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Auf der "Pappagalli"-Station in Kloster Lehnin leben derzeit etwa 70 Papageien. Darunter viele Gelbbrust-Aras.

© Andreas Klaer

Papageienstation in Kloster Lehnin: Die Rettung der Exoten

Verstört, zerrupft und mit Atemnot: Die Aras und Kakadus der neuen Papageienschutzstation bei Kloster Lehnin haben Schlimmes erlebt. In Rädel erholen sie sich wieder. Ein Besuch.

Von Eva Schmid

Kloster Lehnin - Es ist so lange ruhig, bis die Autotür aufgeht. Dann geht ein ohrenbetäubendes Gekrächze los, wer genau hinhört, erkennt Wortfetzen, im Hintergrund hört man leise das Weihnachtslied „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ – gesummt von einer grünen Papageiendame. Man ist angekommen, in der neuen Papageienschutzstation Pappagalli in Rädel bei Koster Lehnin, die am heutigen Samstag Eröffnung feiert.  In großen Volieren unter hochgewachsenen Kiefern fliegen die meisten der 70 Papageien aufgeregt umher. Unter ihnen prachtvolle Exemplare, wie der tiefblaue Hyazinth-Ara. Wer näher an die Käfige geht, sieht, dass viele Tiere eine leidvolle Geschichte hinter sich haben. Ihr Gefieder ist zerrupft, stellenweise kahl, manche von ihnen können nicht mehr fliegen. Die Flugfedern wurden ihnen herausgerissen oder sie haben zu lange in einem zu kleinen Käfig verbracht. 

Tag und Nacht holt Kathrin Klaßen ausgesetzte Papageien ab

Kathrin Klaßen, die Chefin der Papageienstation, kennt viele grausame Geschichten. Sie wird regelmäßig von den Veterinärämtern in Brandenburg und Berlin angerufen, wenn es um ausgesetzte Papageien geht. Etliche Aras hat sie bereits aus Küchen herausgeholt, ausgesetzte Kakadus von Balkonen gerettet oder verzweifelten Halter ihre aggressiv gewordenen Vögel abgenommen. „Oft werden sie abgegeben, wenn sie geschlechtsreif werden“, erzählt die 49-Jährige. Auch Papageien kommen in die Pubertät und können anfangen zu kratzen oder zu beißen. „Ihnen fehlt der Partner.“ 

Chefin Kathrin Klaßen und ihr Lieblingsvogel, ein seltener Hyazinth-Ara. 
Chefin Kathrin Klaßen und ihr Lieblingsvogel, ein seltener Hyazinth-Ara. 

© Andreas Klaer

Vier Jahre lang wurde die Station aufgebaut

Den hat Klaßens erster Graupapagei, den ihr Mann ihr vor Jahren schenkte, ziemlich schnell bekommen. Klaßen hatte zuvor wenig Kenntnis über die richtigen Haltungsbedingungen. Sie las sich ein, errichtete zusammen mit ihrem Mann eine erste Außenvoliere. Der Grundstein für die Papageienschutzstation war gelegt – mitten in ihrem weitläufigen Garten. In den vergangenen vier Jahren haben die Klaßens schrittweise die Station für mehr als 55 000 Euro ausgebaut, das Projekt haben sie dank einer Landesförderung und Spenden finanziert.  Die Frau mit den langen braunen Haaren ist auch Chefin der gemeinnützigen Kubus GmbH. Sie macht Projekte mit Langezeitarbeitslosen, ihr Unternehmen ist auch in der Jugendhilfe aktiv. Unter anderem hat Klaßen und ihr Team bunte Taschen genäht, die jeder Michendorfer Familie, die Zuwachs bekommt, als Babybegrüßungsset vom Michendorfer Rathaus überreicht wird. 

Die Arbeit mit den Papageien würde laut Klaßen gut in das Konzept ihrer Beschäftigungswerkstatt passen. „Wenn es um Tiere geht, sind viele unserer Teilnehmer sehr motiviert.“ Daher kam die Idee, die Papageienschutzstation mit dem Unternehmen zu integrieren. Mittlerweile hat es Klaßen geschafft, zwei Beschäftigte anstellen zu können, und dann seien da noch „ Herr und Frau Klaßen“, die die restliche Arbeit mit den Vögeln erledigen. Das ist viel, Urlaub ist nicht drin. Die dünne Personaldecke sei auch der Grund, warum die Station nur nach Absprache für Besucher offenstünde – mit Ausnahme am heutigen Samstag.  Stolz läuft Kathrin Klaßen an den Volieren vorbei, in der Hand hält sie ihr Handy. Immer wieder kommen Angestellte auf sie zu, fragen, was gemacht werden soll. Klaßen antwortet geduldig, dann wendet sie sich wieder ihren Tieren zu. Spricht mit ihnen, beobachtet sie und nähert sich ihnen sehr vorsichtig. Viele von ihnen sind zutraulich, auf die Schulter dürfen sie trotzdem nicht. „Sonst wollen das alle und ich komme gar nicht mehr zum arbeiten“, sagt Klaßen und lacht. Sie ist nicht nur stolz, dass die Exoten, die ursprünglich aus den Tropen und Subtropen kommen, jetzt so schöne Volieren und beheizte Schutzhäuser haben. 

Aus Frust haben sich die Papageien die Feder herausgerissen, ein deutliches Zeichen von schlechten Haltungsbedingungen.
Aus Frust haben sich die Papageien die Feder herausgerissen, ein deutliches Zeichen von schlechten Haltungsbedingungen.

© Andreas Klaer

Back to the roots: Ein Leben fast wie in der freien Wildbahn

Sie ist auch stolz auf sich, dass sie die Tiere so gut wieder aufgepäppelt hat. Kamen die meisten zerrupft bei ihr an, sind bei manchen bereits wieder Federn nachgewachsen. Viele der Tiere sind weniger aggressiv, weil sie jetzt mit Artgenossen zusammen sind. „In der Gruppe verlernen sie auch das Sprechen, das ihnen vorher antrainiert wurde.“ Sie haben sich an das Körnerfutter, das Obst und Gemüse gewöhnt, das es täglich in der Papageienstation gibt. Viele verschmähten es anfangs, „sie durften bei ihren Haltern mit am Tisch essen“ und hätten Schnitzel oder Käsestückchen bekommen. Für die Papageien ist das Leben in Rädel ein bisschen so, wie in der freien Wildbahn – auch wenn die Zuchttiere die niemals kennengelernt haben.  Alle Tiere müssen bei ihrer Ankunft zunächst in die Quarantänestation. Gibt der Tierarzt grünes Licht, darf der Papagei zu seinen Artgenossen. Nach der Ankunft muss Klaßen häufig mit den Tieren inhalieren, Rauch und Küchendämpfe haben ihrer Lunge zugesetzt. Die gesunden Tiere vermittelt Klaßen nicht weiter, sie sollen in Rädel so viel Freiheit wie möglich genießen. Bis an ihr Lebensende – das kann noch bis bis zu 60 Jahre dauern.

Zum heutigen Papageienfest werden zwischen 14 und 18 Uhr allerlei Attraktionen geboten. Gefeiert wird in Rädel, Am Gohlitzsee 3

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