zum Hauptinhalt
Das Traditionslokal Waldschänke.

© Manfred Thomas

Online-Befragung: Jeder fünfte Stahnsdorfer stimmt zur Waldschänke ab

Noch bis zum 24. Februar kann online abgestimmt werden. Bürgermeister Bernd Albers (BfB) kündigt weitere Befragungen an.

Von Eva Schmid

Stahnsdorf - Es sind große Versprechen, die Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) am Donnerstag im Rathaus vor der Presse verkündet. „Um es mit den Worten von Willy Brandt zu sagen, wollen wir in Stahnsdorf künftig mehr direkte Demokratie wagen“. Vom 27. Januar bis zum 24. Februar sind 12840 Stahnsdorfer ab 16 Jahren dazu aufgerufen, online über die Zukunft der Traditionsgaststätte Waldschänke abzustimmen. Mit Stand Donnerstagmittag haben bereits 2109 Stahnsdorfer abgestimmt, das entspricht rund jedem fünften Wahlberechtigten. Albers hofft, dass am Ende der Abstimmung rund ein Viertel der Wahlberechtigten online ihr Kreuz gemacht haben werden.

Albers will Entscheidungsprozesse beschleunigen

Um die seit zwei Jahren leerstehende Waldschänke nicht länger verfallen zu lassen, kam Albers auf die Idee, die Stahnsdorfer zur Zukunft der kommunalen Immobilie zu befragen. Die Suche nach einem Nachfolgepächter war erfolglos, in der Gemeindevertretung gab es bisher keinen Konsens, was mit dem Haus passieren soll. Jetzt sollen die Stahnsdorfer entscheiden.

So jedenfalls will es Bürgermeisters Albers und verkauft das Ganze als direkte Demokratie. Sein Ziel: Er will „Entscheidungsprozesse in der Gemeindevertretung beschleunigen“. Die Befragung würde den Gemeindevertretern eine Entscheidungshilfe sein. „Es geht darum, ob man als Vertreter der Wahlberechtigten das umsetzt, was gewünscht wird.“ Albers spricht von der „Überzeugungskraft des Ergebnisses“ und steigert damit den politischen Druck.

Bernd Albers (BfB), Bürgermeister von Stahnsdorf mit Polyas-Sprecherin Anna-Maria Palzkill.
Bernd Albers (BfB), Bürgermeister von Stahnsdorf mit Polyas-Sprecherin Anna-Maria Palzkill.

© Eva Schmid

Doch um direkte Demokratie handelt es sich bei der Online-Befragung nicht. Das Ergebnis ist nicht bindend, die Gemeindevertreter können auch gegen das Bürgervotum entscheiden. Auch ist unklar, ob der Wunsch der Stahnsdorfer finanziell durch die Gemeinde gestemmt werden kann. Im Nachgang der Befragung sollen die Kosten geprüft werden.

Zwölf mögliche Nutzungsarten zur Auswahl

Die Auswahl der Möglichkeiten ist groß: Wer an der Umfrage teilnimmt kann zwölf Nutzungsarten ankreuzen, Mehrfachnennungen sind möglich. Zur Wahl stehen die Optionen: Bibliothek, Bürgerhaus, Café/Bar, Galerie, Gaststätte, Freizeiteinrichtung für die Jugend, Kita, Marktplatz, Seniorentreff, Studentenwohnheim, Kleinkunstbühne und Vereinshaus. Angekreuzt werden kann aber auch, dass die Immobilie verkauft werden soll, oder dass keiner der genannten Vorschläge den eigenen Vorstellungen entspricht. Erstellt hat das Onlinevoting das Unternehmen Polyas mit Sitz in Kassel und Berlin. Die Firma bietet ihren Kunden Online-Wahlsoftware an, Stahnsdorf ist der erste kommunale Kunde des Unternehmens. Rund 30 000 Euro hat sich Stahnsdorf das Projekt kosten lassen, ein Großteil davon sind Entwicklungskosten. Der Rahmenvertrag über sechs Monate würde weitere Abstimmungen möglich machen. 

Die nächste Online-Befragung soll für Kinder und Jugendliche sein. Abgefragt werden soll, was sie sich für ihre Freizeit wünschen, was ihnen in Stahnsdorf gefällt, was fehlt oder weniger gut ist. Auch plant Albers im Laufe der Entstehung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, das bis Frühjahr 2021 stehen soll, die Bürger online abstimmen zu lassen.

Als nächstes sollen Kinder und Jugendliche befragt werden

Für die erste Befragung hat das Rathaus an die Wahlberechtigten einen Brief geschickt, darin standen eine Wähler-ID und ein Passwort. Die Zugangsdaten sollen ein Leben lang gelten oder zumindest so lange, wie der Wahlberechtigte in Stahnsdorf gemeldet ist. Über einen Link gelangt man im nächsten Schritt zur Befragung. Diese sei rechtssicher, erklärte Polyas-Sprecherin Anna-Maria Palzkill. Das bedeute, dass die im Grundgesetz verankerten Wahlgrundsätze eingehalten werden: Eine Wahl muss allgemein, unmittelbar, frei, geheim sein und jede abgegebene Stimme zählt gleich viel. Um sich vor Manipulationen zu schützen, hat sich Polyas durch das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik zertifizieren lassen. Das ist laut Polyas ein Alleinstellungsmerkmal der Firma. Albers habe das Unternehmen verpflichtet, damit das Ergebnis durch Kritik an der Methode hinterher nicht angezweifelt wird.

„Wenn die Onlinewahl sicher, niedrigschwellig, barrierefrei und nachvollziehbar ist, dann ist das eine gute Befragung“, so Oliver Wiedmann vom Verein Mehr Demokratie Berlin-Brandenburg gegenüber den PNN. Noch besser wäre es, sie zusätzlich auch in Papierform anzubieten. Dass Albers mit direkter Demokratie wirbt, findet er nicht problematisch.

Zur Startseite