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Genial. Jens Uwe Behrend gestaltete aus Umrissen das Bühnenbild.

© cs

KulTOUR: Sherlock Holmes bis an die Grenze zur Debilität

Comédie Soleil zeigt auf der Freilichtbühne in Petzow den „Hund von Baskerville“

Werder (Havel) - Wenn es nach Dr. Watson alias Frank Dukowski geht, dann war die Geschichte mit dem Meisterdetektiv Sherlock Holmes in Wahrheit ganz anders, dann hätte der fleißige Arzt und Freizeitdetektiv nämlich die ganze Arbeit am Hals gehabt, während der etwas bekloppte Holmes, ganz seltsam, die Lorbeeren erntete. War es so nicht im Falle des unheimlichen Hundes der Baskervilles, damals, als der Meister den Freund ob einer Erbschaftsangelegenheit ins Moor schickte, um den letzten Spross dieser Sippe, Sir Henry, vor der rotäugigen Bestie zu beschützen?

Sollte sich also Sir Arthur Conan Doyle geirrt haben, als er diese Geschichte Anfang des 20. Jahrhunderts zugunsten von Holmes aufschrieb? Das neue Team der Werderaner Comédie Soleil behauptet das jedenfalls in ihrer gleichnamigen Sommertheater-Produktion. Stück und Inszenierung von Julian Tyrasa feierten auf der Freilichtbühne im Inselparadies Petzow vor einem zahlreich erschienenen Publikum jetzt Premiere. Auch die zweite Vorstellung war sehr gut besucht, was nicht nur an der Petzower Firma gelegen haben kann, welche die Veranstaltung mit Schlehen- und Sanddornwein aus eigener Produktion sponserte.

Wie bei den alten Griechen schaut man auf die Bühne von oben nach unten herab. Das Bühnenbild (Jens Uwe Behrend) mal wieder genial: Seine kunterbunt verwendete Salonzimmer-Kulisse im englischen Stil besteht nur aus den Umrissen dessen, was gezeigt werden soll. Alle Requisiten deutlich aus Holz, Holmes Lupe, Geige und Plattenspieler, auch die Schere, welche die Schneiderstube von Laura Lyons kennzeichnet.

Das fünfköpfige Team spielt, wo es geht, zwischen Grellbucht und Glindower See gut beanzugt, aber nicht unbedingt „englisch“. Nun bürstet Julian Tyrasa Doyles berühmte Hundsgeschichte im Text zwar kräftig gegen den Strich, aber viel Erfahrung beim Inszenieren hat er nicht, am wenigsten wohl im Fach Parodie.

Watson, ein Biedermann der Vernünftigkeit, beklagt zwar beim Publikum die Ungerechtigkeit („So lief das ja immer ab“) bei der Verteilung des Ruhms, ansonsten löst er den Fall seiner eigenen Rollengestaltung ganz ordentlich. Gerhard Gutberlet gibt Baskervilles Nachlassverwalter Mortimer sehr unauffällig, etwas chargiert dann den vermeintlichen Schmetterlingsjäger Stapleton. Hatte der nicht was auf dem Kerbholz? Dann soll er das auch zeigen! Gewohnt gut mit sicherer Figurengestaltung Karoline Hugler als Miss Stapleton und arme Schneidersfrau. Romeo Riemer indes hat als Alleinerbe Henry das Da-Sein dem Rollenspiel vorgezogen.

Bleibt Holmes: Hier irrte Tyrasa, wenn er den Meisterdetektiv (Tuncay Gary) ermittlungstechnisch Fehler auf Fehler machen ließ, hier irrte auch seine Regie, die den armen Kerl bis an die Grenze zur Debilität hin denunzierte. Holmes mit Strohhut spielte Absencen, Schwerhörigkeit, dümmliche Clownerie, Hochmut und Prahlsucht, alles mit Hang zum Slapstick, aber eben nur als Tendenz. Auch fehlte dieser Inszenierung über Strecken die Stringenz beim Erzählen.

Mehr Spannung, mehr Tempo, und ein einheitlicherer Inszenierungsstil würden dem Zweistünder guttun, der Zuschauer will ja einen Krimi erleben, nicht weniger, nicht mehr. Aber so ist es ja mit dem Sommertheater oft: Unter freiem Himmel gelten andere Regeln, und der Zuschauer nimmt hier noch das, was eine Bühne nicht unbedingt bietet. Ein netter Abend in Summa, trotz allem ansehenswert! Gerold Paul

Nächste Vorstellungen 16. bis 18. August, 20 Uhr im Inselparadies Petzow

Gerold Pau

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