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Vorbereitung. Douke Eekman pflügt mit Lilly und Margriet den Waldboden. Am Samstag ist er wieder in Borkwalde.

© Andreas Klaer

Pferde im Einsatz: Der große Waldumbau bei Fichtenwalde

Mit Pferden und Traktoren wird um Fichtenwalde der Boden für Tausende Laubbäume bereitet. Grundschüler helfen beim Pflanzen.

Von Enrico Bellin

Fichtenwalde/Borkwalde - Schnaufende Kaltblüter, die im dichten Nebel durch den Kiefernwald stapfen und einen Pflug durch den Waldboden ziehen: Wer am Samstag durch den Wald am Siebenbrüderweg in Borkwalde spazieren ging, hatte gute Chancen, dabei auf Douke Eekman und seine Stuten Lilly und Margriet zu treffen. Auf 3,2 Hektar Fläche bereitet der Holzrücker den Boden von Waldbesitzer Karl Tempel auf die Pflanzung von Laubbäumen im Zuge des Waldumbaus vor. Die Pferde bringt er mit dem Transporter von seinem Hof im 30 Kilometer entfernten Frankenförde, im Wald werden sie vor den Pflug gespannt.

„Das kann man sich aber nicht wie beim Pflügen in der Landwirtschaft vorstellen, da wird nicht der komplette Boden umgehoben“, sagt Eekman den PNN. Mit seinem Forstpflug könne er nur kleine Streifen Bodens vom Bewuchs befreien und eine Furche etwa 30 Zentimeter tief in die Mineralschicht des Bodens einbringen. „Nur in der Mineralschicht finden die Laubbäume, die hier gepflanzt werden sollen, genügend Nährstoffe“, sagt der gebürtige Belgier, der seit 20 Jahren in Brandenburg lebt und in der Mittelmark sowie dem Nachbarlandkreis Teltow-Fläming arbeitet. Außerdem wird dadurch das Grün auf dem Waldboden aufgebrochen. Am Boden liegende Samen von Birken, Eichen oder Kiefern, die sonst kaum Wasser und Licht erhalten, bekommen so die Chance, zu keimen, so der 52-Jährige.

Forstwirt Douke Eekman
Forstwirt Douke Eekman

© Andreas Klaer

Eekman ist der einzige Holzrücker im Landkreis, der noch mit Pferden arbeitet. Nur wenige Hundert Meter von den Borkwalder Flächen entfernt hat Martin Schmitt, der Beelitzer Stadtförster, der auch den Wald von Karl Tempel betreut, den Waldboden vor einigen Tagen herkömmlich mit dem Traktor so vorbereitet, dass am Donnerstag und Freitag Grundschüler aus Fichtenwalde und Beelitz insgesamt 7000 Laubbäume pflanzen konnten – Traubeneichen, Hain- und Rotbuchen sowie Ebereschen.

Natürlich sei der Einsatz der Pferde ökologisch: Während beim Pflügen mit dem tonnenschweren Traktor der Waldboden verdichtet wird und Baumwurzeln verletzt werden, schadet das leichtere Pferdegespann dem Waldboden kaum. Aber: „Die Kapazitäten sind nicht da, Herr Eekman als einziger Rücker arbeitet ja auch nur noch nebenberuflich“, so Schmitt. Tatsächlich kam Eekman einst als hauptberuflicher Holzrücker in die Mittelmark und machte sich selbstständig. Doch nach der Forstreform gab es keine größeren Aufträge mehr, er bearbeitet meist nur Flächen, wo ein Traktor kaum rankommt. Deshalb ist er nun hauptberuflich bei einem Landwirt in Rieben angestellt und arbeitet nur halbtags oder an Wochenenden mit den Pferden.

Durch die vom Traktor oder Kaltblut gezogenen Furchen wissen Förster wie Martin Schmitt, wo die jungen Bäume stehen, und mäht sie nicht mit ab, wenn das Gras am Waldboden geschnitten wird. Das muss sein, da sich das lange Gras im Herbst sonst auf die jungen Bäume legen und sie erdrücken würde, so Schmitt.

Künftig soll dieses Problem geringer werden: Durch den Waldumbau, den Ersatz der Kiefernmonokulturen durch Mischwälder, soll es auch weniger Bodenbewuchs geben. „Die abgefallenen Blätter der Laubbäume sorgen dafür, dass weniger Gras am Boden wächst“, sagt der Stadtförster. Das hilft auch beim Brandschutz: Waldbrände breiten sich häufig durch trockene Gräser aus. Zudem ist es in Mischwäldern im Sommer einige Grad kühler als in Kiefernmonokulturen, da die Blätter die Sonne besser abhalten und mehr Verdunstungskälte entsteht.

