zum Hauptinhalt
"Totmacher". In ihrem Diorama zeigt die Puppenmacherin Sandra Dahlmann das Zimmer des Serienmörders Fritz Haarmann. 

© Andreas Klaer

Neue Ausstellung in Werder (Havel): Kunst-Geschoss zeigt Horror-Puppenzimmer

Im Kunst-Geschoss Werder präsentieren Textilkünstler und Kunsthandwerker ihre Arbeiten. Bei diesen geht es mitunter ziemlich blutig zu.

Von Sarah Stoffers

Werder (Havel) - Blut sickert aus den in braunem Papier verschnürten Päckchen, die fein säuberlich gestapelt auf dem Boden liegen. Angelehnt an der blutbespritzten Wand steht eine Säge bereit. In kleinen Einmachgläsern, die auf einem Tisch neben Teller und Besteck stehen, sind Organe konserviert. Und unter dem Bett und den Dielen sind die Reste der Opfer verteilt: ein Frauenkopf, ein Torso, Knochen und eine Hand.

Das Kunst-Geschoss befindet sich im Werderaner Schützenhaus auf der Insel.
Das Kunst-Geschoss befindet sich im Werderaner Schützenhaus auf der Insel.

© Foto (Archivbild): Stefan Gloede

Mit ungeheurer Detailverliebtheit und einer großen Portion schwarzem Humor hat Puppenmacherin Sandra Dahlmann aus Werder (Havel) das Zimmer des Serienmörders Fritz Haarmann, bekannt unter dem Namen „Der Totmacher“ und einst von Götz George im gleichnamigen Film verkörpert, in einem Diorama verewigt. Zu sehen ist das kuriose Puppenzimmer in der neuen Ausstellung „3. Bestandsaufnahme Textilkunst und Kunsthandwerk“ in der Stadtgalerie Kunst-Geschoss im Werderaner Schützenhaus. 24 Einzelkünstler sowie zwei Zirkel mit insgesamt 18 Mitgliedern präsentieren in den kommenden Wochen ihre Arbeiten. Das Repertoire ist umfangreich und reicht von Tischlerarbeiten über Kalligraphie, Porzellan, Klöppelkunst und Puppenbau bis hin zu Glas- und Goldschmiedearbeiten.

Kurator Frank W. Weber hat die Bestandsaufnahmen bereits zur Eröffnung der Stadtgalerie 2008 ins Leben gerufen. Alle zwei Jahre zeigt er Arbeiten von Werderanern und Künstlern, die in der Stadt arbeiten. Thematisch wechseln sich die Bestandsaufnahmen zur Textilkunst und Kunsthandwerk mit denen zur Malerei, Grafik und Plastik ab. „Zu den Ausschreibungen kann sich jeder bewerben. Es gibt keine Jury“, so Weber. Wie beliebt und anerkannt die Ausstellungen mittlerweile sind, zeigte die Vernissage, bei der mehr als 200 Gäste die Galerie aufsuchten, wie Weber erzählt.

Die Arbeiten sind von hoher Qualität

Denn trotz der niedrigen Hürden, um sich in den Bestandsaufnahmen präsentieren zu können, sind die dargebotenen Arbeiten, egal ob von Professionellen oder Hobbyisten, von hoher Qualität. Wie etwa die geklöppelten Kunstwerke der Werderaner um Sigrid Weinert. „Die Klöpplerinnen treffen sich regelmäßig und arbeiten zusammen und fahren jedes Jahr gemeinsam zu den Meisterschaften in Annaberg, wo unsere Frauen aus Werder alle Jahre die Urkunden abholen“, so Weber. Annaberg-Buchholz im Erzgebirge gilt als Hochburg des Klöppelns und die Annaberger Klöppeltage sind ein Mekka für die Kunsthandwerker. Wer bei Klöppelspitze an Omas alte Tisch- oder Zierdeckchen denkt, hat noch nie die Kunstwerke der Werderanerinnen gesehen. Feinste filigrane bunte Spiralen und Formen oder gar ganze Bildmotive entstehen durch ihre geschickten Hände. Eine Frau mit einem großkrempligen Hut, deren Sommerkleid im Wind flattert, Strandbilder mit Fischen, Muscheln oder auch dem Müll, den die Sonnenanbeter einfach ins Meer geworfen haben. An einem größeren Stern würde eine Klöpplerin rund drei Tage arbeiten, schätzt Weber. Man kann nur erahnen, wie viel Arbeit in den großen Motiven steckt.

Die pausbäckigen Puppen wirken seltsam lebendig

Die Puppenmacherin Katharina Zeitz stellt mit ihren Figuren berühmte Gemälde der Kunstgeschichte nach. Von Klimts „Der Kuss“ über Jan Vermeers „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ bis hin zu Leonardo da Vincis „Dame mit dem Hermelin“. Seltsam lebendig wirken ihre pausbäckigen Puppen. In einem Video in Stop-Motion-Technik, das in der Stadtgalerie gezeigt wird, beweist die Künstlerin, wie beweglich die Puppen sind. Sie lässt sie ihre Haare zerwühlen, Beine überschlagen, ihre Arme kreisen und verschränken oder Gitarre spielen.

Patchworkkünstlerin Eva-Luise Grützmacher zeigt eine Hommage an Gustav Klimt.
Patchworkkünstlerin Eva-Luise Grützmacher zeigt eine Hommage an Gustav Klimt.

© Andreas Klaer

Künstler-Kollegin Eva Luise-Grützmacher arbeitet mit der Patchworktechnik, entwirft aus Textilresten komplett neue Muster und Formen. Für ihre „Hommage an Klimt“ hat sie eines der berühmtesten Gemälde des Künstlers, das Bildnis Adele Bloch-Bauer I, auch „Goldene Adele“ genannt, mit Patchwork- und Applikationstechnik mit eigenem Stil nachgearbeitet. Von den Farben bis hin zum leicht entrückten Blick und der Handhaltung von Gustav Klimts berühmter Muse hat sie die Details perfekt herausgearbeitet.

„3. Bestandsaufnahme Textilkunst und Kunsthandwerk“, bis 10. März im Kunst-Geschoss, Uferstrasse 10, jeden Donnerstag, Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr. Die Klöppelgruppe zeigt am 17. Februar und am 23. Februar jeweils von 15 bis 18 Uhr in der Stadtgalerie ihr Können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false