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Lehrer mit Leidenschaft. Pierre Kabisch holt Prominente wie Tilo Jung oder Kevin Kühnert für Diskussionen ans Ernst-Haeckel-Gymnasium. 

© Enrico Bellin

Neue Gesprächsreihe in Werder (Havel): Einfach miteinander reden

Pierre Kabisch will Werderanern am Ernst-Haeckel-Gymnasium die Möglichkeit geben, mit Prominenten zu diskutieren. Dazu holt er etwa Tilo Jung oder Kevin Kühnert.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Schüler über Diskussionen zur Mündigkeit führen und das Ernst-Haeckel-Gymnasium für Werderaner öffnen: Das will Pierre Kabisch mit seiner Diskussionsreihe Werderaner Gespräche. Der 29-jährige Lehrer für Deutsch und Politische Bildung hatte zur Auftaktdiskussion im September schon unter anderem den Chef vom Info-Radio und einen Korrespondenten des ARD-Hauptstadtstudios nach Werder geholt, um über Fake News zu diskutieren. Zur zweiten Auflage am Donnerstag wird nun der frühere Leiter des Moskauer Büros des Nachrichtenmagazins „Fokus“, Boris Reitschuster, ins Gymnasium kommen, über „Das System Putin“ referieren und anschließend mit den Werderanern diskutieren.

„Das kann schon hoch hergehen. Reitschusters Thesen sind ja doch provokant, etwa, das Putins Regierungssystem auf Unterdrückung aufbaut“, so Kabisch, der die Veranstaltung in Zusammenarbeit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert. Doch konträre Meinungen zu denen der Vortragenden sind bei den Werderaner Gesprächen ausdrücklich erwünscht. So hat wie berichtet etwa ein Mann aus dem Publikum im September behauptet, Medien würden doch nur erziehen und nicht informieren wollen – seine These wurde dann von den Podiumsgästen aber widerlegt. „Natürlich gibt es Menschen, die man nicht überzeugen kann. Aber hier können sie mit ihren Meinungen noch in direkten Austausch kommen“, so Kabisch.

Der Kontakt kam am Bad Belziger Fläminggymnasium

Seit Februar unterrichtet der in Neuseddin aufgewachsene Lehrer, der in Potsdam studiert hat, am Ernst-Haeckel-Gymnasium. Die Idee zu Gesprächsrunden hatte er bereits während seines Praxissemesters im Bad Belziger Fläminggymnasium vor mehreren Jahren. „Dort gab es schon Diskussionsrunden, die von der Adenauer-Stiftung mitorganisiert wurden. So kam der Kontakt zustande“, erklärt Kabisch. An seiner früheren Schule in Oberhavel hatte er bereits zwölf Diskussionsrunden veranstaltet. Bei einigen hat die Stiftung die Redner verpflichtet, andere hat Pierre Kabisch selbst organisiert. Inzwischen hat ein früherer Kollege übernommen, ein Schüler habe – noch unterstützt von Kabisch – im April sogar eine Diskussion in Glienicke/Nordbahn organisiert, zu der Prominenz wie der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert oder die Grünen-Co-Vorsitzende und Potsdamerin Annalena Baerbock kam. Bis zu hundert Gäste kamen. In Werder  waren es zum Auftakt etwa 50, darunter einige Schüler. „Die werden aber nicht zwangsverpflichtet“, so Kabisch lachend.

Am Ernst-Haeckel-Gymnasium sei die Idee zu für alle Einwohner offenen Gesprächen gut aufgenommen worden. Schulleiter Martin Erdmann – mit dem zusammen Kabisch schon zwei Lehrbücher für Politische Bildung veröffentlicht hat, wie er ganz nebenbei erzählt, das dritte soll Anfang 2019 folgen – hätte ihm freie Bahn gelassen. „Es gibt hier in Werder auch einfach viele Bürger, die sich für Politik interessieren.“

Für etwa jede zweite Diskussionsrunde greift Kabisch auf Angebote der Adenauer-Stiftung zurück, die anderen organisiert er allein. Wie die im Februar, wenn es um Politikverständnis von Jugendlichen gehen soll, kommen neben der SPD-Bundestagsabgeordneten Manja Schüle und dem Politikdidaktiker Markus Gloe etwa Tilo Jung, der mit seinem Kanal „Jung und Naiv“ auf der Internetplattform Youtube Nachrichten für Jugendliche aufbereitet, und der Journalist Hans Jessen, früherer Korrespondent des ARD-Hauptstadtstudios.

Im März gibt es eine Europawoche mit den Kandidaten

Alle Veranstaltungen könne er aus Zeitgründen nicht selbst organisieren. Doch Angebote der Adenauer-Stiftung seien manchmal zu einseitig, wie ihm auch Schüler nach entsprechenden Veranstaltungen bestätigt hätten. Es gebe oft nur einen Render, wie bei der Veranstaltung am Donnerstag. Nur das Publikum könne mit Fragen das Korrektiv dazu bilden. Auch gebe es Beschränkungen, so dürfe bei Stiftungs-Veranstaltungen kein AfD-Politiker auf dem Podium sitzen. „Dabei muss man doch miteinander reden, und nicht übereinander“, so der engagierte Lehrer.

Doch ganz große Namen könne man nur mit der Adenauer-Stiftung nach Werder holen. Und die soll es in einer Europawoche am Gymnasium vom 18. bis 22. März 2019 geben: Die Kandidaten der großen Parteien zur Europawahl sollen für zwei Diskussionen zur Verfügung stehen, einer für Schüler und einer für die Werderaner. Aus Platzgründen – die Veranstaltungen finden im Foyer statt, eine Aula gibt es an der Schule nicht – müsse das getrennt werden. Zudem ist eine Diskussion zur Zukunft Europas geplant. Die Gästeliste steht größtenteils, zugesagt haben neben Kevin Kühnert etwa die FDP-Spitzenkandidatin zur Europawahl Nicola Beer oder die europapolitische Sprecherin der Grünen Franziska Brantner. „Danach wird es dann aber wohl erst einmal etwas ruhiger werden“, so Pierre Kabisch.

„Russland - Das System Putin“, 15. November, 18.30 Uhr, Kesselgrundstraße 62-68 in Werder (Havel), Eintritt frei

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