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Nach der Absage 2020: Neues Konzept für Baumblütenfest in Werder (Havel) gesucht

Nach der Absage für 2020 will die Stadt mit den Bürgern darüber diskutieren, wie es mit dem Baumblütenfest weitergeht. Die Obstbauern fürchten um ihre Einnahmen und haben bereits einen Plan.

Von Eva Schmid

Werder (Havel) - Es ist Zäsur für die Havelstadt: Das Werderaner Baumblütenfest in seiner bisherigen Form wird es nicht mehr geben. Die Stadt hat am Dienstag in einer Pressemitteilung das Fest für 2020 abgesagt. Überall dort, wo bisher auf der Festmeile gefeiert wurde – dazu gehören neben der Insel auch weitere Teile der Innenstadt, wie zum Beispiel die Eisenbahnstraße als Verbindung vom Bahnhof in die Stadt sowie die Obstgärten entlang des Hohen Weges – wird es im kommenden Frühjahr ruhig bleiben. Für viele Anwohner dürfte das eine gute Nachricht sein.

Alkohol, Drogen und Sicherheitsbedenken

Denn in den vergangenen Jahren hat das Ausmaß des Baumblütenfestes überhand genommen. Mit dem Fest Anfang Mai, das als größtes Volksfest in Ostdeutschland gilt, machte Werder in der Vergangenheit nicht nur positive Schlagzeilen. Die Polizei registrierte pro Jahr meist um die 300 Straftaten, es gab Alkoholexzesse, vor allem bei Jugendlichen, immer öfter wurden Drogen konsumiert, es gab mutmaßliche Vergewaltigungen, regelmäßig kam es zu Schlägereien im Bereich der Festmeile. Dazu noch die seit dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz seit 2017 erhöhten Sicherheitsanforderungen. Das Fest mit seinen rund 200.000 Besuchern wurde für die Stadt und die Stadtverwaltung zunehmend zu einer Belastung.

"Ein herber Einschnitt"

Für die Obstbauern ist die Absage mit großen finanziellen Verlusten verbunden. Denn viele haben bereits Obstwein angesetzt, der traditionell auf dem Fest verkauft wird. „Das ist ein herber Einschnitt“, so Obstbauer Stefan Lindicke, das Baumblütenfest sei für ihn und seine Kollegen ein wichtiges finanzielles Standbein. Falle es weg, dann sei das so, „als ob die Erdbeere kaputt friert oder die Süßkirsche verregnet ist“. Die Einnahmen auf dem Fest gleichen denen, die mit einer einzelnen Obstkultur gemacht werde.

Obwohl die Tendenz absehbar gewesen sei, so Lindicke, kommt die Absage zu einer Unzeit, denn dieses Jahr sei von den Erträgen her nicht das beste gewesen, betont der Landwirt. Die Stadt hat zuvor den Obstbauverein als auch die Sicherheitspartner vorgewarnt. Die im Obstbauverein zusammengeschlossenen Höfe wollen nun überlegen, ob die Baumblüte nicht doch im Kleinen gefeiert werden könne – auf den Höfen und zum Teil in den Obstgärten. „Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Höfe füllen können, wenn die Bäume blühen“, so Lindicke. Er wolle wie schon in den Jahren zuvor auch seinen Obstgarten am Hohen Weg zur Blüte öffnen und Obstwein ausschenken. Zudem hofft er, dass die Stadt die Bauern mit Shuttlebussen, die die Gäste zu den Höfen bringen, unterstützt. „Wir müssen uns auf deutlich weniger Gäste einstellen, aber es steckt auch eine Chance dahinter.“

Auf das Wesentliche beschränken

Die Chance auf eine Neuausrichtung des Festes hat vor einem Monaten auch schon die Werderaner CDU gesehen: nachdem der Vertrag mit dem bisherigen Betreiber ausgelaufen ist, suchte die Stadt seit März in einer deutschlandweiten Ausschreibung nach einem neuen Betreiber. Die CDU forderte daher, mit den künftigen Betreiber über ein neues Konzept zu beraten. Die Idee der Konservativen: das Fest zurück zu seinen Anfängen führen. Zu einem Volksfest, das sich auf den Festumzug und das Geschehen in Gärten und Obstplantagen beschränkt. Der zentrale Festbereich auf der Insel und dem Inselvorfeld könne entfallen.

Das Fest in seiner jetzigen Form mit viel Trubel, Fahrgeschäften und großen Bühnen gibt es seit Anfang der 90er-Jahre. Betrieben hat es Jahre lang die Wohlthat Entertainment GmbH mit Sitz in Berlin. Dem Vernehmen nach soll Rainer Wohlthat, der übrigens auch die Bismarckhöhe betreibt, der einzige gewesen sein, der Werder ein Angebot gemacht hat. Er war auch Nachfrage am Dienstag nicht zu erreichen.

Chance für nachhaltige Neuausrichtung

Das Vergabeverfahren ist nach Aussagen der Stadt nun erfolglos beendet worden. „Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist unbefriedigend, in diesem Fall ist es aber eine Chance für eine nachhaltige Neuausrichtung dieses wichtigsten Jahresereignisses von Werder“, sagte Christian Große (CDU). Die Stadtspitze will nun zusammen mit den Stadtverordneten und den Werderaner Bürgern über die Neuausrichtung diskutieren. Der Auftakt dazu könnte bereits am 19. September zur Stadtverordnetenversammlung sein – noch ist die Tagesordnung mitsamt der Anträge nicht veröffentlicht worden. Als Chance sieht auch die Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Brandenburgs (Dehoga) die Absage. „Für die Region ist es sehr schade und für uns in der Kommunikation schwierig, wenn ein etabliertes Fest in einem Jahr ausfällt, aber es gibt Rahmenbedingungen an denen man nichts ändern kann“, so TMB-Sprecherin Birgit Kunkel.

Sie hofft, dass das Fest 2021 wieder stattfindet. Auch der Hauptgeschäftsführer der Dehoga Brandenburg, Olaf Lücke, bedauert die Absage, zumal viele Gatronomen und Hoteliers während des Festes neue Besucher auf sich aufmerksam machen würden. Lücke ist aber davon überzeugt, dass auch eine Neuausrichtung, im Sinne eines kleineren Festes erfolgreich sein kann. „Gut organisierte Feste mit Qualitätsprodukten aus der Region finden immer Interessenten.“ Herbe Kritik kommt indes vom Schaustellerverband Brandenburg „Sanssouci“: „Wir werden immer mehr eingeschränkt“, sagte deren Vorsitzender Thomas Müller auf Anfrage.

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