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KulTOUR in Kleinmachnow: Das Kreuz in den Dünen

Klaus D. Plewe stellt am Rathausmarkt aus

Kleinmachnow - Des Menschen Neugier ist oft eine gute Kraft. Sie ist nicht still, bevor sie findet, was sie sucht. Wie einer Uhren Unruh treibt sie ihn an, jagt ihn in die Welt hinaus: Such! Du wirst schon finden. Und hält ihn mit magnetischer Kraft an einem Orte fest, bindet ihn, beschäftigt ihn noch dann, wenn er längst woanders ist. Als ob da draußen etwas fortgesetzt, vielleicht gar vollendet werden soll. Der gebürtige Königsberger Klaus D. Plewe ist viele solcher Wege gegangen, beruflich wie privat, und jenes ruhlose Ding in ihm stand im immer zur Seite.

1944 Vertreibung als dem geliebten Ostpreußen, dann Fluchtpunkt Wismar. Er studierte Kulturwissenschaften, Bauingenieurwesen und Architektur. Seit 1960 Kleinmachnow, Arbeit an der Wasserbauschule, Fachbuchautor, zudem ein Mal- und Zeichentalent seit seinem zwölften Lebensjahr. Manches von dem, was ihn auf seiner Lebensreise festhielt, ist jetzt im Rathaus Kleinmachnow zu sehen. Er hat diese eindrucksvolle Bilderschau, Aquarell, Ölpastell, Mischtechnik, mit klarem Personalbezug „Meine besonderen Orte“ genannt, und diese fand er an etlichen Plätzen der Welt: Rügen, Sizilien, Jerusalem, Königsberg samt Haff und Dünung ganz im Besonderen.

Landschaft und Architektur sind seine bevorzugten Themen, aber er schafft seine Werke nicht mit dem Auge eines geometrieverliebten Baumeisters, bei dem jede Linie exakt und gerade sein muss. Er geht mehr künstlerisch heran, das heißt, er malt gleichsam lebendige Bilder, Bilder mit und im Leben. „Die Natur abzumalen, ist sowieso völlig unmöglich“, sagte er bei der bestens besuchten Vernissage am Freitag. Keine Postkartenmalerei also, er korrigiert seine Motive nach eigenem Gusto. Malen sei für ihn zuerst mal eine Angewohnheit, „wie den Geschirrspüler ausräumen“. Eher Stress, die Freude komme erst später. Und er wundert sich, warum denn keiner über seine Bilder mal „meckert“, er wisse doch selbst, dass manche nun wirklich nicht erstklassig sind.

Warum? Vielleicht weil sie so tolle Geschichten erzählen, weil sie, frei von Capricen, zu oft durch ihre Wahrhaftigkeit überzeugen. Da ist etwa das uralte Grab in der kurischen Dünung. Wie ein Fanal legte ein Sturm es genau zu der Zeit frei, als die große Vertreibung begann, 1944. Auch Wismars Kirchenruine erzählt ihre Geschichte, das zerstörte Stadtschloss zu Dresden und der mächtige Dohnaturm in Königsberg eine andere. Nichts Touristisches jedenfalls, selbst wenn die Straßenläufe von Malta den „echten“ verblüffend ähneln. Ein Schritt von der Wirklichkeit weg ist ein Schritt auf die Wirklichkeit zu. Deshalb sind die verwittert-antiken Säulen des Südens noch immer voller Leben, Eldenas Klosterruine scheint der Schwerkraft entgegen zu wirken, Wind bläst in die bunten Segel der Kurenkähne. Und über fast allem liegt so ein seltsamer Unschärfehauch.

Genau dies macht den Reiz dieser Bilder im öffentlichen Raum des Rathausfoyers aus. Esthers Grab im Iran, Teneriffas Wildküste, das achteckige Castel des Monte in Apulien – Orte, wo er „immer schon mal hin“ wollte. Als Mensch und Künstler, als Touri weniger. Und doch: Pompeij, der Darß, Ägypten – wie weit muss man gehen in seiner Zeit, bis man an seine eigene Orten kommt? Man sucht, was man findet, und läuft sich dabei doch immer nur selber nach. Unruh machts möglich, das gute Geschöpf. 

Bis zum 20. November Mo., Mi-Fr. von 8 bis 18 Uhr, Di. von 8 - 20 Uhr, jeden ersten Sa. 10 - 13 Uhr

Gerold Paul

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