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Michendorf: Wenn der Flüsterasphalt nicht ausreicht

Vom Ausbau der A10 sind 136 Haushalte betroffen. Sie haben Anspruch auf „passiven Lärmschutz“.

Michendorf – Vorrauseilender Lärmschutz: 136 Haushalte in Michendorf und Ferch, die nach dem Ausbau der A10 im Jahr 2020 voraussichtlich von zu viel Lärm betroffen sein werden, können schon jetzt entsprechende Gegenmaßnahmen beantragen. Dies teilte Joachim Ruppert vom Unternehmen ISU Plan bei einer Informationsveranstaltung am Dienstag in Michendorf mit, an der rund 50 interessierte Bürger teilnahmen.

Bei den Maßnahmen handelt es sich um sogenannten „passiven Lärmschutz“. Sprich: Wenn trotz des aktiven Lärmschutzes (z.B. Flüsterasphalt und Lärmschutzwände) bei Gebäuden in großer Nähe zur Autobahn Überschreitungen der gesetzlichen Dezibel-Grenzwerte festgestellt werden, haben deren Bewohner Anspruch auf Gegenmaßnahmen. Diese können zum Beispiel im Einbau von lärmschluckenden Fenstern oder schalldämmenden Lüftern bestehen; die dienen vor allem dazu, Schlafzimmer auch nachts mit Frischluft zu versorgen, ohne das Fenster dazu öffnen zu müssen. Abgesehen davon kann es aber auch zu Entschädigungen für lärmbelastete Außenwohnbereiche kommen.

Aufgrund von Berechnungen wurden bereits jetzt die 136 Gebäude ermittelt, auf die dies zutreffen wird, acht davon in Ferch. Laut der Fernstraßenbau GmbH Deges, die die Autobahn-Erweiterung durchführt, wurden dafür immer die ungünstigsten Konditionen angenommen. Berechnet wurden also etwa die Dezibelwerte, wenn der Wind aus Richtung Autobahn weht. Die entsprechenden Haushalte wurden bereits angeschrieben, die Kosten für den Lärmschutz werden vom Bund erstattet. Die Mittel dafür sind demnach bereits in den 150 Millionen Euro einberechnet, die der Ausbau der A10 kosten wird.

Seit März wird ein 8,2 Kilometer langer Abschnitt der A10 zwischen den Dreiecken Potsdam und Nuthetal von bislang sechs auf künftig acht Spuren erweitert. Schon jetzt ist dies eine der am stärksten befahrenen Autobahnstrecken Deutschlands, täglich 126 000 Fahrzeuge werden für 2025 prognostiziert. Die Michendorfer Bürgerinitiative „Lärmschutz jetzt!“ kämpft seit Jahren für mehr Lärmschutz nach und während der Bauarbeiten. Sie hat unter anderem erreicht, dass auf 4,4 Kilometern Länge der neuen Fahrbahn lärmschluckender Flüsterasphalt verwendet wird.

Die Anwesenden der Info-Veranstaltung sorgten sich vor allem darum, ob trotz der angekündigten Maßnahmen weitere Lärmbelastungen auf Michendorf zukämen: So kritisierte ein Anwohner, dass durch die Baustellen LKWs über gesperrte Waldwege fahren würden. Michael Günther von der Deges unterstrich, dass ihre Baufahrzeuge laut Vertrag nicht durch die Siedlung fahren dürften: „Sie müssen von der Autobahn kommen.“ Sollten dennoch Verstöße beobachtet werden, können sich Anwohner aber an die Deges wenden.

Um den Lärm zu verringern, wird während der Bauarbeiten die Geschwindigkeit auf dem gesamten Bauabschnitt auf 80 Stundenkilometer gedrosselt, an Ein- und Ausfahrten sowie entlang der Raststätte Michendorf auf 60 Stundenkilometer. Ein Anwohner aus Ferch äußerte sich enttäuscht, dass sein Wohnort trotz gleicher Belastung nicht den gleichen Lärmschutz erhalte: „Der Flüsterasphalt endet hinter Michendorf, Ferch hat nichts davon.“ Entsprechend rauer könnte die Atmosphäre bei der nächsten Info-Veranstaltung der Deges sein: Sie findet am 28. Juni in Ferch statt. Erik Wenk

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