming bewirtschaftet sogar 3300 Hektar Fläche.

Geschäftsführer Florian Schulze zufolge begannen die Fläminger im Jahre 2011 damit, aus ihrem Raps Öl zu pressen – als Treibstoff für Traktoren. „Dann haben wir den Verpächtern mal eine Flasche Öl geschenkt und gemerkt, dass es gut ankommt“, so Schulze. Inzwischen gibt es das Öl aus Rädike nicht mehr nur im Hofladen, sondern auch bei Edeka, wo auch Produkte von Christine Berger erhältlich sind. Laut Hanka Mittelstädt von Pro Agro ist das Sanddorn-Rapsöl ein gelungenes Beispiel für die Kooperation lokaler Akteure. Für den Marketingpreis, der auch für Direktvermarktung und Tourismus vergeben wird, gab es 49 Bewerber. 

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