zum Hauptinhalt
Verrechnet? Die Ausbaugegner hatten für die IHK-Vertreter auch einen Rechner mitgebracht. Sie glauben, dass deren Zahlen beim Nachrechnen wie Seifenblasen zerplatzen.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Mit Trillerpfeifen und Seifenblasen

Protestduell zum Schleusenausbau in Kleinmachnow fiel aus / Ausbaugegner: IHK hat gekniffen

Kleinmachnow – Das Protestduell an der Kleinmachnower Schleuse fiel am Sonntag buchstäblich ins Wasser. Die Akteure der Industrie- und Handelskammern (IHK) aus Berlin und Brandenburg hatten kurzfristig die Route ihrer dreitägigen Protestschifffahrt geändert – und einer Strecke nördlich von Berlin den Vorzug gegeben. Für eine „verlässliche, zukunftsorientierte Binnenschifffahrtspolitik“ wollten sie mit ihrem Frachtschiff werben. Beim Zwischenstopp in Kleinmachnow sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Kleinmachnower Nordkammer zu kurz und zu alt sei. Hintergrund ist eine Ankündigung des Bundesverkehrsministeriums, angesichts knapper Mittel nur noch Wasserstraßen der Kategorie A auszubauen. In Brandenburg fällt keine Wasserstraße unter diese Kategorie.

Kleinmachnower Ausbaugegner ließen am Sonntag mit ihren Trillerpfeifen und Seifenblasen keinen Zweifel, dass sie dem „Geisterschiff der Tonnenideologie“, wie es Gemeindevertreter Jens Klocksin (SPD) nannte, einen gebührenden Empfang bereitet hätten. Über 80 Teilnehmer waren dem Aufruf der Bürgeriniative „Pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ gefolgt und viele von ihnen waren überzeugt, dass die Ausbaubefürworter „gekniffen“ haben. Dabei hatte die Kleinmachnower Initiative einen Koffer voller Geschenke mit, darunter ein Fernglas für den Weitblick und einen Taschenrechner, um nachrechnen zu können, wie viele Millionen Gütertonnen noch über den Kanal können, bevor es in Kleinmachnows zu eng wird. Gerade einmal zehn Prozent der prognostizierten 8,8 Millionen Tonnen Fracht würden derzeit die Schleuse passieren.

Als „drohende Abkopplung Ostdeutschlands“ bewerten derweil die Wirtschaftsverbände den drohenden Ausbaustopp, der auch die Kleinmachnower Schleuse trifft. Im IHK-Boot sollten Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) mitschippern. Tage zuvor war aus dem Infrastrukturministerium zu hören, dass der Minister terminlich verhindert sei. Es bleibt Spekulation, ob die kurzfristig geänderte Strecke einer neuen Einsicht unter den Ausbaubefürwortern geschuldet ist.

Ihren Geschenkekoffer wollen die Ausbaugegner nun am heutigen Montag den IHK-Vertretern überreichen, wenn diese zum Abschluss ihrer Fahrt eine Resolution an die Bundesregierung übergeben werden. Viele Argumente der Ausbaugegner, die gestern auf Transparenten zu lesen waren, sind seit Jahren bekannt, doch es gibt auch Neuigkeiten. So würden die Kapazitäten der bestehenden Schleuse bei weitem nicht ausgenutzt, wie es hieß: Technisch sei es möglich, bis zu 124 Meter lange Schubverbände nach einer Entkopplung durch Kleinmachnow zu schleusen – sogar mit geringerem Aufwand als nach einem Schleusenausbau bei einem Zeitgewinn von anderthalb Stunden, so Initiativensprecherin Ursula Theiler. Sie leitete das Motto ab: „Unsere Schleuse = groß + schnell + leer“.

Bestärkt wurden die Ausbaugegner von der bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Valerie Wilms, aus ihrer Sicht wecke die IHK-Aktion unerfüllbare Hoffnungen. Wilms, die Sprecherin der parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt ist, sagte: „Es geht darum, was für die Wirtschaft relevant ist und wie die Bauten in Zukunft erhalten werden, für die Geld jetzt ausgegeben werden soll.“ Es habe noch keiner ausgerechnet, was die neuen Infrastrukturen einmal im Erhalt kosten werden. Zudem hält Wilms es für schwierig, die Binnenschifffahrt auf erneuerbare Energien umzustellen. Große Frachtmengen sollten per Bahn transportiert werden, die sei flexibler und könne mit weniger Aufwand den CO2-Ausstoß ihrer Züge senken, so Wilms.

Kirsten Graulich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false