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Die Neuen. Steffen Löser (links) und Christian Schnell betreiben seit drei Jahren die Künstleragentur Stageworkers in Berlin. Noch-Theaterchef Siegfried Patzer bot ihnen seine Nachfolge an, ab Januar 2017 übernehmen sie für fünf Jahre. Am Programm wird sich vorerst nicht viel ändern, nur die Preise steigen leicht.

© Andreas Klaer

Michendorfer Volksbühne: Berlin goes Michendorf

Künstler- und Marketingagentur aus Berlin übernimmt ab 2017 das Michendorfer Theater in der Volksbühne. Ihr Ziel: Es soll professioneller werden.

Von Eva Schmid

Michendorf - Michendorf hat etwas, das Berliner Künstler anzieht. Zumindest Regisseure und Intendanten. Mit Christian Schnell und Steffen Löser, den zwei neuen Leitern der Michendorfer Volksbühne, sind nun zum dritten Mal Theaterleiter aus der Hauptstadt in Michendorf. Schnell und Löser, die in Berlin die Künstler- und Marketingagentur Stageworkers betreiben, werden den Theaterbetrieb ab kommendem Jahr übernehmen. Dann wird der langjährige Leiter Siegfried Patzer, der vor über 15 Jahren das Theater in Michendorf aufbaute, sich nach langer Ankündigung nun tatsächlich zurückziehen. Am gestrigen Mittwoch wurde das neue Programm der Neuen vorgestellt.

Auch wenn vieles erst einmal so bleiben soll wie bisher, wird sich eines ändern: Die neue Leitung, die die Spielstätte für fünf Jahre mieten wird, will mehr Profischauspieler einsetzen. Schnell und Löser haben durch ihre Agentur viele Kontakte in die Künstlerszene. Bisher lebte die Kleine Bühne, wie sie bis 2015 hieß, von ihrem Laienschauspieler-Ensemble. Einige bisherigen Schauspieler jedoch wolle man weiterhin halten, sagte Schnell gegenüber den PNN. Auch an einer weiteren Zusammenarbeit mit Noch-Theaterchef Patzer sei man interessiert.

Erster trister Eindruck, der zweite Eindruck entschädigte

Auf der Suche nach einem jungen Tenor für die Komödie: „Noch einmal verliebt“ ist Patzer vor gut einem Jahr auf die Künstleragentur gestoßen. Er bot den Agenturchefs die Nachfolge seines Hauses an, die fuhren nach Michendorf und waren erst mal enttäuscht: „Wir standen vor dem Haus, haben den Hinterhof gesehen, das wirkte trist und traurig“, so der 54 Jahre alte Schnell. Als er und sein 52-jähriger Geschäftspartner das Foyer betraten, habe sich der Eindruck gewandelt. Der kleine, schön hergerichteten Zuschauersaal, die Akustik, das ganze Ambiente habe es ihnen angetan. Schnell, der ausgebildeter Sänger und Löser, der Intendant, mussten nicht lange überlegen. Sie sagten zu. „Wir sind Theatermenschen“, sagt Schnell.

Neben ihrer seit drei Jahren bestehenden Künstleragentur bestreiten sie seit ebenfalls drei Jahren die Sommerfestspiele in der kleinen mittelfränkischen Gemeinde Muhr am See, rund 50 Kilometer südwestlich von Nürnberg. Die Stücke, die sie dort aufführen, könnten auch in Michendorf gezeigt werden.

Vorerst will das Duo bei Komödien bleiben, danach sehe man weiter. „Wir wollen Volkstheater machen in seiner ganzen Bandbreite, also mit Klassikern und Modernem“, erzählt Schnell.

Klassiker und moderner Frauenroman

Nach der Eröffnungsgala am 6. Januar 2017 soll im März eine moderne Fassung von Heinrich von Kleists „Zebrochenem Krug“ auf die Bühne gebracht werden. Geplant ist auch die Komödie „Dinner für Spinner“ von Francis Vebers. Auch der Frauenroman „Mondscheintarif“, in dem eine Frau die schwierige Suche nach dem richtigen Mann beschreibt, wollen die beiden in Michendorf inszenieren. Schnell und Löser wollen künftig auch die Karten online verkaufen, sie planen eine moderate Preiserhöhung: Die Tickets kosten damit nun 15 Euro.

Gleichzeitig wird das Laienschauspieler-Ensemble um die junge Berliner Intendantin Christiane Hofer weiterhin in Michendorf Stücke aufführen – jedoch nicht im etablierten Haus. Wie berichtet gab es Ende 2014 einen Zwist zwischen Patzer und seinem Ensemble. Warum die Zusammenarbeit nicht mehr funktionierte, kann heute keiner mehr so genau sagen. Man trennte sich damals, so wurde das Theater in der Potsdamer Straße 42 in Volksbühne umbenannt, das bekannte Ensemble der Kleinen Bühne führte seine Stücke im Gemeindezentrum „Zum Apfelbaum“ auf. Beide Angebote wollen weiterhin parallel existieren.

Wie wird das Publikum die neuen, professionelleren Schauspieler annehmen?

Die Bühnenfreunde, der Förderverein des Theaters, würde gerne beide Ensembles unterstützen. Die Satzung gebe das „leider noch nicht her“, wie Vize-Vorsitzender Udo Reich sagte. So sei man nach wie vor mit dem Haus in der Potsdamer Straße verbunden. Reich ist gespannt, was die neuen Berliner in Michendorf vorhaben. Leichte Skepsis bleibt, denn „die Kleine Bühne ist ein Volkstheater, mit dem Volk, für das Volk“. Er weiß nicht, wie das Publikum die neuen, professionelleren Schauspieler annehmen wird. „Aber das ist meine persönliche Meinung“, so Reich. Die Bühnenfreunde würden das neue Projekt unterstützen.

Rückendeckung bekommen die zwei neuen Leiter auch von Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU), der sich freut, dass das Theater für weitere fünf Jahre erhalten bleibt. Von einem guten Umfeld in Michendorf spricht Schnell: Das Theater habe ein großes Einzugsgebiet, das von Potsdam bis nach Bad Belzig reiche, es habe sich etabliert und verglichen mit der Konkurrenz in Berlin sei es in Michendorf außerdem viel angenehmer. Kein Wunder, dass es so viele Berliner aufs Land zieht.

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