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KulTOUR: Schloss Caputh: Eine märkische Amazone

Eine Tour durch das Schloss Caputh zum 380. Geburtstag von Dorothea.

Schwielowsee - Schlösser erzählen viel, aber sie erzählen nicht alles. Da ergeht es ihnen nicht anders als den primären Geschichtsquellen: Je nachdem, welche man wie anzapft, entstehen durch die Zeiten hinweg sehr unterschiedliche Bilder. Das „churfürstliche“ Schloss Caputh kann sein eigenes Lied davon singen, denn es ist ja auf immer mit Dorothea Sophie von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1636-1689) verbunden, der zweiten Gemahlin des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm.

Ihr gehörte nicht nur diese schnuckelige Barock-Immobilie am Templiner See, sie bewohnte auch das Stadtschloss in Potsdam. Das heutige Regierungsviertel in Berlin verdankt ihr seine Existenz, und im Berliner Dom steht ihr Prunksarkophag. Anlässlich ihres 380. Geburtstages am 9. Oktober ehrte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten diese Mitaufbauerin einer vom Dreißigjährigen Krieg total zerstörten und ausgebluteten Landschaft am Sonntag mit einer Führung durch ihr Caputher Reich.

Zum Geburtstag war eine Führung durch das Haus geplant, die Besucher sollten von der langjährigen Kustodin Petra Reichelt, einer Dorothea-Expertin, durch das Haus begleitet werden: Die Kurfürstin Dorothea in ihrem eigenen Besitz am historischen Ort, das edle Interieur, Hunderte Originalgemälde der Zeit, dazu ein sich krass widersprechender Leumund, und eben dieser Geburtstag. Die Nachfrage der Besucher war derart groß, dass man sich zu einer zweiten Führung entschloss.

Dem war auch so, gleichwohl sich diese Führung so sehr auch nicht von den sonst üblichen unterschied. Man durchströmte als staunend-hörende Gruppe die hohen Räume, hörte die Erklärungen der erfahrenen Kustodin, imaginierte die fehlenden Teile aus den alten Inventarlisten, hörte auch von den Taten und Leistungen Dorotheas, und was man ihr irgendwie mit scheinbar übelster Absicht nachsagte: dass sie die Versorgung ihrer Kinder aus erster Ehe dem allgemeinen Staatsinteresse vorgezogen und damit die Einigung der hiesigen Lande eher behindert hätte, Hab- und Prunksucht, die Rolle einer bösen Stiefmutter, sogar Giftmischerei wurde ihr unterstellt. Diesbezüglich schwankt die Geschichtsforschung gewaltig: Manche stellen sie den „bösen“ Renaissance-Fürstinnen Lucrezia Borgia und Katharina von Medici zur Seite, andere sehen sie ob ihrer Verdienste an Volk und Vaterland eher im Bund mit Königin Luise oder Kaiserin Friedrich.

Auch Petra Reichelt erzählte davon, als man Dorotheas repräsentatives Schlafgemach bestaunte, den Festsaal und das Übrige. Zwischen „unserem Friedrich Wilhelm“ und ihr habe Liebe bestanden, nicht politisches oder wirtschaftliches Kalkül, so die Kustodin, und überhaupt, der erst kürzlich erschienenen Biografie von Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode sei nichts mehr hinzuzufügen. Der quellenkundige Historiker hatte der „märkischen Amazone, lange verkannt, aber hoch bedeutend“ historische Größe zuerkannt, oder sie ihr zurückgegeben. Schlösser erzählen eben nicht alles über ihre einstigen Bewohner.

Gerold Paul

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