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Wieder zur Schule? Ob der Unterricht in Brandenburg wieder beginnen kann, ist noch ungewiss.

© Ottmar Winter PNN

Lockerung der Coronaregeln: Schritt für Schritt zurück zur Normalität

Auch in Brandenburg werden Forderungen nach Lockerung der Corona-Einschränkungen lauter. Aber ist es dafür nicht zu früh? Und kommen dann Maskenpflicht und Handy-App zur Viruseindämmung?

Potsdam - Nach Einschätzung der Polizei, halten sich die Brandenburger weitgehend an die Corona-Einschränkungen. 17 Strafanzeigen hat die Brandenburger Polizei an den Ostertagen wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen aufgenommen. Von Freitag bis Montag gab es etwas mehr als 600 Polizeieinsätze wegen der Corona-Pandemie, bei denen rund 800 Platzverweise ausgesprochen und etwa 150 Ordnungswidrigkeiten aufgenommen wurden. Die Polizei hat offenbar mit Schlimmerem gerechnet, schätzt die Lage insgesamt als friedlich ein. „Die Bürger halten sich sehr gut an die Vorgaben“, sagt ein Sprecher des Landespolizeipräsidiums.

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Auch die Entwicklung der Fallzahlen scheint das zumindest auf den ersten Blick zu bestätigen. In Brandenburg hat sich die Zahl der laborbestätigten Fälle an Covid-19 innerhalb von 24 Stunden um 44 auf 2118 erhöht, wie das Gesundheitsministerium am Dienstagnachmittag mitteilte. Die Steigerungen waren schon einmal dreistellig. Abgesehen von der Landeshauptstadt Potsdam, die mit rund 450 Infizierten der Corona-Hotspot des Landes ist, scheinen die Ansteckungen etwas ausgebremst zu werden. In Cottbus etwa, der zweitgrößten Stadt des Landes, ist die Zahl derjenigen, die sich mit dem neuartigen Virus infiziert haben, seit zwei Tagen unverändert. Das teilte die Stadt in dem sozialen Netzwerk Twitter am Dienstag mit. Insgesamt 39 Menschen seien infiziert, 26 von ihnen gelten als wieder genesen.

"Sind noch nicht über den Berg"

Reicht das schon, um landesweit langsam zur Normalität zurückkehren zu können oder droht bei einer zu frühen Lockerung der derzeit bis 19. April geltenden Maßnahmen – Geschäfts- und Schulschließungen, Verbot von Versammlungen und größeren privaten Treffen – eine neue, heftige Infektionswelle? „Wir sind noch nicht über den Berg“, warnt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Potsdam. „Die Erfolge dürfen uns nicht nachlässig werden lassen“, sagt Woidke vor der Beratung der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am heutigen Mittwoch über einen möglichen, schrittweisen Exit aus dem Shutdown. Vorher kommt das Landtagsplenum zu einer Sondersitzung zusammen, anschließend wird in den Ausschüssen für Inneres, Wirtschaft und Landwirtschaft über die Corona-Lage diskutiert. Auch dabei dürfte es maßgeblich darum gehen, wann und wie das gesellschaftliche Leben in der Mark wieder aufgenommen werden könnte.

Vielleicht könnten kleinere Läden demnächst wieder öffnen, so die Idee mancher Politiker. 
Vielleicht könnten kleinere Läden demnächst wieder öffnen, so die Idee mancher Politiker. 

© Ottmar Winter PNN

Denn im politischen Potsdam werden die Forderungen lauter, einen Plan für den Einstieg in den Ausstieg vorzulegen. Ausnahmslos alle Landtagsfraktionen sprachen sich am Dienstag dafür aus, sachte Lockerungen zu prüfen.

Die Brandenburger hätten sich weitgehend an die Eindämmungsverordnung gehalten, sagt der Fraktionsvorsitzende der SPD, Erik Stohn. Wichtig sei, dass nun kein Bundesland bei möglichen Lockerungen vorpresche, sondern die Länder abgestimmt vorgehen.

