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Mehr als 130 Kilogramm Cannabis, Amphetamine und Kokain wurden im Februar 2016 zufällig auf dem Bauernhof in Bad Belzig gefunden. Der Bauer wurde schon verurteilt, jetzt stehen die Dealer vor Gericht.

© DPA

Mehr als 100 Kilo Cannabis im Darknet verkauft: Mutmaßliche Drogenbande gesteht vor Gericht

Sie sollen jahrelang Drogen aus den Niederlanden nach Bad Belzig gebracht und im Darknet verkauft sowie Menschen erpresst haben. Jetzt erwarten sie bis zu zehn Jahre Haft.

Bad Belzig - Im Fall der mutmaßlichen Bad Belziger Drogenbande, deren Mitglieder unter anderem Rauschgift im Wert von 750.000 Euro verkauft sowie einen Mann zusammengeschlagen, erpresst und mit dem Tode bedroht haben sollen, haben die Angeklagten am Mittwoch einen Großteil der Taten eingeräumt. Die sechs Angeklagten im Alter von 20 bis 46 Jahren, von denen fünf seit einem Jahr in Untersuchungshaft sind, haben durch ihre Anwälte umfassende Einlassungen verlesen lassen.

S. soll dem Belziger Bauern 136 Kilo Cannabis gegeben haben

So gab der Hauptangeklagte Johann S. zu, dem Bad Belziger Bauern Marinus V. mehrmals in den Niederlanden Taschen mit Marihuana übergeben zu haben, insgesamt etwa 136 Kilogramm des Rauschgiftes. S. hatte beim Bauern wie berichtet einen Keller gemietet, in dem die Drogen gelagert wurden. Ermittler waren im Februar 2016 auf den Vorfall gestoßen, sie hatten den Hof wegen des Verdachts auf Steuervergehen durchsucht. Marinus V. wurde im Herbst 2016 zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Johann S. hat nach eigenen Angaben die Drogen aus dem Bad Belziger Keller meist in andere Depots gebracht, zu denen er keine Angaben machen wollte. Insgesamt soll er von Oktober 2015 bis September 2017 gedealt haben, auch habe er aus Spanien Drogen besorgt – zu deren Menge wollte er keine Angaben machen. Insgesamt habe er aber nicht wie vorgeworfen Drogen im Wert von 750.000 Euro verkauft, da ihm etwa die Häfte des Rauschgifts aus seinen Depots gestohlen oder wie beim Hof in Bad Belzig beschlagnahmt worden sei. 

Die Bande wollte Geschäftspartner "eine Lektion erteilen"

Einem Mann aus Brandenburg/Havel, der Johann S. betrogen haben soll, hätten S. und die Mitangeklagten Stefan R., Ruslan K. und Paul F. im April 2017 überfallen, um ihm „eine Lektion zu erteilen.“ Während S. im Auto geblieben sei, seien die anderen drei auf den Mann losgegangen, hätten ihm das Portemonait abgenommen und ihn erpresst: Wenn er nicht 50.000 Euro zahle, würden sie ihn und seine Freundin töten. Beim nächsten Besuch sei der Mann nicht angetroffen worden, anschließend hätten sie „die Angelegenheit nicht weiter verfolgt“. „Es gab zwar die Idee, ihm einen abgetrennten Tierkopf vor die Tür zu legen. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen“, so Stefan R. Die vier am Überfall Beteiligten waren gemeinsam in Bad Belzig aufgewachsen und kannten sich daher. 

Belziger wollten "im Puff mit Champagner" feiern

Später hatte S. den Berliner Robert T. kennengelernt, der nach eigenen Angaben in einer Berliner Kleingartenanlage 80 Cannabispflanzen anbaute und über das Darknet verkaufen wollte. Beide seien auf die Idee gekommen, Drogen übers Darknet – einem geheimen Teil des Internets – zu verkaufen. Neben Cannabis sollten auch von S. besorgte Amphetamine und Kokain gehandelt werden. Robert T. hatte nach eigenen Angaben den Part am Computer übernommen, S. einen Großteil der Drogen besorgt und Stefan R. die Versendung übernommen. Nach einer Startphase sollte auch Paul F. einen Rechner erhalten, um Drogen zu verkaufen. „Wir waren selbst berauscht von der Idee, richtig schwere Jungs und eine Bande zu sein“, sagte Johann S., der neben einer Freundin auch eine fünfjährige Tochter hat. Stefan R. beschreibt, dass man später, wenn die Bande größer würde, Neumitglieder „im Puff mit Champagner“ aufnehmen würde. Dazu ist es durch die Festnahme der Angeklagten im Herbst 2017 aber nicht mehr gekommen.

Angeklagter gibt Cannabis-Plantage in Berliner Gartenlaube zu

Der sechste Angeklagte, der Berliner Mirco W., soll in 48 Fällen jeweils zehn Gramm Cannabis von Johann S. gekauft und teilweise weiterverkauft haben. Er ist der einzige Angeklagte, der momentan nicht in Untersuchungshaft sitzt. Ihn erwartet einem Verständigungsvorschlag des Gerichts, dem sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidiger am Mittwoch zugestimmt haben: die geringste Strafe – zwei Jahre Gefängnis, womöglich zur Bewährung ausgesetzt. Johann S. hingegen muss mit einer Haftdauer zwischen neun Jahren und sechs Monaten und zehn Jahren und sechs Monaten rechnen. Das Strafmaß für Stefan R. und Ruslan K liegt jeweils zwischen sechs Jahren und drei Monaten und sieben Jahren. Für Robert T. hält das Gericht einen Rahmen von fünf Jahren und drei Monaten bis sechs Jahren für angemessen, Paul F. bekommt als jüngster Angeklagter nicht mehr als drei Jahre Jugendstrafe.  Grundlage dieser Verständigung ist jedoch, dass die Angeklagten auch weiterhin so umfassend aussagen – auch zu den Mittätern. Die Verhandlung soll am 26. September mit der Vernehmung von Zeugen fortgesetzt werden. Derzeit sind noch vier Verhandlungstage angesetzt. 

Enrico Bellin

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