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Welche Farbe darf’s denn sein? Die neue Fahrradwerkstatt des Oberlinhauses in Michendorf bekommt ein vergleichsweise schlichtes Äußeres. Die Jobs in der Einrichtung sind im Übrigen sehr begehrt.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Mehr Platz zum Reifenflicken

Die Behindertenhilfe Haus St. Norbert in Michendorf legt den Grundstein für eine neue Fahrradwerkstatt des Oberlinhauses.

Michendorf - Eine aktuelle Tageszeitung, ein paar Münzen und einige Bastelarbeiten der Mitarbeiter legt Lorett Eichholz, die Einrichtungsleiterin der Behindertenhilfe Haus St. Norbert, in die Zeitkapsel. Dann versenkt sie sie in einem hohlen Stein des kleinen Mauerstücks, das bis zum nächsten Sommer die neue Fahrradwerkstatt der Einrichtung werden soll – ein alter Brauch, mit dem der Bauherr, das Oberlinhaus, am Freitag die Grundsteinlegung für das neue Gebäude feierlich begeht. Nachdem der Stein mit Beton versiegelt ist, singen alle Gäste gemeinsam das Lied „Es ist noch Platz in der Arche“ und Oberlin-Pfarrer Matthias Fichtmüller spricht einen Segen für das neu entstehende Gebäude.

Bereits seit zehn Jahren bietet das Norberthaus in der Luisenstraße in Michendorf Tagesbetreuung und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung an. Das bisherige Gebäude der Fahrradwerkstatt ist jedoch sichtlich in die Jahre gekommen und soll nach Fertigstellung des Neubaus abgerissen werden. Der Neubau soll nicht nur äußerlich moderner wirken, sondern auch im Inneren durch eine bessere Raumaufteilung mehr Platz bieten. Statt der bisherigen acht Mitarbeiter sollen dort dann zwölf Beschäftigte Räder einspeichen, platte Reifen flicken oder Ketten auswechseln können.

Neben der Fahrradwerkstatt soll auf dem Grundstück in der Luisenstraße ein neues Gebäude für die Tagesbetreuung von Behinderten entstehen. Derzeit leben auf dem Gelände in acht Wohngruppen insgesamt 71 behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Träger der Wohngruppen ist die katholische Gemeinschaft Deutscher Orden. Die acht Wohngruppen verteilen sich auf vier Wohnhäuser, die von einem Parkgelände umgeben sind. Behinderte werden dort von festen Bezugspersonen betreut und sollen größtmöglich in ihrer Eigenständigkeit unterstützt werden.

Neue Werkstatt war längst überfällig

Je nach Grad der Behinderung beschäftigen sich die Bewohner tagsüber mit ergotherapeutischen Bastelangeboten oder gehen einer Arbeit in einer der Werkstätten des Oberlinhauses nach. Die Bewohner sollen durch den Wechsel zwischen Wohn- und Arbeitsstätte einen geregelten Tagesablauf erfahren, der dem von nichtbehinderten Schülern oder Arbeitnehmern entspricht. „Das sogenannte Zwei-Milieu-Prinzip sieht vor, dass Arbeits- und Wohnbereich klar voneinander getrennt sind“, erklärt Einrichtungsleiterin Lorett Eichholz. Ziel sei es dabei immer, die Menschen möglichst in einer der Werkstätten beschäftigen zu können.

Außer in Michendorf bietet das Oberlinhaus weitere Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Hermannswerder an. Dort bauen die Beschäftigten etwa Vogelhäuschen, pflegen Gärten oder helfen bei der Vernichtung von vertraulichen Akten. „Die Stellen in unseren Fahrradwerkstätten sind allerdings besonders begehrt“, sagt Daniel Klappenbach, Geschäftsführer der Oberlin Werkstätten. Gerade junge Menschen hätten meist viel Spaß am Reparieren der Fahrräder. Der Bau einer neuen Werkstatt sei längst überfällig gewesen, so Klappenbach. „Es war mir in den letzten Jahren schon unangenehm, wenn ich Eltern von zukünftig Beschäftigten das alte Haus zeigen musste.“

Auch das neue Gebäude für die Tagesbetreuung der Bewohner soll Mitte kommenden Jahres fertig werden. Es wird dann über fünf Betreuungsräume, einen Therapie- und einen Kreativraum verfügen. Daneben sind mehrere Abstellräume, sowie ein Büro und ein Aufenthaltsraum für die Betreuer vorgesehen. Der Baubeginn für die ’Tagespflege hatte sich leicht verzögert, da sich im Boden noch alte Rohre befanden, sagt Einrichtungsleiterin Lorett Eichholz. „Seitdem die beseitigt sind, sind wir aber gut im Zeitplan.“

Investitionskosten: 2,4 Millionen Euro

Die Investitionskosten für beide Neubauten belaufen sich auf insgesamt 2,4 Millionen Euro, so Eichholz. Der größere Anteil von 1,4 Millionen Euro entfalle dabei auf die Tagespflegeeinrichtung. Die Tagespflege ist sowohl für Behinderte gedacht, die auf dem Gelände wohnen, als auch für jene, die nur stundenweise Betreuung brauchen, weil sie etwa noch im Elternhaus leben.

Erst vor kurzem hatte sich eine weitere soziale Einrichtung in Michendorf etabliert: das Familienzentrum, das erst im vergangenen Jahr in unmittelbarer Nachbarschaft des Norberthauses eröffnete. Die Caritas betreut dort junge Familien mit kleinen Kindern. Hebammen bieten Kurse an, zudem können junge Eltern ihre Babys in Krabbelgruppen betreuen lassen oder Familiencafés besuchen. Bürgermeister Reinhard Mirbach nutzte die gestrige Grundsteinlegung, um auch die Entwicklung des Familienzentrums zu loben. „Ich freue mich, dass der Standort durch die sozialen Einrichtungen, die hier entstanden sind, immer belebter wird.“

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