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Das Urteil im Prozess gegen Ricardo H. wird für Dezember erwartet.

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Mordprozess: Mordprozess um Glindower: Verdächtige Geldgeschäfte

Kurz nach dem Tod von Joachim L. hatte der Angeklagte bis zu 80.000 Euro vom gemeinsamen Konto abgehoben. Viele Fragen bleiben offen.

Werder (Havel)/Potsdam - Er hat gelogen, betrogen und Leute für seine Zwecke instrumentalisiert, aber hat der Potsdamer Hans-Dieter V. auch einen Mord begangen? Nach neun Verhandlungstagen steht zu befürchten, dass sich diese Frage weder eindeutig beantworten, noch der mysteriöse Tod des Glindower Brunnenbauers Joachim L. in allen Details aufklären lässt.

Die verronnene Zeit ist das wohl größte Problem. Überwiegend muss sich die Strafkammer des Potsdamer Landgerichts auf fünf bis sechs Jahre alte Ermittlungsakten stützen. Viele Fragen sind ungeklärt. Zeugen können sie nicht beantworten, weil die Erinnerung fehlt, andere nicht geladen werden, weil sie nicht mehr aufzufinden sind. Fest steht wohl: Am 7. Juni 2009 hatte Joachim L. wegen Zahnbeschwerden noch seinen Zahnarzt aufgesucht, zu einem weiteren Termin am 15. Juni erschien der Glindower nicht mehr. Vermutlich war er da schon tot und lag, spärlich mit Zweigen bedeckt, in Tschechien zwischen Suchá Rudná und Ostrava erschossen im Wald. Dem Angeklagten Hans-Dieter V. wird zur Last gelegt, für den Tod des Geschäftsfreundes verantwortlich zu sein, mit dem er am 9. Juni zu einer Geschäftsreise nach Ostrava aufgebrochen sein will. Er bestreitet die Tat.

Es bleiben Zweifel, die das Gericht am gestrigen Verhandlungstag versuchte auszuräumen. Unklar ist etwa, warum der Angeklagte in den Tagen vor der Reise von einem Bankautomaten in Geltow mehrere Tausend Euro abgehoben hatte. Am Tag nach der Rückkehr hob er erneut mehrere Hundert Euro ab. Wozu er das Geld benötigte, wusste der 60-Jährige nicht mehr. Vermutlich für diese und eine anschließende Reise, sagte er.

Ebenso fraglich stellte sich für die Kammer die Abhebung einer höheren Summe Bargeld von dem gemeinsamen Firmenkonto von Angeklagtem und Mordopfer im polnischen Breslau dar. Das dort hinterlegte Geld soll dem Glindower Joachim L. gehört haben. Es soll sich dabei um einen Teil einer Erbschaft gehandelt haben, die Hans-Dieter V., angeblich um Steuern zu umgehen, einige Monate zuvor von dem Glindower Freund erhalten und über das Konto seiner Frau nach Polen transferiert hatte. Später sollten über die polnische Firma auch Geschäfte laufen, hatte der Angeklagte erklärt. Etwa der Radreifen-Deal, den Angeklagter und Mordopfer mit den Potsdamer und Berliner Verkehrsbetrieben planten. Das anbahnende Geschäft soll auch Zweck der gemeinsamen Reise nach Ostrava gewesen sein (PNN berichteten). Im Widerspruch dazu steht allerdings die Angabe des Angeklagten, dass der später Ermordete ihn unmittelbar nach dem Geschäftstermin in Ostrava mit der Auflösung des Breslauer Firmenkontos beauftragt haben soll. Statt von Radreifen war nun von Immobilien die Rede, die Joachim L. mit dem Geld kaufen wollte. Auch habe dieser geplant, sich nach Mittelamerika abzusetzen. Wenige Tage nach seiner Rückkehr von der gemeinsamen Geschäftsreise war Hans-Dieter V. noch einmal nach Breslau gefahren und hatte dort am 15. Juni 2009 zwischen 70 000 und 80 000 Euro abgehoben und das Konto damit nahezu leer geräumt. Der Angeklagte will das Geld dann zu Hause in einer Schatulle für den Freund aufbewahrt, lediglich Mietzahlungen und Buchhalterkosten beglichen haben. Als der Freund nicht mehr zurückkehrte, gab er es auch für andere Zwecke aus. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Untreue vor und beantragte die Aufnahme des Vorwurfs ins Verfahren.

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