Schulen und kleine Geschäfte stehen dabei im Mittelpunkt der Überlegungen. Sie sehe die Gefahr, dass nicht alle Eltern in der Lage sind, ihre Kinder zu Hause zu fördern, sagte Grünen-Fraktionschefin Petra Budke. Deswegen sei es richtig, darüber nachzudenken, wie und wann Kitas und Schulen wieder geöffnet werden können. Der Prozess müsse aber schrittweise gesteuert werden. Für sinnvoll halte sie den Vorschlag, mit den Schülern zu beginnen, die vor einem Abschluss oder dem Übergang in eine andere Schulform stehen. Die zehnten, elften und zwölften sowie die fünften und sechsten Klassen sollten also als erste wieder zum Unterricht gelassen werden. Am 20. April, nach Ende der regulären Osterferien, sollen wie berichtet in Brandenburg die schriftlichen Abiturprüfungen beginnnen – auch wenn die Schulen weiter geschlossen bleiben. Dann gelten bestimmte Hygiene- und Abstandsregeln. 

Kritik an Leopoldina-Vorschlägen

Die nationale Wissenschafts-Akademie Leopoldina hatte am Montag für einen „realistischen“ Zeitplan zurück zur Normalität plädiert. Die Wissenschaftler empfahlen, Schulen „sobald wie möglich“ wieder zu öffnen – angefangen bei Grundschulen sowie Unter- und Mittelstufen.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Sebastian Walter, kritisiert die Stellungnahme der Leopoldina. In dieser werde viel mit Allgemeinplätzen und wohlfeilen Forderungen gearbeitet, so Linke-Fraktionschef Sebastian Walter. Die Landesregierung müsse vielmehr den Dialog mit den Menschen führen, die davon betroffen sind, den Kita-Erzieherinnen und Pflegern im Land beispielsweise. Ein „neuer Plan Brandenburg“ sei nun gefragt, so Walter. Gleichzeitig hält er den Einsatz einer Handy-App, die anzeigt, wo sich Infizierte aufhalten, bei gleichzeitigen Lockerungen für möglich – sofern sie medizinisch sinnvoll sei. So eine App dürfe nicht als Überwachungsinstrument missbraucht werden. Sie halte eine Umkehr des bisherigen Verbotsprinzips für sinnvoll, erklärte die Linken-Landesvorsitzende Katharina Slanina. Solange die Einhaltung von Abstandsregeln möglich sei, brauche es keine Generalverbote, sondern nachvollziehbare Entscheidungskriterien, zum Beispiel was die Öffnung kleinerer Geschäfte angehe.

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg bei einer PK auf dem Potsdamer Weberplatz.
FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg bei einer PK auf dem Potsdamer Weberplatz.

© Marion Kaufmann

Auch die CDU-Fraktion kann sich eine Öffnung kleiner Geschäfte vorstellen, wenn Regeln wie das Tragen von Masken sowie Abstands- und Hygienebestimmungen vorher definiert werden. Ziel der Brandenburger Eindämmungsverordnung sei es gewesen, „italienische Verhältnisse“ zu vermeiden, so CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Das sei „ganz hervorragend gelungen“. Den Unternehmen müsse nun wieder eine Perspektive durch eine schrittweise Öffnung ermöglicht werden. 

Maskenpflicht  im Gegenzug zu Lockerungen?

Die Fraktion BVB/Freie Wähler im Landtag rechnet im Gegenzug mit einer Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz. Nur so sei wohl eine Lockerung der Corona-Regeln denkbar, sagte der Abgeordnete Matthias Stefke. Bei der Bestellung von Masken müsse Brandenburg deshalb schneller sein, so Stefke. Wenn das Tragen von Masken etwa im Supermarkt Pflicht werde, müssten die Brandenburger auch in der Lage sein, sich solche Masken zu beschaffen. Über die Gesundheitsämter und dann die Ärzte sollten diese Masken „möglichst für jeden in der Bevölkerung“ ausgegeben werden.

Die Landesregierung müsse noch in dieser Woche einen Plan zur Beendigung des Shutdowns vorlegen, fordert die AfD-Fraktion, die darüber hinaus die Einsetzung eines Sonderausschusses Corona im Landtag verlangt. Lockerungen könnten durch flächendeckende Corona-Tests abgefedert werden, ist der AfD-Abgeordnete Christoph Berndt überzeugt. „Testen, testen und nochmals testen“ müsse jetzt die Devise sein.

Auch Brandenburgs FDP-Landesvorsitzende und Bundesgeneralsekretärin Linda Teuteberg äußert sich zu der Debatte – bei einem Freiluftstatement auf dem Babelsberger Weberplatz. Es spreche viel dafür, dass mit den Schulen begonnen werde, das sei auch eine Frage der Bildungsgerechtigkeit, so Teuteberg.

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