zum Hauptinhalt
Fortsetzungsgeschichte. Die Entstehung des Teltower Hafens, seit mehr als drei Jahren im Bau, ist geprägt von immer weiter steigenden Kosten, Vorwürfen und einer langen Liste von Problemen.

© Ronny Budweth

Marina in Teltow: Von Schock zu Schock

Seit drei Jahren wird die Marina in Teltow gebaut. Die Kosten sind seither aus dem Ruder gelaufen. Wie es dazu kam und wie es nun weiter geht. Die PNN geben einen Überblick.

Teltow - Seit mehr als drei Jahren befindet sich Teltows geplanter Stadthafen im Bau. Die Kosten haben sich verdreifacht. Warum, untersucht seit Sommer 2016 ein Berliner Sachverständiger. Mit Spannung und zunehmender Ungeduld wird sein abschließendes Gutachten erwartet. Die PNN geben einen Überblick über das Geschehen und offene Fragen:

Wie die Kosten geklettert sind

Schon ein halbes Jahr vor Baubeginn haben die Stadtverordneten die erste Hiobsbotschaft zu verdauen. Zu diesem Zeitpunkt sind fünfeinhalb Millionen Euro aus der Stadtkasse für den Hafen eingeplant: 4,2 Millionen Euro für den Bau der Marina und 1,3 Millionen Euro für das Grundstück. Dazu kommt eine knappe Million an Fördermitteln der Brandenburger Investitionsbank. Im April 2014 steht jedoch fest: Der Hafen wird noch eine knappe Million Euro teurer. Trotzdem legt Teltow am 1. November 2014 mit dem symbolischen Spatenstich los.

Kurz darauf der nächste Kostenschock: Statt der sechseinhalb Millionen sollen nun zehn Millionen Euro an Steuermitteln für das Projekt aufgebracht werden. Gegen den Widerstand einiger Stadtverordneter geben SPD, CDU und FDP/LTR Anfang 2015 die Gelder frei. Als im Frühsommer 2016 bekannt wird, dass die Kosten noch einmal um vier Millionen Euro klettern werden, fordern die Stadtverordneten einen unabhängigen Gutachter, der die Vorgänge analysieren soll. Zudem werden Ausstiegsszenarien geprüft, aber verworfen.

Auch verzögert sich der Bau. Statt zur Saison 2017 soll der mit 39 Booten konzipierte Anleger nun in diesem Sommer eröffnen. Ob es dazu kommt, ist zumindest fraglich. Noch müssen das Becken vollendet, Parkplätze angelegt und nicht zuletzt das Restaurant- und Bürogebäude gebaut werden, für das es bislang aber weder Bauherrn noch Betreiber gibt.

Was die Stadt zu den Kosten sagt

Die öffentlichen Erklärungen der Stadt zur Marina werden im Laufe der Zeit rarer. Als Gründe für die erste Erhöhung im April 2014 von rund einer Million Euro werden erhöhte Entsorgungskosten für die Altlasten auf dem belasteten Grundstück benannt. Anstelle der kalkulierten 1,6 Millionen Euro sollen Aushub und Entsorgung des Materials rund 500 000 Euro mehr kosten. Hinzu kämen erhöhte Planungs- und Dienstleistungskosten, etwa für weitere Baugrunderkundungen. Den zweiten Kostenschub Anfang 2015 begründet die Stadt mit einem Mehrbedarf für das geplante Gastronomiegebäude, Mehrkosten für eine Dichtwand und für die Hafenböschung inklusive Bodenverbesserungssystem, die in der Anfangskalkulation offenbar nicht berücksichtigt worden waren.

Zum größten Kostentreiber wird das Bodenmanagement. Die Kosten für den Erdaushub, Bodenaustausch und die Entsorgung des belasteten Bodenmaterials steigen drastisch an. Allein bis Anfang 2017 verdoppelt sich das Auftragsvolumen auf vier bis fünf Millionen. Der spätere Projektsteuerer geht in einer im Auftrag der Stadt erstellten Finanzanalyse sogar von möglichen Kosten bis zu siebeneinhalb Millionen Euro für diesen Bauabschnitt aus. Grund ist, dass der Boden im Laufe des Projekts tiefer ausgekoffert worden ist, als anfänglich geplant wurde.

