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Bürgerprotest. Die Michendorfer wollen statt Gewerbeabfällen und Bauschutt lieber ihre Landschaft zurück. Laut einem Abkommen von 1996 sollte die BZR die Fresdorfer Heide eigentlich ab 2019 renaturieren. Nun laufen zwei Anträge, damit stattdessen eine Deponie in der Kiessandgrube entstehen kann. Bürger und die Gemeinden Michendorf und Nuthetal wehren sich dagegen.

© BZR

Michendorf: Gemeinde ruft zu Widerstand gegen Deponie auf

In der Fresdorfer Heide in Michendorf könnte die zweitgrößte Mülldeponie Brandenburgs entstehen. Die Bürger wollen auf die Barrikaden gehen - und Widerstand organisieren.

Michendorf - Der Bürgerwiderstand gegen die Deponie, die die Firma Bauzuschlagstoffe & Recycling (BZR) in der Fresdorfer Heide errichten möchte, geht in die nächste Runde. Bei einer Informationsveranstaltung im Michendorfer Gemeindehaus am Mittwochabend erklärte Bauamtsleiter Christopher Gerhardt, wie potentiell Betroffene sich gegen Errichtung und Betrieb der Deponie wehren können. Die geplante Deponie wäre mit ihren Ausmaßen nach Aussage der Gemeinde die zweitgrößte Brandenburgs. Auch Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) war anwesend und bekräftigte erneut, dass auch die Gemeinde sich gegen die Deponie ausspreche.

In der ausgekiesten Grube Fresdorfer Heide plant die BZR eine Deponie der Klasse 1. Die Deponieklassen 0 bis 4 zeigen an, wie stark schadstoffbelastet die Abfälle sein dürfen, die auf der jeweiligen Deponie gelagert werden. Zu Abfällen der Klasse 1 gehören nicht gefährliche Gewerbe- und Industrieabfälle wie etwa Fliesen mit Kleberresten. Die Kiesgrube soll für die Deponie erweitert werden und dann über eine Dauer von 30 Jahren 180 000 Tonnen Müll jährlich fassen.

Für die Errichtung der Deponie braucht die BZR eine Genehmigung des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Geologie

Der Rahmenbetriebsplan der BZR hatte nach einem Abkommen mit der Gemeinde von 1996 vorgesehen, dass das Areal ab 2019 renaturiert würde. Für die Errichtung der Deponie braucht die BZR eine Genehmigung des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Geologie, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Renaturierung entbunden wird. Das diesbezügliche Planfeststellungsverfahren läuft. Eine weitere Genehmigung müsse das Landesamt für Umwelt für die eigentliche Errichtung der Deponie erteilen, erklärte Bauamtsleiter Gerhardt in seiner Präsentation am Mittwoch: „Hierzu können nun die Bürger bis zum 8. November Einwendungen an das Landesumweltamt oder an die Gemeinde Michendorf richten.“

Die Einwendungen müssen in schriftlicher Form erfolgen und mit Vor- und Zunamen unterschrieben sein. Eine Einwendung sollte laut Gerhardt beinhalten, in welcher Form und in welchem Maß der Betroffene durch die Errichtung der Deponie beeinträchtigt werde. Außerdem solle die Adresse des Betroffenen gut lesbar in dem Schriftstück vermerkt werden. „Ein Beeinträchtigung kann etwa sein, dass Sie gern in der Nähe der Fresdorfer Heide spazieren gehen und sich bei Errichtung der Deponie durch Lärm, Staub oder den Lastwagen-Verkehr gestört fühlen würden“, so Gerhardt.

Die Bürgerinitiative Depo-Nie gibt im Internet Hinweise für den Protest

Es könnten auch Personen aus umliegenden Städten und Gemeinden oder sogar anderen Teilen Deutschlands Einwendungen verfassen, so Gerhardt weiter. „Wenn Ihr Bekannter aus Bayern regelmäßig in Michendorf Urlaub macht, kann er sich genauso durch eine Deponie beeinträchtigt fühlen.“ Auch Schulkinder könnten Einwendungen schreiben, etwa, dass sie sich auf dem Schulweg durch das Verkehrsaufkommen in Gefahr sähen, sagte Gerhardt. Ein Vertreter der Bürgerinitiative Depo-Nie, die sich seit einigen Jahren gegen die Pläne der BZR einsetzt, fügte hinzu, dass auf der Homepage der Initiative auch Formulierungshilfen bereitstünden.

Die Einwendungen würden nach Einsendeschluss vom Landesumweltamt geprüft und ein Erörterungstermin einberufen. Zu diesem Termin würden alle Bürger eingeladen, die eine individuelle Einwendung eingereicht hätten. „Bei gleichförmigen Einwendungen kann auch ein Vertreter gewählt werden, der für alle spricht“, so Gerhardt. Die Einwendungen könnten den Ausschlag für oder gegen die Deponie geben, falls das Vorhaben für die Behörde zur Abwägungssache würde. Wenn rechtlich nichts gegen eine Errichtung der Deponie spreche, zähle als Entscheidungsfaktor das öffentliche Interesse. „Da spielt es dann eine Rolle, wie viele Einwendungen eingegangen sind.“ Bürgermeister Reinhard Mirbach erinnerte die anwesenden Bürger daran, dass bezüglich des Lärmschutzes an der A 10 vor einigen Jahren über 600 Bürgereinwendungen eingegangen seien, die schließlich zu Erfolgen geführt hätten. Auch die Gemeinde Nuthetal hat ihre Bürger dazu aufgerufen, Einwendungen gegen die Deponie zu verfassen.

„Niemand möchte eine Deponie bei sich zu Hause haben“

Eine Studie des Landesumweltamts hatte vor kurzem ergeben, dass die Deponiekapazitäten im Land Brandenburg bereits im kommenden Jahr erschöpft sein werden. In ganz Brandenburg sind derzeit insgesamt zwölf Deponievorhaben in Planung. „Niemand möchte eine Deponie bei sich zu Hause haben“, so Gerhardt. „Am Ende steht dann die Frage: Wie groß ist der Widerstand vor Ort?“

Der ist bei den Michendorfer Bürgern nicht nur aufgrund von Umwelt- und Landschaftsschutzbedenken besonders stark, sondern auch aufgrund des Misstrauens gegenüber der Firma BZR: Im Jahr 2007 hatte der damalige Geschäftsführer Götz Eckert 20 000 Tonnen Bauschutt illegal in der Kiesgrube Fresdorfer Heide entsorgt. Das Gericht verurteilte ihn daraufhin 2008 zu einer Bewährungsstrafe. Inzwischen ist Eckert indirekt wieder Gesellschafter bei der BZR, über eine Berliner Firma, die zu 100 Prozent seiner Familie gehört. Auch wenn er den Chefposten abgegeben hat, befürchten viele Bürger, dass Eckert weiterhin das Sagen im Unternehmen hat. Julia Frese

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