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Das Urteil im Prozess gegen Ricardo H. wird für Dezember erwartet.

© dpa

Mordprozess vor dem Potsdamer Landgericht: Eine Spur führt nach Potsdam

Im Mordprozess am Landgericht um den gewaltsamen Tod des Glindowers Joachim L. gibt es Bezüge zum Potsdamer Verkehrsbetrieb. Der Angeklagte und das Mordopfer fuhren für einen Auftrag des kommunalen Unternehmens nach Tschechien.

Werder (Havel), Potsdam – Die Spuren im Mordprozess vor dem Potsdamer Landgericht führen offenbar auch in den Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP). Der wegen des mutmaßlichen Mordes an seinem Geschäftsfreund angeklagte Hans-Dieter V. aus Potsdam pflegte offenbar über Jahre intensive Geschäftsbeziehungen zur Stadtwerke-Tochter. Später soll auch das Opfer, der Glindower Joachim L., in die Geschäfte involviert gewesen sein. So soll auch der Geschäftstermin am mutmaßlichen Tattag, dem 10. Juni 2009, im tschechischen Ostrava in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Auftrag des ViP gestanden haben.

Er hatte sich beim ViP als Lieferant für Reifen erfolgreich ins Spiel gebracht

Wie berichtet war Joachim L. etwa drei Wochen nach dem Termin in einem rund 45 Autominuten von Ostrava entfernten Waldstück erschossen aufgefunden worden. Die Umstände seines Todes sind nach wie vor unklar. Wie der Angeklagte bereits zu Prozessbeginn sagte, habe er mit Werkzeugen und Straßenbahnteilen gehandelt. Bei dem ViP hatte er sich im Jahr 2006 als Lieferant für die Reifen erfolgreich ins Spiel gebracht, als das Unternehmen eine kostengünstigere Alternative zum Originalhersteller suchte, wie gestern ein verantwortlicher Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe dem Schwurgericht mitteilte. Etwa einmal pro Jahr habe der Angeklagte einen Auftrag für die Lieferung von 50 bis 70 Radreifen erhalten.

Auch im Juni 2009 soll ein solcher Auftrag vorgelegen haben. Daneben, so der Angeklagte, hätte es zudem eine Anfrage über eine deutlich höhere Stückzahl an Radreifen für die Trams der Berliner Verkehrsbetriebe gegeben. Der Angeklagte agierte als Zwischenhändler. Er erwarb die Rohlinge in Polen und ließ sie nach eigenen Aussagen bei den polnischen Verkehrsbetrieben endfertigen. Im Juni 2009 beabsichtigte er zu prüfen, ob sich beim Erwerb der Rohlinge ein besserer Preis erzielen lasse. Bei dem gemeinsamen Termin der Firma in Tschechien hätten sich die beiden Geschäftsfreunde vor Ort über Preise informiert.

Der Angeklagte hatte sich wiederholt von solventen Freunden Geld geliehen

Auch früher schon hatte der Angeklagte mit Bahnteilen gehandelt, wurde dann aber wegen Betrugs verurteilt. Er soll falsche Rechnungen ausgestellt haben. Davon allerdings wusste der vor dem Potsdamer Landgericht zu den Vorgängen befragte Mitarbeiter der Potsdamer Verkehrsbetriebe nichts. Auch nicht von den zwischenzeitlichen Insolvenzen der Unternehmen des Angeklagten. Immer wieder war im Prozess von Geldsorgen die Rede. Der heute 60-jährige Angeklagte hatte sich wiederholt von solventen Freunden Geld für seine Beschaffungsgeschäfte geliehen, zahlte es aber nicht immer zurück. Einen Teil des Geldes soll er in Spielhallen verzockt haben.

In der permanenten Geldnot sahen Ermittler und Anklage ein handfestes Motiv für den Mord. Hans-Dieter V. hatte mit dem Opfer, das wenige Monate vor seinem Tod rund eine halbe Million Euro geerbt hatte, eine gemeinsame Firma in Polen gegründet und dort Teile des Geldes eingelegt. Zu den avisierten Geschäften in Polen kam es aber offenbar nicht. Kaum noch aufzuklären scheint, was nach dem Termin in der Hütte in Ostrava genau passierte und wann der Glindower Joachim L. erschossen worden war. Laut Hotelrechnung ist belegt, dass diese kurz vor 12 Uhr beglichen worden ist. Gegen 16.30 Uhr sei der Angeklagte laut einer Zeugin im rund 240 Kilometer entfernten Breslau angekommen. Den Freund, so sagte der Angeklagte, hätte er gegen 13.30 Uhr am Busbahnhof in Ostrava zurückgelassen. 

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