Was die Kritiker der Stadt vorwerfen

Die Hafenkritiker werfen den Projektverantwortlichen vor, in Entscheidungen zur Marina nicht eingebunden oder mit allen verfügbaren Informationen versorgt gewesen zu sein. So war der Auftrag für das Bodenmanagement von den Stadtverordneten im Dezember 2014 zu einer Auftragssumme von 2,1 Millionen Euro vergeben worden. Wie Teltows Baubeigeordnete Beate Rietz (SPD) einräumte, hatte sie die Stadtverordneten nach der Beschlussfassung in weitere Entscheidungen nicht mehr einbezogen. Wann und warum genau es zu den Nachträgen kam, sagte sie bisher nicht. Stattdessen wird in Fragen rund um das Bodenmanagement auf das noch ausstehende Gutachten des Berliner Sachverständigen verwiesen.

Was derzeit angenommen wird

Nach vorläufigen Erkenntnissen des mit der Untersuchung der Kostensteigerung betrauten Berliner Geologen sollen Baugrund- und Bodenuntersuchungen zu Beginn des Projekts mangelhaft gewesen sein. Dadurch seien die tatsächlichen Altlasten und Bodenverhältnisse nicht rechtzeitig erkannt worden. Nach einer Entscheidung der Stadtverordneten hat die Stadt Teltow beim Landgericht Bremen Klage gegen das Institut für Wasserbau der Hochschule Bremen als auch einen Subunternehmer eingereicht. Diese waren zu Beginn mit dem geologischen Erkundungskonzept für die Marina betraut. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. Laut Gericht wird abgewartet, ob sich die Parteien gütlich einigen.

Doch es gibt auch Zweifel hinsichtlich der Schuldfrage. Durch die bekannte frühere Nutzung des Hafenareals durch ein Betonwerk mit Tankstelle, Waschrampe und Öllager mussten die Projektverantwortlichen von einer hohen Belastung ausgehen. Verweise darauf finden sich sowohl im Bebauungsplan als auch in diversen Stellungnahmen beteiligter Behörden. Eine Teilfläche des Marina-Geländes war zudem im Altlastenkataster des Landkreises Potsdam-Mittelmark registriert.

Welche Fragen die Vergaben aufwerfen

Neben dem exorbitanten Anstieg des Auftragsvolumens für das Bodenmanagement warfen im Laufe des Projekts auch andere Auftragsvergaben Fragen auf. In einem Fall war an ein Teltower Planungsbüro über drei Jahre lang eine monatliche Pauschale in Höhe von 9000 Euro für die planerische Projektsteuerung gezahlt worden. Fraglich ist, ob Leistungen einer solchen Projektsteuerung erbracht wurden. Zudem hatte sich der Auftrag auf mehr als 350 000 Euro summiert, er war aber nicht ausgeschrieben worden. Ein weiteres Planungsbüro hatte über diverse freihändig vergebene Aufträge rund 450 000 Euro eingenommen. Auch der Auftrag für das kurz vor Baubeginn vorgelegte Abfallentsorgungs- und Sanierungskonzept, auf dem das immer teurer gewordene Bodenmanagement basierte, war nach Angaben der Baubeigeordneten zunächst für rund 23 000 Euro vergeben worden, gezahlt wurden letztlich aber gut 100 000 Euro. Kenntnis hatten die Stadtverordneten davon nicht. Insgesamt haben sich die Planungs- und Dienstleistungskosten von anfänglich kalkulierten 700 000 Euro nahezu vervierfacht.

Mit den Vergaben befasst sich seit Mai 2017 auch die Potsdamer Staatsanwaltschaft, nachdem dort nach einem Bericht der PNN eine Anzeige eingegangen war. Die Prüfung dauert an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false