Potsdam-Mittelmark: Neue Schule gefährdet Ausbau an Lindenhof-Campus Trotz akuter Platzprobleme sind die Stahnsdorfer uneins darüber, wo neue Klassen entstehen sollen

Stahnsdorf - Alle Reserven sind ausgereizt. In der Stahnsdorfer Zille-Grundschule herrscht akute Raumnot. Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl der Grundschüler von 460 um knapp 100 erhöht. Ausgelegt ist die Schule für drei Züge, doch in fast allen Klassenstufen gibt es mittlerweile vier, sagt Schulleiterin Anke Rettig. Fachräume für den Musik- und Kunstunterricht mussten in Klassenräume umfunktioniert werden, auch für den Hort vorgesehene Räume sind dauerhaft belegt. Das reißt neue Löcher. Mit Sondergenehmigung des Jugendamtes werden im Hort bereits 370 statt der erlaubten 300 Kinder betreut. Die Nachfrage ist so hoch wie nie, vor allem bei Fünft- und Sechstklässlern. Es gibt Wartelisten, aber keine Lösung des Problems.

Um kurzfristig neue Kapazitäten zu schaffen, sollte der Säulengang – ein Schule und Hort verbindendes Gebäudeteil – aufgestockt werden. So sah es eine Empfehlung des Runden Tischs zur Schulentwicklung in Stahnsdorf vor, die vor zwei Jahren von den Gemeindevertretern beschlossen worden war. Zugleich sollte die zweizügige Lindenhof-Grundschule, in der zurzeit 300 Schüler in zwölf Klassen unterrichtet werden, um einen weiteren Zug ergänzt werden. Dazu sollte zunächst am Lindenhof-Campus ein neuer Hort entstehen, bisherige Horträume zu Klassenräumen und Fachkabinetten umgebaut werden.

Doch nun gibt es eine neue Entscheidung. Statt des Hortgebäudes für 5,6 bis 5,8 Millionen Euro soll an der Mühlenstraße gleich eine neue dreizügige Grundschule entstehen. Geschätzte Kosten: mindestens zehn Millionen. Das stellt für einige Abgeordnete auch die geplante rund 2,1 Millionen Euro teure Investition in den Zille-Campus in Frage. „Wenn wir beides bauen, ist Stahnsdorf bald pleite“, sagte etwa Peter Weiß (CDU) am Montag in einer gemeinsamen Sitzung von Bau-, Finanz- und Schulausschuss zum Thema. Zudem gibt es Zweifel, dass die beiden dann vier- und dreizügigen Schulen auf lange Sicht ausgelastet sind. Bisher ging Stahnsdorf mittelfristig von einem Bedarf von sechs Zügen für die Grundschulen aus, neu ausgewiesene Baugebiete und zu unterrichtende Flüchtlingskinder bereits berücksichtigt. Das bestätige auch der aktuelle Schulentwicklungsplan des Landkreises Potsdam-Mittelmark, meint Bürgermeister Bernd Albers (BfB), der noch in diesem Jahr den eigenen Schulentwicklungsplan fortschreiben will. Der genaue Bedarf werde sich dort abbilden. Ist die neue Schule gebaut, werde in jedem Fall ein Zug vom Zille-Campus in den Neubau an der Mühlenstraße wechseln.

Die Schulleiter der Grundschulen sprachen sich dennoch für die Aufstockung des Säulengangs der Zille-Schule aus. Sie sei der letzte mögliche Schritt, aber er müsse unbedingt genutzt werden, erklärte der Schulleiter der Lindenhof-Grundschule, Jörg Pahl. Die Rahmenpläne hätten sich verändert, auch langfristig bestehe an zusätzlichen Räumen Bedarf. Klassen würde nicht mehr frontal unterrichtet, es gäbe Gruppenphasen und Einzelangebote. Es ginge nicht primär darum, Kapazitäten zu erweitern, sondern inhaltliche Möglichkeiten zu verbessern.

„Wir können nicht warten“, erklärte auch Susanne Köhler, sachkundige Einwohnerin im Schul- und Sozialausschuss für die SPD. Auch die Kinder, die heute die Schule besuchen, hätten Anspruch darauf, ausreichend beschult zu werden. Thomas Michel (Bündnis 90/Grüne) brachte als kurzfristige Lösung Container ins Spiel, erhielt dafür aber kaum Unterstützung. Die vorhandenen Flächen würden nicht ausreichen, auch könnten sie nur kurzfristig für Entlastung sorgen, erklärte Elternvertreterin Berit von Hören. Auch Schulleiterin Anke Rettig warb dafür, das Geld besser in dauerhaft verfügbare Räume zu investieren. Mit dem Ausbau des Säulengangs ihrer Schule werde sowohl dem Ist-Zustand Rechnung getragen, als auch in die Zukunft investiert.