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Krimi über Blütenfest in Werder: Beim Blütenfest die Frau verloren

Der Autor Tim Pieper hat Werder (Havel) zum Schauplatz eines Krimis gemacht. Dazu hat er bei Obstbauern, Fischern und der Feuerwehr recherchiert.

Werder (Havel) - Autor Tim Pieper kann bestätigen, dass der süße Obstwein aus Werder ein ziemlicher Bretterknaller sein kann. Im vergangenen Jahr war er gemeinsam mit seiner Frau beim Werderaner Blütenfest auf einem Obsthof. Er trank Sauerkirschwein. Eigentlich wollte er nur einen Schluck kosten und die Flasche anschließend mit nach Hause nehmen. Doch der Wein habe einfach lecker geschmeckt und den Rückweg habe er schließlich bei einem Nickerchen auf dem Beifahrersitz verbracht.

Piepers Protagonist Toni Sanftleben in seinem neuen Kriminalroman „Dunkle Havel“ macht seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Baumblütenfest und dem Alkohol. Während er auf dem Baumblütenfest 1998 ein wenig über den Durst trinkt, verschwindet seine Frau Sophie spurlos. Pieper reißt seinen jungen Helden, der gerade noch zuversichtlich in die Zukunft blickte und glaubte, sein Schicksal selbst in der Hand zu halten, aus der Leichtigkeit des Seins heraus und zwingt ihm eine Lebensrichtung auf, die Sanftleben normalerweise wohl nicht eingeschlagen hätte.

Leser werden viele Ecken wiedererkennen

16 Jahre quält er sich mit Trauer, Ungewissheit, aber auch Hoffnung, dass seine Frau noch am Leben ist. Die Jahre gehen ins Land, geprägt von der Suche nach seiner verschwundenen Frau. Nur der gemeinsame Sohn hält ihn davon ab durchzudrehen. Eher zufällig wird Sanftleben Hauptkommissar bei der Potsdamer Kriminalpolizei. Er lebt einsam, aber doch romantisch auf einem Hausboot in der Neustädter Havelbucht.

Leser aus Potsdam und dem Umland werden viele Ecken in Piepers Roman wiedererkennen. Pieper zufolge werde der Leser zugleich neue Entdeckungen machen können. In der Handlung habe er ganz gezielt regionale Themen wie das Baumblütenfest aufgegriffen. „Außerdem spielen die Kapitel an ausgewählten Plätzen wie auf einer Obstplantage, einem Fischerhof, dem Wachtelberg, dem Golmer Luch und der Insel Töplitz“, sagt Pieper. Er wolle damit ein buntes Panorama von Land und Leuten bieten. „Leser von auswärts dürfen ruhig erfahren, was das Havelland an Vielfalt und Schönheit zu bieten hat“, sagt Pieper den PNN.

Obwohl der Autor 1970 im niedersächsischen Stade geboren wurde und in einem Dorf in der Nähe der Elbmündung aufgewachsen ist, konnte er sich gut in die Mentalität der Menschen in Potsdam und dem Umland hineinversetzen. „Die Menschen an der Küste sind vielleicht etwas wortkarger, aber genauso direkt.“ Gemeinsam mit seiner Familie lebe er in Kladow und sei schneller in der Potsdamer Innenstadt, als am Ku’damm in Berlin, so Pieper. Seine Frau hat in Potsdam studiert und geheiratet haben sie in Caputh. Potsdam und das Umland bieten dem geschichtsinteressierten Autor ein „unendliches Reservoir an Entdeckungsmöglichkeiten“. Er fahre gerne mit dem Rad über die Brandenburger Dörfer und erkunde Stätten mit historischer oder kultureller Bedeutung.

Mit Kultur hat Hauptkommissar Toni Sanftleben weniger am Hut. Piepers Protagonist ist getrieben von der Suche nach seiner verschwundenen Frau. Auseinandersetzungen mit seinem Sohn sind keine Seltenheit. Seinen Job geht er nur lustlos nach und bereits der Morgenkaffee enthält mehr Promille als Koffein. Eigentlich will er Urlaub machen, den ersten seit 16 Jahren. Doch ein Mord in der Potsdamer Innenstadt weckt plötzlich sein Interesse, denn in der Tasche des Toten wird das Foto seiner verschwundenen Frau gefunden.

Autor schlüpfte in Rolle seines Helden

Pieper setzt seinen Helden in einer verstrickten Geschichte unter Druck und lässt ihn einen inneren Kampf mit den Gedanken an seine verschwundene Frau ausfechten, der die gesamte Geschichte überdauert. „Er ist ein Kämpfer, er ist zäh und treu und wird von einer tiefen Sehnsucht getrieben“, sagt Pieper. Um die Geschichte so realistisch wie möglich erzählen zu können, ist Pieper selbst in die Rolle seines Helden geschlüpft. Nachdem er die Charaktere festgelegt und die Handlung entworfen hatte, habe er die Handlungsschauplätze besucht, um sie sinnlich zu erfahren.

In einer Szene sitzt Toni Sanftleben frühmorgens an Deck seines Hausbootes und denkt über seine verschwundene Frau nach. „Also war ich selbst um 6 Uhr morgens an der Neustädter Havelbucht und habe beobachtet, wie das erste Licht des Tages von dem goldenen Minarett des Dampfmaschinenhauses reflektiert wurde.“

Recherche bei der Feuerwehr

Bei den Recherchen zum Buch hat Pieper Obstbauern, Fischer und Vogelkundler gesprochen. Zudem habe er die Freiwillige Feuerwehr in Werder besucht, um zu erfahren, wie sie bei einem Badeunfall oder Suizid reagierten, so Pieper. „Drei sehr hilfreiche und freundliche Feuerwehrmänner haben sich nach einem anstrengenden Nachteinsatz viel Zeit genommen, um alle meine Fragen ausführlich zu beantworten“, sagt Pieper. Als Dank hat er sie am Ende des Buches namentlich erwähnt.

Tim Pieper studierte nach einer Weltreise Neuere und Ältere deutsche Literatur und Recht. Er hat mit „Dunkle Havel“ seinen ersten Gegenwartsroman geschrieben. Nach drei historischen Kriminalromanen habe er einfach Abwechslung gebraucht. Für ihn bedeutete das weniger Besuche von Bibliotheken und Archiven, dafür umso mehr Kontakt mit den Menschen vor Ort.

Damit ist ihm ein Kriminalroman gelungen, der mehr ist als der typische Krimi. Für Leser aus Potsdam und dem Umland bietet der Roman durch seine realistische Abbildung von Land und Leuten einen Leckerbissen.

Björn Stelley

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