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Wie liquide ist Teltow?

© Andreas Klaer

Lückenhafte Haushaltsführung: Teltow ohne finanzielle Übersicht

Seit sieben Jahren ist die Kommune Teltow mit ihren Jahresabschlüssen in Verzug. Das bleibt nicht ohne Folgen.

Potsdam-Mittelmark - Wie viel Geld hat Teltow und was kann sich die Stadt tatsächlich leisten? Nach dem aktuellen Haushaltsrecht müssen Brandenburger Kommunen seit dem Jahr 2011 alljährlich den politischen Gremien einen geprüften Abschlussbericht zu ihrer Vermögens- und Finanzlage vorlegen, der Schulden und Vermögen als auch alle Einnahmen und Ausgaben eines Jahres detailliert erfasst. In Teltow warten die Stadtverordneten jedoch schon seit sieben Jahren auf die gesetzlich vorgeschriebene Übersicht. Den Abgeordneten fehlt damit nicht nur ein Überblick über die tatsächliche Finanz-Situation der Stadt, es stellt sich zudem ein weiteres Problem: Den Abrechnungen folgt in der Regel ein Entlastungsbeschluss, mit dem die Stadtverordneten dem Bürgermeister eine ordnungsgemäße Buchführung bescheinigen. In Teltow wurde ein solcher Beschluss letztmalig im April 2012 für das Haushaltsjahr 2010 gefasst. Konsequenzen hat das aber nicht.  „Es stellt sich die Frage, was die Kommunalverfassung wert ist, wenn Gesetze willkürlich gebrochen werden können“, kritisierte der Teltower Stadtverordnete Andreas Wolf (Bürger für Bürger). Niemand wisse verlässlich, wie liquide Teltow ist, sagte er den PNN. Gerade für die Zeit des Hafenbaus, mit dem im Jahr 2014 begonnen worden war, fehlten verlässliche Zahlen. Gemeinsam mit der Landtagsfraktion der Freien Wähler bereite er zurzeit eine Kleine Anfrage an die Landesregierung vor. Zudem überlege er weitere Schritte, erklärte er.

Doppelte Buchführung seit 2011 vorgeschrieben
Im Land Brandenburg war im Jahr 2008 damit begonnen worden, die kommunale Haushaltsführung von der einfachen auf die doppelte Buchführung, die so genannte Doppik, umzustellen. Ab dem Haushaltsjahr 2011 ist sie vorgeschrieben. Für das erste Jahr ist eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, die einen Überblick über das gesamte kommunale Vermögen als auch die Schulden der Städte und Gemeinden gibt. In der Folge sind den politischen Gremien regelmäßig zum 31. Dezember eines Jahres durch den Kämmerer Jahresabschlüsse vorzulegen, die die tatsächliche Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage der Kommunen aufzeigen.

Den Aufwand unterschätzt

Teltow hatte die geforderte Eröffnungsbilanz für das Jahr 2011 im Jahr 2016 erstellt, der erste Jahresabschluss sei nun in Arbeit und soll bis zum Frühjahr vorliegen, erklärte Stadtsprecher Jürgen Stich. Zugleich räumt er ein: „Wir haben den Aufwand unterschätzt.“ Die ausstehenden Abschlüsse sollen sukzessive nachgeholt werden. Es sei geplant, dafür eine zusätzliche Stelle zu schaffen, sagte er. Die Umstellung bereitete offenbar auch anderen Kommunen Probleme. Laut einer Statistik, die 2017 im Rahmen einer Kleinen Anfrage der Linken im Landtag erstellt worden war, hatten zu diesem Zeitpunkt 75 Kommunen im Land noch keine Eröffnungsbilanz erstellt, mehr als 250 keinen Jahresabschluss, darunter auch die Gemeinden Seddiner See und Nuthetal. Auch die Stadt Werder (Havel) hatte leichte Anpassungsschwierigkeiten und hinkt mit den Jahresabschlüssen hinterher, im Vergleich zu Teltow aber weit weniger stark. Nach Angaben von Stadtsprecher Henry Klix sei die Kommune derzeit beim Haushaltsjahr 2016 angelangt.

Mehraufwand führte zu Verzögerungen

Laut Landesregierung hätte vor allem der erhebliche Mehraufwand, der durch das neue Rechnungssystem entstanden war, zu den Missständen geführt. Zudem erfordern die Buchungsvorgaben entsprechend qualifiziertes Personal. Den Kommunen seien aber Hinweise an die Hand gegeben worden, auch Vereinfachungsregeln wurden erarbeitet, hieß es. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Kleinmachnow. In Teltows Nachbarkommune waren von Beginn an regelmäßig und zeitnah Jahresabschlüsse erstellt worden. Zu leichten Verzögerungen kam es erst jetzt, nachdem die Stelle des Rechnungsprüfers neu besetzt werden musste, erklärte Kleinmachnows stellvertretender Bürgermeister Hartmut Piecha. Die entstandenen Rückstände werden aber noch in diesem Jahr aufgeholt.  Nach dem kürzlich von der Landesregierung verabschiedeten Gesetz zur Erleichterung der Aufstellung und Prüfung der kommunalen Jahresabschlüsse ist den Gemeinden und Städten dafür noch zwei Jahre Zeit gegeben, erläutert der stellvertretende Pressesprecher des Brandenburger Innenministeriums, Lothar Wiegand. Im Weiteren verweist er an die Kommunalaufsicht des Landkreises als zuständiges Aufsichtsorgan. Auf PNN-Nachfrage erklärte die Behörde, dass auch sie „die Herstellung gesetzeskonformer Zustände fordere und fördere“ und sich regelmäßig über den aktuellen Stand informieren lasse. Ihre vordergründige Aufgabe sehe sie aber darin, „die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der Gemeinden zu stärken, auch wenn dies manchmal ein langwieriger Prozess sei“, hieß es.

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