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Im Landratsamt in Bad Belzig sind die Kreistagssitzungen. Das historische Gebäude bietet wenig Platz.

© Enrico Bellin

Mehr Transparenz bei Entscheidungen: Kreistagssitzungen sollen live übertragen werden

Bad Belzig liegt am Rand des Kreises, die Kreistagssitzungen dort beginnen bereits um 15 Uhr. Damit Mittelmärker sie trotzdem verfolgen können, wollen Linke und Piraten sie im Internet übertragen lassen.

Bad Belzig - Die Kreispolitik könnte künftig deutlich transparenter werden: Die gemeinsame Fraktion von Linke und Piraten fordert, in Zukunft alle Sitzungen des Kreistages live im Internet zu übertragen. „Das wäre mehr praktische Bürgernähe und Transparenz“, so die Fraktionsvorsitzende Katrin Menz. „Die Bürgerinnen und Bürger können direkt den abschließenden Akt der Entscheidungsfindung, die Argumente für und wider und die Positionen ihrer gewählten Vertreter verfolgen.“ Die Fraktion kann für den Vorschlag auf breite Unterstützung hoffen, wie eine Umfrage der PNN bei den anderen Kreistagsfraktionen ergab. Vertreter aller Fraktionen signalisierten Zustimmung oder wollen zumindest nicht dagegen votieren.
Die Kreistagssitzungen finden bisher alle zwei Monate im historischen Sitzungssaal im Landratsamt in der Bad Belziger Niemöllerstraße statt. Im mit dunklen Holz getäfelten Saal ist es sehr beengt, neben den 56 Kreistagsmitgliedern müssen schließlich noch Verwaltungsmitarbeiter sitzen, um Fragen zu beantworten. Für das Publikum gibt es wenige Plätze in einem Nebenraum – die jedoch trotzdem nur selten belegt sind, schließlich ist Bad Belzig weit weg von der am dichtesten besiedelten Region des Kreises. Von Werder (Havel) sind es knapp 50 Kilometer in die Kreisstadt, von Teltow sogar gut 70 Kilometer.

Bisher ist die Mittelmark Katrin Menz zufolge nicht gerade ein Vorreiter, wenn es darum geht, über das Internet mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten. Zur Umsetzung der Live-Übertragung wird nun das Gespräch mit der Verwaltung und den anderen Fraktionen gesucht, so Menz. Die Übertragung von Sitzungen ist in Brandenburg nichts Ungewöhnliches. So kann man Landtagsdebatten bereits im Internet verfolgen. Im neu gewählten Landtag wird nun sogar darüber debattiert, auch Ausschussdebatten zu übertragen. Auch in Potsdam kann man seit Anfang 2014 die Sitzungen der Stadtverordneten live im Internet verfolgen.

Viele müssten um 13 Uhr losfahren, um zur Sitzung zu kommen

„Die Sitzungen des Kreistages beginnen bereits um 15 Uhr. Das bedeutet für viele Mittelmärker, sie müssten um 13 Uhr losfahren, um rechtzeitig vor Ort zu sein“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Dietmar Otto. Er begrüßt deshalb die Idee von Linken und Piraten. Die CDU-Fraktion trifft sich am Montag zu einer Absprache. Der Fraktionsvorsitzende Martin Scymczak begrüßt persönlich jedoch den Antrag, der seiner Meinung nach auch schnell umsetzbar wäre. Für sehr schwierig hält hingegen Peter Weis, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion FDP/BiK/BiT, die Umsetzung. Wenn, dann sollte die Übertragung schließlich richtig umgesetzt werden. Die Kreistagsmitglieder reden meist von ihrem Sitzplatz aus. Damit sie trotzdem sichtbar sind, müssten Weis zufolge mehrere Kameras im historischen Saal installiert werden oder ein Kamerateam müsste die Sitzung filmen. „Der politische Diskurs muss schließlich von beiden Seiten sichtbar sein“, so Weis. Es bringe nichts, nur das Präsidium zu zeigen und nicht die Kreistagsmitglieder. Außerdem sollte Weis zufolge die Sitzung auch in Gebärdensprache übersetzt werden, um Gehörlosen eine Teilnahme zu ermöglichen. So würde eine Übertragung auch die Barrierefreiheit des Kreistages verbessern.

Freies W-Lan gibt es im Kreistag nicht

Für wichtiger hält Weis aber den Aufbau eines freien WLAN-Netzes im Kreistag und die Verbesserung des Handy-Empfangs. Um ins Internet zu kommen, müssen sich die Abgeordneten derzeit beim Kreistagsbüro ein Passwort ausdrucken lassen, welches sie einmalig verwenden können und das zwei Stunden lang gültig ist. Dieses Prozedere kritisiert auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Elke Seidel als zu kompliziert. Wenn schon der WLAN-Zugang nicht klappt, sei die Live-Übertragung sicher auch schwierig umzusetzen. Grundsätzlich habe sie aber nichts dagegen. Die Frage ist nur, ob das mehr Bürgernähe bringe. „Bisher hielt sich das Interesse doch stark in Grenzen.“

Wenige Mittelmärker gehen tatsächlich zu den Sitzungen

Auch Roland Büchner, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, glaubt nicht, dass die Übertragung von vielen Mittelmärkern angeschaut würde. Er selbst sei bei dem Thema aber emotionslos und würde nicht dagegen stimmen. In Potsdam hatte sich ein Jahr nach der Einführung der Übertragung eine zweistellige Anzahl an Nutzern die Stadtverordnetenversammlungen im Internet angeschaut. Aktuellere Zahlen liegen dazu derzeit nicht vor. An eine gute Wirkung in der Öffentlichkeit glaubt hingegen der AfD-Abgeordnete Marlon Deter. „Wenn Bürger die Sitzungen sehen und nachverfolgen können, wer welche Argumente hat, entsteht vielleicht nicht mehr das Gefühl, dass da nur irgendwas beschlossen wurde.“ Über die technische Umsetzung der Übertragung müsse man sich allerdings noch abstimmen.

Enrico Bellin

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