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In den USA sind Fahrradträger an Busfronten seit Jahren Standard.

© Stefan Jakobs

Pläne für die Mittelmark: Mit dem Fahrrad in den Bus?

Die Brandenburger Landesregierung will die Radmitnahme in Zügen und Bussen erleichtern. Bei Regiobus sieht man das skeptisch - auch weil der Platz knapp ist.

Von Enrico Bellin

Brandenburgs rot-schwarz-grüne Landesregierung möchte die Mitnahme von Fahrrädern in Bussen und Zügen erleichtern. So steht es im Koalitionsvertrag. Da in der Mittelmark momentan auch die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes diskutiert wird, möchte die Gemeinschaftsfraktion aus FDP/BiK-BiT/IGH festschreiben lassen, dass ab dem kommenden Jahr außerhalb der Hauptverkehrszeiten in allen Bussen mindestens zwei Fahrräder mitgenommen werden können – und auf touristisch relevanten Linien mindestens zwei Mal täglich Busse mit Fahrradanhängern fahren. Der Antrag wird zum ersten Mal am 11. Februar im Verkehrsausschuss diskutiert. Regiobus und der Vorsitzende des Verkehrsausschusses sehen den Vorstoß jedoch äußerst skeptisch.

Derzeit ist die Fahrradmitnahme den Grundsätzen des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB) zufolge grundsätzlich untersagt, es sei denn, es gibt entsprechend ausgestattete Flächen im Bus. Im Zweifelsfall muss immer der Busfahrer über die Mitnahme entscheiden. Rollstuhlfahrer und Kinderwagen haben stets Vorrang.

In Potsdam ist die Mitnahme möglich

Im Antrag der Gemeinschaftsfraktion wird darauf hingewiesen, dass besonders im ländlichen Raum Menschen auf die Fahrradmitnahme angewiesen sind, da Bushaltestellen nicht immer in der Nähe von Wohn- oder Arbeitsort sind. Zudem wird darauf verwiesen, dass in den Bussen der Potsdamer Verkehrsbetriebe werktags ab 18 Uhr und an Wochenenden die Fahrradmitnahme erlaubt ist, in Straßenbahnen ist sie sogar ganztägig möglich. Schon die Installation von Gepäckbändern an den Flächen in Bussen, die auch für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen gedacht ist, könne laut Antragsbegründung ausreichen, um auch in der Mittelmark die Radmitnahme zu ermöglichen.

Die gibt es bisher nur auf der sogenannten Burgenlinie im Hohen Fläming von April bis Oktober. Dort sind Heckträger an den Bussen montiert. Wie Regiobus-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennig den PNN sagte, wurden dort bei 240 Fahrten im Jahr etwa 40 Fahrräder transportiert. Das sei mit einem Einsatz im täglichen Linienverkehr aber nicht vergleichbar, wenn Radfahrer mit Rollstuhlfahrern oder Menschen mit Kinderwagen, Rollatoren oder größerem Gepäck konkurrieren.

Fahrer müssten "Schiedsrichter" spielen

„Die erfreulicherweise stark gestiegenen Fahrgastzahlen erfordern trotz gestiegener Anzahl von Großraumbussen die volle Konzentration auf die Personenbeförderung“, so Hennig. Es sei den Fahrern nicht zuzumuten, „Schiedsrichter“ zu spielen, wer nun den Bus benutzen dürfe. Zwar werde oft gemutmaßt, dass Radfahrer aussteigen, wenn Rollstuhlfahrer den Platz benötigen. „Davon ist aus der Erfahrung nicht auszugehen“, so Hennig. 

In den neuen Regiobussen sind große Mehrzweckabteile.
In den neuen Regiobussen sind große Mehrzweckabteile.

© Enrico Bellin

Auch könnten die Fahrzeiten der Busse nicht mehr eingehalten werden, wenn die Fahrradmitnahme Alltag würde. Die zeitlich begrenzte Einführung der Mitnahme sei auch keine Lösung, da sich nicht alle Nutzer an die Zeiten halten und die Fahrer dann stets diskutieren müssten.

Fahrradträger wie in den USA sind nicht erlaubt

Auch die in anderen Ländern übliche Fahrradbeförderung mit Trägern an der Front des Busses sei in Deutschland nicht möglich. Deutsche Vorschriften verbieten das Hennig zufolge. So sei die Sicherheit von Fußgängern bei Unfällen mit solchen Bussen nicht gewährleistet. Auch liege die Haftung für Schäden durch die Fahrräder beim Busbetrieb.

Erfahrungen mit Fahrradhalterungen im Bus hat Regiobus bei der Linie 581 zwischen Bad Belzig und Brandenburg/Havel gesammelt. Diese Linie hat ab 2004 Züge ersetzt, weshalb die Busse zunächst auch Fahrräder mitnehmen sollten. „Die Metallträger waren eine ständige nervende Geräuschquelle. Zudem gab es erhebliche Zeitverluste von bis zu zehn Minuten pro Fahrt“, so Hennig. Außerdem nahm die Halterung auch Platz weg, wenn gar kein Fahrrad im Bus war.

"Rollstühle und Kinderwagen sind wichtiger"

Auch Roland Büchner (Bürgerbündnis Schwielowsee), der Vorsitzende des Kreisverkehrsausschusses, ist gegen die grundsätzliche Fahrradmitnahme in Bussen. Die Mitnahme von Kinderwagen und Rollstühlen sei deutlich wichtiger. „Mir ist auch unklar, wie genau sich die Antragssteller die Umsetzung ihres Antrages vorstellen.“ Schließlich sei es schon jetzt eng, wenn etwa mehrere Rollstuhlfahrer gleichzeitig in den Bus wollen.

Roland Büchner, der im Aufsichtsrat von Regiobus sitzt und zudem Ortsvorsteher von Ferch ist fordert vielmehr, dass die Kommunen an den Haltestellen ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder schaffen. In Ferch gibt es an der Buswendeschleife sogar abschließbare Fahrradboxen.

HINTERGRUND 

In der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes, die derzeit in den Ausschüssen diskutiert wird, gibt es drei verschiedene Entwicklungsszenarien. Im Basisszenario wird davon ausgegangen, dass die Fahrgastzahlen von 13 Millionen im Jahr 2017 auf 13,8 Millionen bis 2030 steigen. Dem Szenario liegen Prognosen für die Bevölkerungsentwicklung zugrunde. In den anderen Szenarien werden hingegen Entwicklungsziele vorgegeben: Das mittlere Szenario geht von einem 20-prozentigen Fahrgastwachstum zwischen 2019 und 2024 aus. Im starken Szenario wird von einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen zwischen 2019 und 2030 ausgegangen. Dementsprechend wäre auch das Angebot auszubauen. So sollen die Buslinien, die zum sogenannten Hauptnetz gehören – bis auf die Linien 612 und 621 betrifft das alle Linien innerhalb des Autobahnringes – tagsüber mindestens im Halbstundentakt fahren. An Wochenenden und Feiertagen soll mindestens alle zwei Stunden ein Bus fahren.

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