zum Hauptinhalt

Made in Teltow: Kabellos durch die Luft

Das Teltower Unternehmen Peiker Aviatronic will Leitungen im Flugzeug durch neue Kommunikationstechnik überflüssig machen.

Von Enrico Bellin

Teltow - Flugzeugturbinen, die Technikern beim Landeanflug nötige Wartungsarbeiten mitteilen und Bordküchen, die die Flugbegleiter auch vom anderen Ende des Flugzeugs aus steuern können: Die Peiker Aviatronic GmbH will aus Teltow heraus die kabellose Kommunkation im Luftfahrtbereich mitbestimmen. „Wir wollen ein neues Standard-Modul für die Kommunikation schaffen, sozusagen die Fritzbox der Luftfahrt“, erklärt Geschäftsführer Peter Köppel das Anliegen der vor sechs Monaten gegründeten Firma.

Die Peiker Aviatronic ist eine Ausgründung aus der Pei Tel GmbH, die in Teltow seit 1991 unter anderem Funkgeräte und Mikrofone für Bahnen, Busse und Lastwagen entwickelt und baut. Auch die auf Polizeiwagen montierten Lautsprecher werden von den mehr als 60 Mitarbeitern in der Rheinstraße produziert. „Die Vorkenntnisse aus diesem Bereich wollen wir auf die Luftfahrttechnik übertragen“, so Köppel. Der 58-jährige Avionics Engineer, eine Vorform des heutigen Luftfahrtingenieurs, arbeitet seit 39 Jahren in der Branche. Zwar gebe es schon Zulieferbetriebe, die Lösungen für einzelne kabellose Anwendungen entwickelt haben. Doch ein Unternehmen, das eine standardisierte Plattform für alle Bereiche – ob innerhalb des Flugzeuges oder bei der Kommunikation mit Fluglotsen und Technikern – anbietet, gebe es noch nicht, sagt Köppel.

Noch hat die Peiker Aviatronic, die in der Rheinstraße in direkter Nachbarschaft zu Pei Tel Büros hat, nur vier Mitarbeiter, zwei weitere sollen im kommenden Jahr dazukommen. Derzeit werden Produkte und Lieferketten vorbereitet, dazu müssen Zulassungen durch die Europäische Luftfahrtsicherheitsbehörde EASA und das deutsche Luftfahrtbundesamt vorbereitet werden. Sie sollen im zweiten Quartal 2018 vorliegen, erst dann kann das Geschäft mit Airlines und deren Zulieferern richtig losgehen. Zur Jahresmitte soll dann das Produkt serienreif sein. Genaueres könne man aus Gründen der Geheimhaltung noch nicht mitteilen, hieß es.

Derzeit liefen bereits Gespräche mit potentiellen Kunden – denn ohne Auftrag werde in der Luftfahrt wegen der meist geringen Stückzahlen und hohen Produktionskosten aufgrund der Sicherheitsanforderungen nichts entwickelt. „Wo sich die erste Lücke auftut, werden wir reinspringen. Ob das eine kabellose Kaffeemaschine oder ein Höhensensor ist, ist im Grunde egal“, so Köppel. Schließlich gehe es nur um die Übertragung von Daten. Vor allem bei der Sprachübertragung wolle man aber mit 75 Jahren Erfahrung der Mutterfirma punkten. Für den Erfolg gelte es, zunächst die Fluglinien zu überzeugen: „Die Airlines müssen dann auf die Zulieferer Druck ausüben, auch unsere Technik einzukaufen und zu verbauen“, erklärt Köppel. Anfangs werde man wohl eher kleinere Zulieferfirmen bedienen.

Die Luftfahrtbranche ist in der Region gut vertreten: So werden bei MTU im benachbarten Ludwigsfelde Flugzeugturbinen gewartet, in Dahlewitz baut Rolls Royce seine Triebwerke und eine Außenstelle des Luftfahrtbundesamtes sitzt in Schönefeld.

Der Geschäftsführer selbst wird wohl schon in Rente sein, wenn das Unternehmen nennenswerte Gewinne einfährt. Schließlich sei der Markt sehr langfristig orientiert, die Entwicklung eines neuen Flugzeuges dauere im Schnitt 18 Jahre. Köppel, der selbst früher geprüft hat, ob Elektronik luftfahrtauglich ist, glaubt aber an den langfristigen Erfolg: „Durch das Einsparen von kilometerlangen Kabeln in so einem Flugzeug spart man auch extrem Gewicht ein.“ Das mache das Fliegen dann dauerhaft wirtschaftlicher.

Die Produkte der Peiker Aviation sollen in den Hallen der Mutterfirma Pei Tel hergestellt werden, bei der momentan ausgebaut wird. „Anfang Juni haben wir unser neues, 600 Quadratmeter großes Lager bezogen. Vorher hatten wir 140 Quadratmeter in einer Büroetage“, sagt Pei Tel-Sprecher Christian Martin. Bis Mitte November werden in der Halle neben den Büros neue Fertigungsräume eingerichtet, wodurch sich deren Fläche auf 400 Quadratmeter vervierfacht. Anschließend werden in den früheren Lager- und Fertigungsräumen Büros geschaffen, damit die Mitarbeiter der Aviatronic-Tochter ins gleiche Gebäude ziehen können wie die Pei Tel- Mitarbeiter. Investiert werde ein höherer sechsstelliger Betrag in das Projekt, auch Mitarbeiter würden ständig gesucht, vor allem für die Fertigung sowie Hard- und Softwareentwickler. „Wir haben in diesem Bereich großen Fachkräftemangel“, erklärt Köppel.

Auch die Insolvenz von Air Berlin helfe da wenig, weil die Airline zwar über Techniker verfügt, die Entwicklung aber ausgelagert gewesen sei.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false