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Im vergangene Jahr sind vier Wölfe in Brandenburg geschossen worden.

© Patrick Pleul, dpa

Nach Angriff auf Jagdhunde: Jäger droht Strafe wegen getötetem Wolf

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat zu dem Vorfall ermittelt, dem Jäger könnte eine lange Freiheitsstrafe drohen. Der Jagdverband fordert Rechtssicherheit für die Jäger. 

Von Eva Schmid

Potsdam/Rädigke - Einen holländischen Jäger droht ein Verfahren vor Gericht. Der Grund: Der Mann hat im Januar 2019 bei einer Treibjagd bei Rädigke im Fläming wie berichtet einen Wolf erschossen. Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes soll es sich um eine Art Notwehr gehandelt haben, denn der Wolf soll die Jagdhunde angegriffen haben, eines der Tiere soll dabei schwer verletzt worden sein. Vor dem tödlichen Schuss soll der Jäger noch versucht haben, den Wolf durch Rufen, Klatschen und einen Warnschuss zu verjagen, sagte der Pressesprecher des Deutschen Jagdverbandes, Torsten Reinwald, den PNN. Zuerst hatte am Dienstag die "Bild"-Zeitung berichtet. 

Staatsanwaltschaft will sich noch nicht äußern

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft bestätigte auf Nachfrage, dass ein Verfahren wegen Wolfstötung vorliegen würden. Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte sich eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft zu dem Fall nicht äußern. Erst Ende nächster Woche wüsste man mehr, so die Sprecherin. Dann sei auch klar, ob es eine Anklage geben wird. Die Ermittlungen zu dem Fall sind aber weitgehend abgeschlossen. 

Wer einen Wolf tötet verstößt gegen das Bundesnaturschutzgesetz, die Tiere sind streng geschützt. Das Strafmaß liegt bei einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe. 

Anwalt: "Völlige Fehldeutung der Gesetzeslage"

Dass eine Anklage droht, befürchtet der Verteidiger des Jägers, der Rechtsanwalt Heiko Granzin. Der zuständige Staatsanwalt soll dem Verteidiger in einem Telefonat mitgeteilt haben, dass der Jäger nach seiner Rechtsauffassung in keinem Fall hätte schießen dürfen. Granzin hält das für absurd. "Das ist eine völlige Fehldeutung der Gesetzeslage." Denn somit würde das "Rechtsgut Wolf über dem Rechtsgut Nutztier" stehen. Granzin versteht auch nicht, warum Problemwölfe seit einer Gesetzesänderung im vergangenen Jahr geschossen werden dürfen, ein unmittelbar angreifender Wolf aber nicht. Für Granzin handelt es sich bei dem Vorfall klar um eine Notstandssituation. Das sei das Pendant zur Notwehr. Der Notstand regle das Verteidigen des Eigentums. 

Konflikte zwischen Wölfen und Jagdhunden seien normal, die Jäger würden das Risiko kenne, sagt der Wolfsexperte. 
Konflikte zwischen Wölfen und Jagdhunden seien normal, die Jäger würden das Risiko kenne, sagt der Wolfsexperte. 

© Carsten Rehder/dpa

"Sollte sich diese Rechtsansicht durchsetzen, sollten Jäger wegen der strafrechtlichen Risiken künftig keine Jagdhunde mehr für Stöberjagden und Nachsuchen in Wolfsgebieten einsetzen, dann sind wir entsetzt." Der Deutsche Jagdverband und der Jagdgebrauchshundverband fordern von Bund und Ländern, "die Rechtsunsicherheit umgehend zu beenden." 

Die Wölfe würden sogar schon mitjagen

"Die Wölfe sind schon so cool, dass sie mitjagen, sie suchen sich auch gezielt Jagdgebiete aus", so Reinwald. Der Jagdverband warne schon seit Jahren davor, dass man dem Wolf lernen müsse, sich von Menschen und ihren Tieren fernzuhalten. Schweden hätte bereits vor zehn Jahren schon auf solche Situationen bei der Jagd reagiert, dort sei eine solche Notstandssituation gesetzlich geregelt, sagte Reinwald. "Und in Deutschland haben wie vier Mal mehr Wölfe als in Schweden." 

In keinem anderen so dicht besiedelten Land wie Deutschland gebe es so viele Wölfe.  

In Brandenburg leben nach Angaben des Landesumweltamtes aktuell 41 Rudel, im Wolfsjahr 2018/2019 wurden 154 Welpen ermittelt. Bundesweit wird die Population laut Landesjagdverband auf rund 1300 Tiere geschätzt. Das Gebiet in Brandenburg erstreckt sich auf mittlerweile 49 Territorien. Seit 1990 wurden im Land Brandenburg 20 geschossene Wölfe bekannt, vier davon wurden im vergangenen Jahr geschossen

Wolfsbeauftragter: Hünde müssen an die Leine

Dass es Konflikte zwischen Wolfen und Jagdhunden gebe, sei normal. "Das Risiko beim freien Stöbern der Hunde müssen Jäger kennen", sagt Günter Kehl. Der Potsdamer ist seit vier Jahren ehrenamtlicher Wolfsbeauftragter in Brandenburg. Die Jäger müssten ihre Hunde bei der Jagd und der darauffolgenden Nachsuche unter Kontrolle haben, also angeleint lassen. Wenn Wölfe Jagdhunde angreifen, dann würden sie ihre Revier verteidigen wollen. Von derartigen Wolfsangriffen wie in Rädigke habe Kehl bisher nicht gehört. 

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