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Planungsregion Havelland-Fläming: 24 umstrittene Windeignungsgebiete: Investoren wollen Sturm ernten

Die Entstehung neuer Windparks in der Planungsregion Havelland-Fläming rückt immer näher. Dort sollen bis zu 200 Meter hohe Windräder gebaut werden. Jetzt hat die gemeinsame Landesplanung den Regionalplan bestätigt.

Teltow/Beelitz - Zumindest die Entscheidungsträger auf Kreis- und Landesebene sind sich einig, wie es mit der Raumordnung in der Planungsregion Havelland-Fläming zwischen Rathenow und Dahme weitergehen soll: Der Regionalplan Havelland-Fläming ist von der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg genehmigt worden, und mit ihm 24 recht umstrittene neue Windeignungsgebiete. In einer der nächsten Wochen soll der Regionalplan durch die Veröffentlichung im Amtsblatt des Landes Brandenburg rechtswirksam werden, wie es am gestrigen Mittwoch aus der Planungsstelle hieß. Es wird fest mit Klagen gerechnet.

Dennoch sprach der Leiter der Regionalen Planungsstelle in Teltow, Lutz Klauber, am gestrigen Mittwoch gegenüber den PNN von einem Erfolg. „Wir sind die erste Region in Brandenburg, die wieder einen Regionalplan hat, der sich mit Rohstoffen, Siedlungs- und Freiraumentwicklung sowie der Grundversorgung beschäftigt.“ Auch das Thema Windenergie sei neu geregelt. „Wie die Region mit dem Thema umgeht, ist in der Landesregierung offenbar zustimmungsfähig“, sagte Klauber.

Es laufen bereits Genehmigungsverfahren für 24 Windeignungsgebiete

Ein rechtsgültiger Regionalplan bedeute Sicherheit für alle am Thema Windkraft Beteiligten – Gegner wie Befürworter. „Der Plan stellt dar, wo Windparks errichtet werden dürfen und wo nicht und er verhindert Wildwuchs“, so Klauber. Der Planungsstellen-Leiter sprach von einem gelungenen Kompromiss. Dass nicht alle damit einverstanden sind, liege in der Natur der Sache. Wie der Landesentwicklungsplan, werde auch der Regionalplan letztlich einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.

Die Investoren haben sich derweil bereits darauf eingerichtet, welche Standorte für neue Windfarmen halbwegs konsensfähig sind. Für viele der 24 neuen Windeignungsgebiete laufen bereits Genehmigungsverfahren beim zuständigen Landesumweltamt, so auch für das Windeignungsgebiet Reesdorfer Heide zwischen Beelitz-Heilstätten, Fichtenwalde, Borkheide und Borkwalde, für das am gestrigen Mittwoch eine öffentliche Erörterung stattfand. Es war einer der wenigen Anlässe, bei denen die Windkraftgegner, Investorenvertreter und die Behörden direkt aufeinander trafen.

Für das Windeignungsgebiet mit der Nummer 25 gibt es zwei Antragsteller: Einmal ist das die Firma Juwi aus Wörrstadt (Rheinland-Pfalz), die in der Reesdorfer Heide den Bau von 15 Windkraftanlagen beantragt hat. Zum anderen ist es die Forst Reesdorf Projekt GbR in Potsdam, die im Norden des Eignungsgebietes sieben Windräder aufstellen will. Für deren Projektteil fand am gestrigen Mittwoch mit rund 30 Gästen die Anhörung statt.

Windräder mit Nabenhöhe von 137 Metern

Gesellschafter der GbR sind, wie es hieß, Donata Gräfin von Brockdorff und Bernd Schäff, die Projektplanung hat die Notus Energy aus Potsdam übernommen. Wie in vielen der anderen neuen Eignungsgebiete sollen sehr hohe Windräder der neuen Generation in dem Waldgebiet aufgestellt werden. Die Vestas V126 haben eine Nabenhöhe von 137 Metern und Rotoren mit einem sagenhaften Durchmesser von 126 Metern.

So sollen sie weit über den Baumwipfeln den Sturm in Höhen ernten, wo er sehr häufig bläst. Ein Planer sprach von einer mittleren Windgeschwindigkeit von 6,4 Metern pro Sekunde, in zehn Metern Höhe beträgt sie laut Untersuchungen der Universität München in Brandenburg 3 bis 4, selbst in Norddeutschland selten über 5 Meter pro Sekunde.

Größtes Waldgebiet in Brandenburg zerschnitten

Gerade die weithin sichtbaren Höhen der neuen Windräder sind es, die Bürgerinitiativen auf die Palme bringen. Von der Zerschneidung des größten zusammenhängenen Waldgebiets in Brandenburg sprach am gestrigen Mittwoch Winfried Ludwig von der Initiative Waldkleeblatt. Er sieht unter anderem die hier ansässigen geschützten Fledermausarten bedroht.

Zu den Projektkritikern gehören auch die Recura-Kliniken in Beelitz-Heilstätten, die um ihr Ansehen fürchten und die auf die noch laufenden Studien zur Wirkung des Infraschalls auf den menschlichen Organismus verweisen. Zudem gibt es massive Widerstände aus dem Beelitzer Rathaus, dass das komplette Eignungsgebiet mit einer Veränderungssperre belegt hat. Die Forst Reesdorf GbR hat dagegen geklagt und einen Eilantrag zur Aufhebung der Sperre beantragt. Das könnte mit einem wirksamen Regionalplan klappen.

Kriegsmunition und Brandgefahr

Doch auch die zur Erschließung des Eignungsgebietes erforderlichen Waldwege, die auf eine Breite von 4,50 Metern ausgebaut und mit Recyclingmaterial befestigt werden müssen, will die Stadt nicht freigeben. Sie seien zum Teil gar nicht öffentlich gewidmet, wie ein Rathausvertreter gestern sagte.

Der Beelitzer SPD-Kreistagsabgeordnete Thomas Wardin hob gestern zudem die Brandgefahr hervor. Dramatisch könnten sich Brände entwickeln, da es sich um ein stark mit Kampfmitteln belastetes Gebiet handelt. Das weiß auch der Investor, doch die vermuteten Kriegsgranaten müssen wohl nur in den Bereichen beseitigt werden, wo die Windräder aufgestellt werden – für Wardin ein Unding.

Die Forst Reesdorf Projekt GbR kann trotz der fast 500 Einwendungen wohl auf eine Genehmigung hoffen. Der bestätigte Regionalplan unterstreicht den Mehrheitswillen der Politik, die Windenergie in Brandenburg auszubauen. Die Investoren hoffen ungeachtet aller Widerstände, ihre sieben Windräder im Herbst 2016 aufstellen zu können.

Weitere Projekte geplant

Auch andere Projekte sind in der Pipeline, wie es gestern seitens des Landesumweltamtes hieß. So werden derzeit Anträge der jüngst zur Genossenschaft umgewandelten Firma Prokon aus Itzehoe (Schleswig-Holstein) bearbeitet, die neun Windräder im Eignungsgebiet 24 bei Bliesendorf aufstellen will. Drei weitere will die Firma UKA aus Meißen dort errichten, für eins davon gibt es einen positiven Vorbescheid.

UKA will auch drei Windräder im Süden des Eignungsgebiet 26 bei Wittbrietzen aufstellen, ein Erörterungstermin dazu hat bereits im Februar stattgefunden. Nicht zuletzt laufen Genehmigungsverfahren für das Windeignungsgebiet 30 „Genshagener Heide“ südlich von Teltow: Notus Energy will hier zwei Windräder bauen, die Eckernförder Plan 8 im Auftrag der Berliner Stadtwerke fünf.

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