Und selbst für den Grundwasserspiegel sind Mischwälder besser, wie Messungen in Chorin (Barnim) ergeben haben: In Kiefernwäldern ist der Boden 30 bis 40 Prozent trockener. „Das liegt unter anderem daran, dass die Kiefern auch im Winter Wasser verbrauchen und in ihrer Krone viel Regenwasser hängen bleibt“, sagt Martin Schmitt. Von Laubblättern hingegen tropft das Wasser auf den Boden. Deshalb habe er das Ziel, dass rund um Beelitz einmal 30 Prozent Laubwald stehen. Trotz des jetzt begonnenen Waldumbaus wird das aber noch Jahrzehnte dauern – auch, weil Waldumbau teuer ist und der Holzpreis derzeit auf einem Langzeittief ist, je nach Holzart sind die Preise durch ein Überangebot an Holz auf die Hälfte bis zu einem Viertel des langjährigen Durchschnitts gefallen.

Die Setzlinge von Traubeneiche, Hain- und Rotbuche sowie Eberesche sehen unscheinbar aus, 90 Prozent von ihnen werden dem Stadtförster zufolge wahrscheinlich anwachsen.
Die Setzlinge von Traubeneiche, Hain- und Rotbuche sowie Eberesche sehen unscheinbar aus, 90 Prozent von ihnen werden dem Stadtförster zufolge wahrscheinlich anwachsen.

© Andreas Klaer

Für den Waldumbau in der Region setzt sich auch die Bürgerinitiative Naturwald ein. Die Initiative hatte auch die Idee zu den Baumpflanzungen durch die Schüler. „Wir haben uns im Sommer zum Protest gegen den Insektizideinsatz gegründet und wollen jetzt weiter aktiv bleiben“, sagt die Vorsitzende Daniela Herstowsky den PNN. Denn die Schadinsekten, gegen die im Sommer das Gift „Karate Forst“ versprüht wurde, haben es in Mischwäldern schwerer als in Monokulturen. Die Idee, dass die Schüler aus den dritten bis sechsten Klassen beim Waldumbau mithelfen, sei naheliegend gewesen. So könnten sie die Natur auch praktisch erfahren. Die Schulleitungen waren schnell einverstanden und die Stadt, der die etwa 1,5 Hektar große Waldfläche im Westen von Fichtenwalde gehört, zahlt die gut 3000 Euro, die die Bäume kosten. Den Kindern macht es sichtbar Spaß: „Wir haben im Unterricht schon gelernt, die Bäume anhand der Blätter zu unterscheiden“, sagt die Viertklässlerin Laylani. Jetzt sei es toll, die Eichen auch selbst in den Boden setzen zu können. Rund 80 Schüler waren am Freitag ab 8.30 Uhr im Wald, um elf Uhr waren alle Setzlinge eingepflanzt.

Mit den sie umgebenden Bäumen haben die Schüler im vergangenen Jahr auch negative Erfahrungen sammeln müssen: Wie berichtet gab es nahe Fichtenwalde einen der größten Waldbrände der Region, der Ort hätte fast evakuiert werden müssen. Da der Brand in den Schulferien war, war Laylani wie die meisten ihrer Mitschüler zur Brandzeit zwar nicht im Ort. „Aber es hat noch lange nach Rauch gerochen“, so die Neunjährige.

Um besser auf Waldbrände vorbereitet zu sein, wurden in diesem Jahr bereits fünf Brunnen rund um Fichtenwalde gebohrt. Fünf weitere sollen 2020 folgen. Denn die Trockenheit in der Region bleibt, trotz des vielen Regens der vergangenen Wochen. Um das zu demonstrieren, nimmt Martin Schmitt am Freitag einen Spaten in die Hand und hebt ein etwa 30 Zentimeter tiefes Loch aus: Während die obersten Zentimeter noch satt dunkel und gut durchfeuchtet sind, ist am Boden des kleinen Loches schon trockener heller Krümelsand. „Wir bräuchten noch mehrere Monate Dauerregen, damit die Trockenheit von 2018 wieder ausgeglichen wird“, so der Stadtförster.

Die andauernde Trockenheit macht auch Douke Eekman und seinen Kaltblutstuten zu schaffen: „Der trockene Boden ist härter, man kommt einfach schwieriger durch.“ Knapp einen Hektar schaffe er so am Tag. Obwohl er schon am Donnerstag vor Ort war, werde er deshalb auch am Samstag nicht fertig und muss später wiederkommen. Ein Gutes hat der Klimawandel dann aber doch für ihn: Der Waldboden gefriert nicht mehr. „Ich kann jetzt das ganze Jahr über arbeiten.“

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