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Modellbau: Stahnsdorfer Friedhofsbahn im Spielzeugformat

Stahnsdorfer Modellbauer erschaffen derzeit die stillgelegte Bahnverbindung zwischen Berlin und Stahnsdorf neu.

Stahnsdorf - Kaum ist mit der Brücke über den Teltowkanal das letzte Zeugnis der ehemaligen Friedhofsbahn verschwunden, da entsteht sie bereits neu. In einem Keller in der Wilhelm-Külz-Straße werkeln Stahnsdorfer Modellbauer zurzeit an einer Miniatur-Variante, die an die S-Bahn-Verbindung von einst erinnern soll. „Einige von uns haben die Bahn noch selbst genutzt oder dort gespielt“, erzählt Sprecher Rainer Rozanski. Aus den Kindheitserinnerungen sei zu Jahresbeginn der Wunsch entstanden, die rund vier Kilometer lange Strecke, die zwischen 1913 und dem Mauerbau von Berlin-Wannsee zum Stahnsdorfer Südwestkirchhof führte, nachzubauen. Wie viele andere hoffen auch die Modelleisenbahner, dass der frühere Transportweg irgendwann einmal wiederhergestellt wird. Bis dahin soll die Bahn im Spielzeugformat über selbst gebastelte Gleise und durch eine künstlich erschaffene Landschaft rollen.

Der bevorstehende Abriss der Eisenbahnbrücke, die nach langer Diskussion Ende November demontiert worden war, hatte den Wunsch beflügelt, erzählt Rozanski. „Der Abriss war der Gnadenstoß und ist zugleich auch Hoffnungsträger für die Bahn“, sagte er über die Trasse, die nun zunächst im HO-Maßstab 1:87 wiederbelebt werden soll. Drei 1,20 Meter lange und 0,80 Meter breite Modulplatten sind bereits gefertigt, auf denen die einzelnen Bauteile aufgebracht werden sollen. Einige Gleise sind schon montiert, auch ein Wartegebäude steht schon.

Monatelange Fummelarbeit

Als Vorlage diente das 1913 im Auftrag der Evangelischen Landeskirche erbaute Original. Neben alten Bauplänen und Zeichnungen half den Modellbauern eine Luftbildaufnahme, die der Stahnsdorfer Heimatverein aus seinem Archiv kramte. Als erster konnte er auch mit dem Bahnhofsgebäude und der Leichenhalle zwei Bauteile des Ensembles in Augenschein nehmen, die die beiden Modellbauer Norbert Wende und Klaus Dehn in monatelanger Fummelarbeit geschaffen haben. Auch Heimatforscher Jürgen Böhm hatte sich bereits mit dem Bahnhof befasst. Was an dem Modell von außen nicht zu sehen ist: Das riesige Bahnhofsgebäude war mit einem imposanten, an eine Kapelle erinnernden Vorraum erbaut worden, erzählte er. Daneben waren in dem Haus Dienst- und Schalterräume untergebracht. Ein künstlicher Gang führte die Fahrgäste vom hinteren Teil des Bahnhofsgebäudes unter den Schienen hindurch zur angrenzenden Zille-Straße. Auch diesen wollen die Modellbauer nachstellen, ebenso wie das Rondell, das sich auf der anderen Seite am Eingang der Empfangshalle anschloss. Den dort, an der Bahnhofstraße, gelegenen Kirchhof deutet Norbert Wende mit einem auf einen Pappstreifen geklebten Foto und gebastelten Bäumen an.

Gleis zur Leichenhalle

Modellbauer Klaus Dehn half Wende beim Berechnen und dem Zuschnitt der Bauteile, während der 70-Jährige die teils aus Schaumstoff und Plastik geschaffenen Baukörper mühevoll beklebte. Beide fertigten auch die nebenstehende Leichenhalle, zu der ein separates Gleis führte. Bis in die 1950er-Jahre wurden dorthin Särge mit Verstorbenen transportiert. In der Halle, laut Dehn gerade so groß wie ein Güterwaggon, sollen die Särge zwischengelagert und von dort zur Bestattung zum Friedhof gebracht worden sein. Während die Halle nach dem Mauerbau abgerissen worden ist, sei das Bahnhofsgebäude trotz stillgelegtem Bahnverkehr noch genutzt worden. Zunächst als Getreidespeicher, dann durch verschiedene Firmen, die dort ihre Büros hatten, erzählt Heimatforscher Böhm. Jedoch sei die Situation dann außer Kontrolle geraten, berichtet er. Die Baustoffe, die das Gebäude bot, waren zu attraktiv. „Sämtliche Siedlungshäuser ringsum wurden mit den Biberschwänzen des Bahnhofsdachs eingedeckt“, so Böhm. Das Haus wurde witterungsanfällig und verfiel. 1976 riss es eine Fachfirma aus dem Brandenburgischen Kirchmöser ab.

Die Modell-Bahntrasse beginnt mit dem Stahnsdorfer Bahnhof und endet zurzeit an der Brücke Alte Potsdamer Landstraße. Ob noch ein weiteres Modul mit dem Haltepunkt in Dreilinden hinzukommt, werde noch in der Gruppe diskutiert, erklärt Sprecher Rozanski. Spätestens im März wollen die Bahnexperten ihr Gesamtkunstwerk fertig haben und es dann öffentlich ausstellen. Wo, sei aber noch offen. Mit dem Heimatverein und dem Südwestkirchhof gebe es bereits zwei Interessenten.

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