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Sumpfig. Die Senken auf den Wiesen sind im Winter und Frühjahr feucht.

© P. Koch

Potsdam-Mittelmark: Michendorf stimmt gegen Moorschutz

Gemeindevertreter stärken Landwirten den Rücken: Nutzflächen sollen nicht vernässt werden

Von Eva Schmid

Michendorf - Der Streit ist alt, trotzdem kochen nach wie vor die Emotionen hoch, wenn es um die Ungeheuerwiesen geht. Die Wiesen zwischen Stücken, Tremsdorf und Blankensee sollen nämlich auf 200 Hektar zum Moor umgewandelt und vernässt werden. Seit Jahren kämpfen die Naturschützer des Landschaftsfördervereins Nuthe-Nieplitz-Niederung für das Vorhaben. Gegenwind bekommen sie von Landwirten. Sie befürchten, mit dem Weideland ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Auch Anwohner in den Dörfern sorgen sich, dass durch neue Staustufen Wasser in ihre Häuser gelangt. Am Montagabend haben die Michendorfer Gemeindevertreter sich zum Moorschutz positioniert: Auf Antrag der CDU, FDP und der Wählergruppe FBL/UWG wird die Umwandlung von landwirtschaftlichen Nutzflächen in Moor abgelehnt.

„Mit dem Beschlussantrag stärken wir den Landwirten den Rücken“, sagte Eckhard Reinkensmeier (SPD) auf der Gemeindevertretersitzung. Würde es zu einer weiteren Vernässung von Wiesen und Äckern kommen, sei die Futterproduktion nicht mehr möglich, heißt es in dem Antrag der drei Fraktionen. Das Futter müsste aus größerer Entfernung herantransportiert werden, die Wertschöpfung werde stark gemindert, der regionale Stoffkreislauf unterbrochen. Der Moorschutz „gefährdet zudem die Lebensqualität der Anwohner“, sagte der Stückener Ortsvorsteher Udo Reich. Die feuchten Wiesen würden Mücken anlocken. Das lasse sich heute schon in Überschwemmungsgebieten in Mecklenburg-Vorpommern erkennen.

Doch ohne Moorschutz hat die Landwirtschaft keine Perspektive: „Bei unveränderter Nutzung ist in circa 20 Jahren das Ende erreicht“, erklärte Peter Koch vom Landschaftsförderverein gestern. Denn für die Grünlandbewirtschaftung müsse der Grundwasserspiegel regelmäßig abgesenkt werden. Die Konsequenz sei ein fortschreitender Abbau der organischen Substanz und damit Moorschwund. „Und wenn der Moorboden verbraucht ist, dann wird überhaupt keine landwirtschaftliche Nutzung mehr möglich sein“, so Koch. Eine intakte Moorwiese indes könne man bewirtschaften. Um das Moor zu schützen, hat das Land bei der Europäischen Union Fördermittel beantragt. Koch spricht von 15 Millionen Euro, die für ein Artenschutzprojekt vorgesehen waren. Davon sollten auch die Ungeheuerwiesen profitieren. Doch das Geld ist nicht bewilligt worden. Entmutigen lässt sich Koch dadurch nicht, auch nicht von dem Gegenwind aus Michendorf. „Wir werden weiter daran arbeiten, eine Einigung mit allen Beteiligten zu erzielen.“

Erst im vergangenen November hat der Landkreis versucht, Landwirte und Naturschützer zu versöhnen. Seit mittlerweile vier Jahren wird um das Moorschutzprojekt gerungen. Unterstützung kriegen die Moorbefürworter von den Grünen in Michendorf und der Unteren Wasser- und Bodenschutzbehörde des Kreises. Der Antrag sei populistische Polemik, sagte Gemeindevertreterin Ulrike Wunderlich (Grüne). Dass der Landschaftsförderverein mit seinen vielen Projekten auch Touristen in die Region locke, werde ignoriert. Zudem verstoße die Entscheidung der Gemeindevertreter gegen geltendes Recht. Das bestätigt auch ein Schreiben des Kreises: Eine Vernässung diene dem Erhalt der Kulturlandschaft, dafür gebe es rechtliche Grundlagen.

Entwarnung gibt es vom Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU): „Der heutige Beschluss ist rechtlich nicht bindend.“ Er sollte den Natürschützern vielmehr zeigen, dass Aufklärungsbedarf bestehe. Um jedoch mit dem Landkreis nicht in Konflikt zu geraten, hat Mirbach den Antrag von der Kommunalaufsicht prüfen lassen. Die gab grünes Licht und wertete ihn als politisches Statement.

Der Beschluss könnte nun in den weiteren Gemeinden, über die sich die Ungeheuerwiesen erstrecken, Vorbild sein, also in Beelitz, Nuthetal und Trebbin. „Ich begrüße die Michendorfer Entscheidung“, so der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis). Auch Beelitz sei auf Landwirte angewiesen. „Moorschutz gibt es nur, wenn Bauern adäquate Tauschflächen bekommen.“

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