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Potsdam-Mittelmark: Originalgetreu und doch modern

Die Sanierung der Werderaner Bismarckhöhe ist ein schwieriger Spagat

Werder - Als eine gelungene Synthese von originalgetreuer Architektur und zeitgemäßer Technik soll sich die sanierte Bismarckhöhe zum Werderaner Baumblütenball im kommenden Frühjahr präsentieren. Über diesen Spagat berichtete der leitende Architekt Norbert Seidel am Mittwochabend auf einer Veranstaltung des örtlichen Heimatvereins vor etwa 100 Gästen.

Das Ziel ist ehrgeizig: Nur noch ein gutes halbes Jahr bleibt Zeit, dann soll im großen Saal erstmals der traditionelle Baumblütenball stattfinden. Die reich verzierte Stuckdecke ist bereits restauriert, die Wände sind verputzt. Nun ist der Fußboden an der Reihe. Einst gab es hier einen Absatz, auf dem die Tische und Stühle entlang der Fenster erhöht über der Tanzfläche standen. Darauf wird nun aus Gründen der Funktionalität verzichtet. Unteschiedliches Material markiert den einstigen Absatz: In der Mitte Eichenparkett, an den Seiten Kieferndielung. So sind für den Saal mindestens acht verschiedene Bestuhlungsvarianten möglich: Für den Baumblütenball mit 550 Gästen, aber auch für Bankette, Konzerte oder Modenschauen.

Für das gute Klima wird ein modernes Belüftungssystem sorgen. Vor hundert Jahren sei die Praxis noch sehr einfach gewesen, berichtete Seidel. Durch die geöffneten Fenster wurde frische Luft in den Saal der Bismarckhöhe gelassen. Durch drei Rosetten in der Stuckdecke zog die verbrauchte Luft wieder heraus. Es habe anscheinend funktioniert, doch heute sei das System nicht mehr praktikabel: Allein deshalb, weil das Amt für Emissionsschutz fordere, die Fenster geschlossen zu halten, um Lärmbelästigung für die Umgebung auszuschließen. Künftig wird die Luft deshalb in den Fensternischen unter den Heizkörpern eingeblasen und über mächtige Rohre durch die Rosetten wieder abgesaugt. Für die richtige Wärme sollen neben den Heizkörpern auch eine moderne Fußbodenheizung und Thermofenster sorgen. Möglicherweise könne ein historisches Fenster zur Anschauung originalgetreu aufgearbeitet werden, so der Architekt.

Ein Kompromiss muss auch für die Beleuchtung gefunden werden. Sehr gut sind die drei mächtigen Kronleuchter auf alten Bildern zu erkennen. Sie sollen nach alten Vorlagen wieder entstehen, doch dafür fehlt bisher das Geld. Ohnehin würden sie den großen Saal nur spärlich ausleuchten. Deshalb werden an den Wandpfeilern jetzt möglichst unauffällige Strahler angebracht. „Das Licht wird nach oben geworfen und kann in Helligkeit und Farbe, je nach Anlass, variiert werden“, erläuterte Seidel. Bei vielen technischen Details habe man sich an den Erfahrungen mit dem Potsdamer Nikolaisaal orientiert.

Auch die mit Säulen und anderen Motiven bemalte Kulissenwand an der Bühnenseite soll es wieder geben. Dahinter kann viel von der modernen Technik untergebracht werden. Das erhalten gebliebene Bühnenbild wird derzeit von zwei Studentinnen untersucht, um festzustellen, wie es restauriert werden kann.

Es sei enorm, was in kurzer Zeit schon alles geschafft wurde, sagte der Vorsitzende des Heimatvereins, Baldur Martin. Im Jahr 2002 hatte die Stadt die Traditionsgaststätte erworben, um sie als Wahrzeichen mit Millionenaufwand zu sanieren. Bis 1943 sei die Bismarckhöhe ein viel besuchtes Ausflugsziel und ein wichtiger gesellschaftlicher Treffpunkt für die Werderaner gewesen, berichtete Achim Risch vom Freundeskreis Bismarckhöhe. Zum Kriegsende wurde hier ein Lazarett eingerichtet. Bis 2002 folgten Jahrzehnte der Zweckentfremdung und des Verfalls. Zur Unterstützung der Sanierung wurde vor zweieinhalb Jahren der Freundeskreis Bismarckhöhe gegründet. Ihm gehören heute 130 Mitglieder an.

Speziell kümmert sich der Freundeskreis um die Sanierung des Aussichtsturms direkt neben dem großen Saal. Der Zahn der Zeit und hemmungslose Vandalen hatten ihn fast vollständig zerstört. Jetzt ragt er wieder in die Höhe mit dichtem Dach, einem neuen Treppenhaus und einer Ausstellung über die Geschichte der Bismarckhöhe, für die immer noch historische Einrichtungsgegenstände gesucht werden. Davon hatte auch der Werderaner Erhard Schulz gehört, der am Mittwochabend einen Original-Gaststättenstuhl übergab. Viele Jahre diente er als Sitzgelegenheit im Garten der Familie. Im kommenden Jahr, so kündigte Freundeskreis-Vorsitzender Dieter Mantz an, soll im Turm zudem einen Dauerausstellung zu Christian Morgenstern, der in Werder seine Galgenlieder schrieb, eröffnet werden (PNN berichteten).

Nicht mehr zu retten war der historische kleine Saal der Bismarckhöhe. Er musste kürzlich abgerissen werden. Er könnte maßstäblich durch ein modernes Gebäude aus Glas und Stahl ersetzt werden, schlug Architekt Seidel vor. Diese Gebäude würde Platz bieten für eine Gaststätte mit herrlichem Blick auf das Havelland. Auch darüber wird zu reden sein, wenn sich Vertreter der Stadt, des Freundeskreises und der neue Pächter Ronny Pietzner (PNN berichteten) demnächst treffen, um über das Nutzungskonzept für die Bismarckhöhe zu beraten.

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