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Ist das Kunst oder kann das weg? Über die Villa, die Landwirt Albert Pardemann 1910 errichten ließ, streiten sich Stahndorfer Gemeindevertreter, Bürger und eine Berliner Künstlergruppe seit mehr als einem Jahr. Ein neues Gutachten soll zeigen, wie viel das Haus aktuell noch wert ist und wie teuer eine Sanierung wäre.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Noch einmal ohne Gefühl

Stahnsdorf will Diskussion um die Villa in der Ruhlsdorfer Straße 1 neu aufrollen – diesmal ganz sachlich

Stahnsdorf - Nach dem überraschenden Gemeindebeschluss, die Villa in der Ruhlsdorfer Straße 1 vorerst nicht mehr zum Verkauf anzubieten, herrscht bei den bisherigen Interessenten Ratlosigkeit. Was nun mit der Immobilie geschehen soll und wann die nächsten Schritte zu erwarten sind, ist vollkommen offen. „Die Debatte ist bisher sehr emotional geführt worden“, erklärte Michael Grunwaldt (BfB), Vorsitzender der Gemeindevertretung auf PNN-Anfrage. Der Neustart biete nun die Gelegenheit, das Thema sachlicher anzugehen.

Die Debatte um die über 100 Jahre alte Villa am Ortseingang hatte im September 2016 begonnen, nachdem die letzten Mieter ausgezogen waren. Seitdem hatten sich mehrere Interessenten für das Haus gefunden, darunter der Landkreis Potsdam-Mittelmark, der das Gebäude als Sitz der Kreisvolkshochschule nutzen wollte. Laut einem Gutachten des Landkreises hätten sich die Kosten für einen entsprechenden Umbau allerdings auf mehr als eine Million Euro belaufen, weshalb der Landkreis das Gebäude abreißen und einen neuen Verwaltungsbau errichten lassen wollte.

Auch die Gemeinde hatte vor rund einem Jahr ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dabei waren die Sanierungskosten mit rund 500 000 Euro beziffert worden. Bevor nun weiter über die Villa diskutiert wird, soll ein weiteres Gutachten erstellt werden, sagte Grunwaldt. Es sollen sowohl der Wert der Immobilie als auch die Sanierungskosten für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten neu berechnet werden. Bisher war der Verkaufspreis mit 130 000 Euro aus Sicht vieler Gemeindevertreter deutlich zu niedrig angesetzt gewesen.

Beim Landkreis reagierte man auf die Nachricht, dass das Gebäude vorerst doch nicht mehr zum Verkauf stehe, gelassen. Die Kreisvolkshochschule brauche nicht sofort neue Räume und sei nicht auf den Standort festgelegt, sagte Kreissprecher Kai-Uwe Schwinzert. „Wir gucken jetzt ohne Druck nach Alternativen.“ Indra Kühlcke, Leiterin der Kreisvolkshochschule, zeigte sich überrascht vom Gemeindebeschluss, will sich aber aus weiteren Diskussionen um die Villa heraushalten, wie sie erklärte.

Außer dem Landkreis hatten sich die Künstlergruppe Art Event und der Berliner Immobilienmakler Klaus Mayer für Villa und Grundstück interessiert. Bürgermeister Bernd Albers (BfB) hatte mehrfach betont, dass er den Landkreis als Käufer favorisiere. Da sich viele Bürger und Gemeindevertreter speziell für den Erhalt der historischen Bausubstanz einsetzten, hatte Albers für seine Idee jedoch zuletzt keine Unterstützer mehr gefunden.

Klaus Mayer würde die Villa für eine betreute Senioren-Wohngemeinschaft nutzen wollen. Allerdings würde er auch beim Verkauf an den Landkreis profitieren, da ihm das Nachbargrundstück der Ruhlsdorfer Straße 1 gehört. Dieses hätte der Landkreis gebraucht, um Parkplätze für die Besucher der Volkshochschule zu schaffen. Voraussichtlich werde er das Grundstück aber nun in Kürze an einen Interessenten verkaufen, der dort Wohnhäuser bauen wolle, sagte Mayer.

Künstlerin Frauke Schmidt-Theilig hatte in der Villa ein Kulturzentrum mit Atelierwohnungen im Obergeschoss einrichten wollen. Die Gemeinde hatte ihr Kaufangebot jedoch bereits vor Monaten abgelehnt. Zuvor hatte die Künstlergruppe Art Event mehrere Protestaktionen gegen einen Abriss der Villa gestartet, unter anderem eine zweiwöchige Ausstellung, die darauf aufmerksam machen sollte, dass sich das Gebäude gut für eine kulturelle Nutzung eigne. Ob in Zukunft weitere Aktionen erfolgen sollen, konnte Schmidt-Theilig nicht sagen. „Momentan ist bei mir ein klein bisschen die Luft raus“, so die Künstlerin.

In der Vergangenheit hatte es von Gemeinde-Seite auch Pläne gegeben, die Villa als Bürgerhaus zu nutzen. Zuletzt war dafür dann ein anderes Gebäude in den Fokus gerückt: die Waldschänke, deren langjähriger Pächter zum Jahresende kündigte. Diese Idee ist jedoch wieder vom Tisch, da die Gaststätte nicht ausreichend Platz geboten hätte und sich viele Bürger für einen Erhalt als Gastronomiestandort aussprachen.

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