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Potsdam-Mittelmark: Nicht jeder wird freiwillig zahlen

MWA will allein in Stahnsdorf 800 000 Euro von Altanschließern kassieren / Initiative erwägt Klage

Stahnsdorf - Es hörte sich nicht nach einem Kompromiss an, was Waltraud Lenk von der MWA (Mittelmärkische Wasser- und Abwasser GmbH) zum Thema Altanschlüsse am Donnerstagabend auf der Informationsveranstaltung der Stahnsdorfer Wählergruppe Bürger für Bürger (BfB) verkündete: Differenzierte Beitragsbescheide, wie sie der WAZ Nieplitz kürzlich anregte (PNN berichteten), werde es für die Region Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow nicht geben. Die Voraussetzungen seien nicht identisch, begründete Lenk. Beispielsweise sei das Netz der Beelitzer Altstadt anders strukturiert als in einigen Siedlungen des Nieplitzer Verbandes, die nach 1990 errichtet wurden und in denen die neuen Anlagen nur Neuanschließern zugute kämen. Lenk: „Das greift hier in der Region nicht.“

Mit Erstaunen vernahmen die rund 40 Zuhörer, die zu der Veranstaltung gekommen waren, dass die Abwasseranlagen aus DDR-Zeiten keinen Wert mehr hatten, als der neugegründete Zweckverband sie 1990 übernahm. Die Anlagen waren zuvor noch Volkseigentum, was an die Gemeinden und von dort an die Verbände übertragen wurde, erklärte Lenk: „Die Anlagen waren da schon alle abgeschrieben.“

Zwar ist den Stahnsdorfer Altanschließern noch kein Erhebungsbogen für den Beitragsbescheid zugesandt worden, aber seit den Protesten im Teltower Ortsteil Seehof sorgen sich auch in der Nachbargemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow viele Anwohner. Für Stahnsdorf beläuft sich die Grobkalkulation der Beiträge auf rund 880 000 Euro, davon müssen 480 000 Euro von kommunalen Einrichtungen aufgebracht werden. Im Haushaltsplan der Gemeinde sind dafür noch keine Mittel eingestellt. Etwa 300 private Grundstücke sind allein in Stahnsdorf betroffen, informierte Lenk. „Aber wir rechnen im Verbandsgebiet nicht mit Einnahmen in Millionenhöhe, da wird nicht jeder freiwillig zahlen“.

Ihre Vermutung bestätigten auch die Redebeiträge, besonders kämpferisch gaben sich Vertreter der Bürgerinitiative „Wir in Seehof“. So widersprach Wolfgang Köhn der Argumentation der MWA, wonach die Landesregierung Druck auf die Verbände ausübe, ihre gesetzlichen Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. „Der Verband ist nicht in der Opferrolle, er hat auch die Möglichkeit seine Satzung zu ändern, wie beispielsweise der Verband in Fürstenwalde“, so Köhn. Zudem warben die Teltower für den Weg einer Musterklage.

Einen Anwalt hatten sie gleich mitgebracht, der kündigte an, die Satzung des Verbandes zu prüfen, die auf einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes basiert. Rund 100 Bürger will die Initiative zusammentrommeln, um die Summe von 10 000 Euro aufzubringen, die der Anwalt kostet. Da auch Wohnungsgesellschaften und größere Unternehmen betroffen seien, kämen sicherlich noch mehr Klagen hinzu, hofft die Initiative.

Nachfragen zum Thema Musterklage blockte jedoch Moderator Gerold Maelzer (BfB) ab – zum Verdruss der anwesenden Bürger. Maelzer befand, dass diese Details den Rahmen der Veranstaltung sprengen würden. Das sorgte auch für Unverständnis bei Rechtsanwältin Monika Kröger: Es wäre doch interessant gewesen, ob der Verband bei der Musterklage mitgehen würde, meinte die Stahnsdorferin. Sie sehe mehr Chancen darin, das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes anzufechten als die Satzung. „Die Kuh ist nicht vom Eis, wenn die Satzung gekippt wurde. Hernach wird eine neue gebastelt“.

Allerdings seien die Hürden für eine Klage bis vor das Bundesverwaltungsgericht hoch. Finanziell könnte das Prozessrisiko im Falle eines Grundstückes von 500 Quadratmetern etwa 4000 Euro betragen, denen allerdings ein Beitrag von 1500 Euro gegenüberstehe – eine wesentlich geringere Einbuße. „Die Betroffenen sollten aber auf jeden Fall Widerspruch einlegen“, rät Anwältin Kröger.

Kirsten Graulich

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