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KulTOUR: Operette genügte zur Freude

Das Beelitzer Publikum kunkelte und schunkelte

Beelitz - Solange „Freude“ in Beelitz ist, gibt es dort auch Kultur. Ihr in der Spargelstadt einen dauerhaften Boden zu bereiten, ist ja der Motor für das fortgesetzte Engagement des Kulturvereins.

Freude bereitete Bernhard Knuth und seinen Gästen zum Beispiel der so disziplinierte wie umjubelte Auftritt von Johannes Heesters im Tiedemannsaal. Freude auch die Aussicht, das städtische Kulturleben in der alten Schmiede als Sommerbetrieb auszubauen. Die Expedition eines Berliner Ensembles in das schillernde Reich der Operette am vergangenen Sonntag war sicherlich von derselben Art: „Primavera“ versuchte mit seinem opulenten Kostümfundus, heiter-kabarettistischer Conferénce und bekannten Melodien, die Herzen des überwiegend älteren, also besonders kundigen Publikums, zu erfreuen.

Mit dem Genretitel „Operetten Show“ freilich schien jeder gewarnt, eine lullige Eins-zu-Eins-Darbietung im alten Stile war nicht zu erwarten. Die Zeiten sind ja vorbei, wo eine sendungsbewusste Theaterzunft auf Kompromisse gen Parkett verzichtet hätte. Primavera will einfach zeitgemäß unterhalten, nicht mehr und nicht weniger. Drei Damen und zwei Herren standen dafür bereit. Wohlkostümiert, bewältigte die Produzentin und Regisseuse Daniela Müller sämtliche Orchesterparts allein am Flügel, Constanze Morelle und Anna Hofmann gaben die Sopran- oder Soubrettenstimmen in unterschiedlicher Höhe und wenigstens eingangs auch in derselben Qualität, ähnlich gemischt die Herren Patrick Borde und René Müller als Tenöre diversen Volumens und Formung. Wenn das wohl präparierte Publikum dann zwischendurch mitsang, am Schluss sogar mitkunkelte und mitschunkelte, war der Zweck dieses Nachmittags, „Freude“ zu stiften, vermutlich erfüllt. Ende gut, alles gut?

Das sah am Anfang gar nicht so aus. Als man sich mit Johann Strauß Gäste zum Chianti-Wein einlud, die Damen in Kleidern aus Rosa und Lindgrün, schrillten besonders die Jauchzer ein wenig grell, das war nicht überzeugend noch einladend. Millöckers „Tarantella“ und Zellers dolle Geschichte vom Streit zweier Advokaten („Ich bin der Prodekan“) klang da schon besser. Zwischendurch gab es jede Menge Szenen und Sketche, bei denen sich der langhaarige Tenor Patrick Borde recht prätentiös zum Helden seiner eigenen Späße machte – das sollte doch besser beim Publikum bleiben. René Müller hatte nicht viel zu tun, seine Berliner Herkunft in Komik umzusetzen, beim Singen war er nicht ganz so gut, indes sich die Damen stimmlich ganz ordentlich steigerten. Da ließ sich schon mal „Die Unschuld vom Lande“ mimen, oder „Die Christel von der Post“. Dem sachkundigem Publikum gefiel“s, vielleicht hatte es die alten Originale im Ohr. „Show“ ist eben doch etwas anderes als das täuschende Blendwerk der Operette, aber wenn''s gefällt? So ging die Traumreise von Budapescht via Wien bis in die deutsche Hauptstadt, um in dem neuen Song „Mein Berlin“ von Daniela Müller erneut gepriesen zu werden. Viel Beifall zuletzt, die obligatorische Zugabe, Schunkeln und Kunkeln mit leichter Jecken-Tendenz, der Auszug war nicht zwingend brillant, aber immerhin – Freude war da.

Sehr zu empfehlen ist die eindrucksvolle Ausstellung geistig behinderter Bewohner des Michendorfer Hauses „Sankt Norbert“ im Foyer, zu loben vor allem des Kulturvereins Wille, unbedingt weiterzumachen. Nicht immer mehr auf dem Niveau der Komischen Oper, aber trotzdem mit Anspruch, damit die Freude in Beelitz bleibe, mithin auch Kultur.

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