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Frostberegnung als Schutz der Blüten funktioniert nur, wenn die Bäume an Spalieren gehalten werden. 

© dpa

Nach Kälteeinbruch in Werder: Die Blüten sind erfroren

Die Ernte von Aprikosen und Pfirsichen fällt in diesem Jahr aus. Ob die Plantagen Ende April für ein kleines Baumblütenfest öffnen, ist auch fraglich.

Werder (Havel) - Es hat nichts gebracht. Zehn Stunden lang ist der Werderaner Obstbauer Frank Wache in der Nacht zum Montag mit seinem Traktor durch die Aprikosenplantage gefahren, am Heck ein Gebläse und auf dem Anhänger eine Feuertonne. Er wollte die Blüten mit warmer Luft retten, doch der Frost hat gewonnen. Bis acht Grad unter Null sanken die Temperaturen auf der Plantage mit 800 Aprikosen- und Pfirsichbäumen. 

Den ersten Frost hatten die meisten Blüten noch überstanden

Bereits in der vorigen Woche gab es drei Frostnächte, schon da fuhr er durch die Plantage. Freitag und Samstag war es dann wieder so warm, dass das Wachstum in den Blüten weiterging. „Die erste Frostnacht haben noch etwa 70 Prozent der Blüten überstanden“, so Wache. Doch am Montag war alles hin. 


Neben der Fahrt mit dem Warmluftgebläse, bei der Wache etwa alle 20 Minuten an jedem Baum vorbeikam, hatte er auch mehrere Feuertonnen im Abstand von 20 Metern über die Anlage verteilt. Jetzt bleibt nur die Hoffnung, dass wenigstens Birnen- und Apfelblüten sowie die Blüten späterer Kirschsorten noch einigermaßen unbeschadet die nächsten Nächte überstehen. Schon im Vorjahr gab es enorme Ernteeinbußen durch Spätfröste. Rund um Werder wurden wie berichtet nicht einmal halb so viele Äpfel wie üblich geerntet.

Frostberegnung ist nicht möglich

Eine Frostberegnung – das Wässern der Blüten, damit sich um sie herum eine Eisschicht bildet, die dann vor den Minusgraden schützt – ist zwar auf einigen Plantagen rund um Werder möglich, doch nur in den großen Anlagen. „Dafür braucht es kurze Zweige, die zudem durch ein Spalier gehalten werden“, so Wache. Denn sonst werden die Zweige durch das viele Eis um die Blüten so schwer, dass sie brechen. Waches einige Jahre alte Aprikosenbäume seien zu ausladend, um sie am Spalier zu halten. So ist die Plantage zwar bei schönem Wetter eine Augenweide, aber nicht zu beregnen. Gleiches gelte für die Kirschen. Frühe Sorten fangen in den kommenden Tagen an zu blühen – so die Knospen nicht erfroren sind. Dass es einige von ihnen erwischt hat, daran hat Wache leider keine Zweifel.

Wie hoch der Schaden bei Äpfeln und Kirschen ist, ist offen

Auch Stefan Lindicke rechnet bei seinen Kirschen mit Schäden. „An manchen Standorten gibt es schon offene Blüten.“ Die dürften ebenfalls in der Nacht zum Montag erfroren sein. Und auch die Knospen von Kirsch- und Apfelbäumen sind derzeit in einem empfindlichen Stadium kurz vor dem Aufblühen, auch sie werden wohl teilweise erfroren sein. „Den genauen Schaden dort kann man aber erst beziffern, wenn die Knospen aufblühen“, so Lindicke.  Gegen den Spätfrost versuchen sich die Bauern unter anderem dadurch zu schützen, dass zwischen den Bäumen blanker Boden ist und kein Gras. Normalerweise speichert die schwarze Erde tagsüber Wärme und gibt sie nachts ab. Da der Frost jetzt aber so stark war, war der Boden teilweise selbst gefroren und konnte deshalb keine Wärme mehr abgeben.

Auch das Baumblütenfest fällt aus

Die Bauern trifft das in diesem Jahr besonders hart: Wegen der Corona-Pandemie wurde das ohnehin in kleinerem Umfang geplante Baumblütenfest wie berichtet abgesagt. Es bringt den Bauern normalerweise das erste Geld des Jahres ein. Deshalb haben sie zunächst wie berichtet auch daran festgehalten, zumindest ihre Höfe zu öffnen und einige Besucher zu empfangen. Doch das war vor dem Verbot von Ansammlungen von mehr als zwei Menschen. Zwar gilt dieses Verbot derzeit nur bis zum Ende der Osterferien. Es kann jedoch jederzeit verlängert werden. 

Frank Wache rechnet damit, dass allein durch die jetzt schon erfrorenen Blüten und ausbleibende Baumblütenbesucher rund 20 Prozent des Jahresumsatzes wegbrechen. „Für uns heißt es jetzt: Sparsam haushalten, sehr sparsam“, so Wache. Er werde nach dem 20 April spontan schauen, wie die Rahmenbedingungen sind. „In einem ganz kleinen Rahmen ist eine Hoföffnung dann noch immer realisierbar“, so Wache. 

Stefan Lindicke glaubt nicht daran, dass viele Menschen nach Werder kommen, selbst wenn das Öffnen der Höfe gestattet würde. „Ich glaube nicht, dass die Menschen gewillt sein werden, sich mit vielen anderen an einen Tisch zu setzen“, so der Obstbauer. Zumal höchstwahrscheinlich ohnehin höchstens noch Apfelbäume zum eigentlich geplanten Festzeitpunkt Ende April/Anfang Mai blühen würden, die anderen Sorten seien dann angesichts des bis auf die Frostnächte milden Frühjahrs schon durch.

Ob Busse in die Plantagen fahren, ist offen

Noch nicht entschieden ist derzeit, ob es am letzten April- und ersten Maiwochenende Busrundfahrten vom Werderaner Bahnhof auf die Plantagen geben wird. In den Vorjahren hatten sich diese eigenwirtschaftlichen Fahrten von Regiobus etabliert, tausende Menschen nutzten über die Festtage hinweg das Angebot. Das Fahrplankonzept an sich sei ausgearbeitet, sagte Regiobus-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennig am Montag den PNN. „Wir brauchen spätestens in der zweiten Woche der Osterferien die Entscheidung, ob die Fahrten stattfinden werden.“ Das wäre also noch vor dem Ende der derzeit verhängten Corona-Schutzmaßnahmen. Die Betriebshöfe müssten sich schließlich darauf einstellen, Busse und Fahrer für die Rundfahrten zu stellen. 

Der Wein hält sich bis zum Winter

Sollten die Busse nicht fahren und die Plantagen nicht offen sein, muss trotzdem niemand auf Obstwein verzichten. Stefan Lindicke verkauft seinen Wein bereits jetzt im Hofladen. „Bei den warmen Temperaturen Freitag und Samstag gingen schon jetzt erste Flaschen weg.“ In guter Qualität halte sich der bereits fertige Wein bis zum Winter.

Enrico Bellin

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