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„Tunisreise“: Eines der Exponate in der Schinkelkirche.

© Veranstalter

KulTOUR: Da wo das Blau beginnt

Siegrid Müller-Holtz und Heike Cybulski präsentieren ihre Werke in Petzow

Werder (Havel) - Von der Kulturmetropole London aus gesehen ist Caputh kaum wahrnehmbar, von Borkwalde her aber wirkt es wie eine Künstler-Oase. Man kann darin wachsen und reifen, aber auch dürre werden, wenn die vielzitierte Lokalität zum Dorf mutiert und der Blick in die Welt dabei verlorengeht. Die als „Heiter bis wolkig“ betitelte Gemeinschaftsausstellung von Siegrid Müller-Holtz und Heike Cybulski in der Petzower Kirche atmet ein wenig von diesem Geist, welcher „Welt“ so gerne sein will, und der sein Werk doch „tief in der Provinz“ vollbringen muss.

Das macht er gar nicht so schlecht. Die Arbeiten der Künstlerinnen harmonieren in der stark frequentierten Wochenend-Hochzeitskirche ganz augenscheinlich. Rechterhand die weltläufigen „Collagen und Materialbilder“ von Siegrid Müller-Holtz, welche nun mit großer Kraft „nach draußen“ drängen. Im Herbst sehen sie Shanghai, später Korea. Links zeigt die gebürtige Jenenserin Heike Cybulski ihre Arbeiten. Sie wohnt seit 2003 in Borkwalde, wo seit vier Jahren auch Skulpturen aus Eisen und Stahl entstehen. Was sie in Petzow an Bildern zeigt, sei „ein Querschnitt“ ihrer Themen, sagt sie. Zum Beispiel jene wunderbare Vierergruppe „Im Wald“, die wie eine Vergrößerung dicht an dicht stehender Baumstämme wirkt. Sensuell ist das sehr fein empfunden, maltechnisch mit beginnender Meisterschaft gemacht. Man sieht, wie gekonnt die Autodidaktin mit Flächen und Farben umzugehen versteht. Das Herangehen an Stoffe oder Sujets ist bei ihr ein behutsames und intuitives Suchen, während die bildhauerischen Arbeiten mehr vom „Finden“ des Materials abhängig sind. Meist mit Mischfarben arbeitend trägt sie diese Schicht um Schicht in verschiedenen Techniken auf, bis fast empfindsam wirkende Bilder wie „Mittendrin“ und „Wo das Blau beginnt“ entstehen. „Seelenlandschaften“ meinen die einen, „Abstraktionen mit expressionistischem Anhauch“ die anderen. Man kann sie aber auch einfach nur „finden“.

Die Ästhetik der Caputherin Siegrid Müller-Holtz hat sich seit zehn Jahren wesentlich verändert. Frönte sie damals mehr einer realistisch orientierten Mal-Art, so versucht sie seitdem, ihre Lebens- und Reise-Eindrücke behufs der Collage-Technik festzuhalten. Das „rein Farbliche“ wird also partiell von Metall oder Stoff, von Wellpappe, Schiefer und anderen Fundstücken ersetzt. Man tut gut daran, diese Arbeiten „von außen nach innen“ zu lesen, den Strukturen in Höhe und Tiefe zu folgen, dann sprechen sie auch. Blicken magische Augen sie an, so wirken sie wie Totalen mit plastischem Format. Wer freilich collagiert, der wagt das Experiment: Was wird hier gesucht, was gefunden? Diese Künstlerin ringt auf ihre Art um die Synthese des schier Unmöglichen. Sie spürt sehr wohl, dass manche Materialien partout ins Bild passen wollen. Mit einem fröhlichem „Trotzdem“ sucht sie den Weg, schafft ihnen den Ausgleich, die harmonisierende Antwort zu den bildhaft aufgebauten Spannungen. Das kann jetzt eine „Landschaft unter chinesischem Mond“ sein, eine orientalische Stadt-Impression mit Flittermetall oder ein Bild, welches sich auf das WTC-Drama 2001 bezieht. Hier sind die vertikalen und realen Brüche im Sujet am deutlichsten erkennbar. Das neueste Bild beschreibt dergestalt die Sehnsucht des Städters nach dem ländlichen Grün. Das Menschlich-Figürliche macht sich dabei zwar wieder mal rar, dafür weiß auch sie, wo jenes Blau beginnt.

Alles im Leben ist „Heiter bis wolkig“. Da ist es nun wirklich egal, wo besagter Geist seine Dienst- und Pflichtjahre tut. In London wäre diese Ausstellung mit Sicherheit ein Erfolg. In Petzow ja auch, nur ist der Rahmen hier kleiner.

Die Ausstellung in der Schinkelkirche Petzow ist bis zum 7. August samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Gerold Paul

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